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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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traute sich nicht mehr, seine Hand gegen ihn zu erheben, hatte dieser kleine Bengel ihn doch einst so hart verprügelt und ihm dabei solche Wunden beigebracht, wie noch nie bis dahin und bis zu diesem Tag in seinem ganzen Leben. Mutter Samona beschimpfte ihn einige Male, besonders mochte sie seine Einstellung zu Frauen nicht, jedoch tat sie es nicht soweit, ihn zu sehr zu reizen.
    Barsaumo war wahrlich ein Mann von Welt. Hätte er in Konstantinopel oder in einer großen Stadt in Europa wie Berlin oder Paris gelebt, er hätte jeden Tag nichts Anderes getan, als nur Saufen und Herumhuren.
    Oft ritt er an zwei Tagen die Woche, meistens am Mittwoch und am Donnerstag, zum Dorf Charabale. Das Dorf Charabale war großflächiger als Badibe und es lebten viel mehr Menschen darin. Und viel mehr junge Menschen. Dort soll Barsaumo zahlreiche aramäische Schönheiten verführt haben, wie man munkelte. Einige sollten sogar schwanger von ihm geworden sein.
    Er hatte nicht vor, den Rest seines Lebens in dieser Einöde von Tur Abdin zu leben. Er wollte in die Welt hinaus.
    Nichts mehr in seinem Leben konnte ihn noch befriedigen. Was denn noch? Frauen hatte er schon genug gehabt. Er rühmte sich sogar damit, auch verheiratete Frauen verführt zu haben. Jedoch habe er diese nie angerührt, wie er vor seinen besten Freunden beteuerte.

 
    Nein, das konnte nicht schon alles in seinem Leben gewesen sein. Er würde bald dreißig Jahre alt werden und wäre damit nicht mehr der Jüngste. Wie alt würde er denn überhaupt werden? Diese Gedanken bereiteten Barsaumo starke Kopfschmerzen an diesem herrlichen sonnigen Tag im Frühling. Herzlich lachte er den ganzen Tag lang. Doch heute konnte er nicht lachen.
    Er schlenderte nachdenklich auf dem Gehweg des Dorfes gen Süden. Es war so ungewöhnlich ruhig, wie ihm auffiel. Irgendetwas müsse anscheinend wieder vorgefallen sein, dachte er. Ihn jedoch interessierten solche Angelegenheiten der Dorfgemeinschaft nicht. Er zählte sich nicht zu Badibe.
    Es war nur ein kurzer flüchtiger Blick, nur ein kurzer Moment während seiner Ekstase.
    Wen sah er denn da?
    Er sah ein junges zartes Geschöpf, voller Anmut. Er sah sie von ihrer rechten Seite aus. Sie wandte ihren Kopf zur Seite. Welch ein Prachtweib, dachte sich Barsaumo. Ja, gewiss, er hatte schon genug Frauen gehabt, aber warum denn nicht auch diese bezaubernde Schönheit verführen? Warum denn sie einem anderen Lustmolch überlassen?
    Genau jetzt war der Moment, um sie anzusprechen, stand sie doch dort ganz allein. Er schritt voran, auf sie zu, verstellte sich, als sei er nur flüchtig in der Gegend. Doch als er gerade direkt neben ihr stand, wandte sich das perfekte Geschöpf nach vorne. Ein dunkler Mann kam die Anhöhe herunter. Die junge Frau schritt behutsam zu ihm. Irgendwoher kannte er diesen Mann. Oh ja, er kannte ihn. Das war doch der Wesir. Der Wesir also hatte solch eine Schönheit zur Frau. Oder gehörte sie etwa zu seinem Harem? Barsaumo war das gleichgültig. Nun wurde er nur noch begieriger auf diese Frau. Im Grunde genommen war dieser Kurde eben das, was er war, nämlich der Erzfeind seines Volkes. Nichts würde die Ehre dieses verdammten Moslems mehr beschmutzen als die Untreue seiner Frau, was der heißblütige junge Aramäer dachte.
    Er schlich sich davon, wieder zurück ins Dorf, in die Richtung, aus der er gekommen war. Er beobachtete das hübsche Ehepaar. Innerlich lachte er. Welch einen Spaß würde er doch bald haben. Er hatte nun eine neue Herausforderung in seinem Leben. Etwas, was seinem Leben einen neuen Sinn gab.
     
     
     
     

 
    Farida
     
     
    „Nun denn, es ist also beschlossene Sache“, sagte der Wesir zufrieden. Abuna Isa und der Dorfälteste guckten resigniert. Ihnen blieb keine andere Wahl, die Bedingungen des Wesirs anzunehmen. Raffiniert hatte Muhammad dies eingefädelt. Er marschierte gemütlich zum Tor, wo der Abt es ihm sofort öffnete. Er verschwand hinter dem Tor.
    Gleich als das Tor verschlossen war, sprachen die Männer wild durcheinander.
    „Agha Tschalabi ist unser einziger Förderer. Wir können unsere Beziehungen zu ihm nicht beenden!“, schrie der Dorfälteste Aljas in Richtung des Abunas Isa mit quirliger Stimme.
    „ Wir haben keine andere Wahl! Wir müssen jetzt mit Bedacht vorgehen. Wir müssen abwägen. Wer könnte uns von größtem Nutzen sein. Diesem werden wir loyal sein“, entgegnete Abuna Isa dem Dorfältesten und schaute dabei die verzweifelten und müden Gesichter der Männer

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