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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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ein lautes Schreien unterdrücken. „Wann? Wann werden sie kommen?“
    „Vielleicht schon morgen oder erst übermorgen. Oder erst in der nächsten Woche. Nur der Herr weiß es genau.“
    „ Dann müssen wir jetzt alles für die Verteidigung unseres Dorfes vorbereiten.“
    Er hatte die Förmlichkeiten vergessen und eilte an dem versteinerten Priester vorbei in Richtung des Dorfes.
     
    Generalmajor Heinz Rüdiger Sturm paffte an diesem heißen Nachmittag an seiner Pfeife. Am frühen Nachmittag, kurz nach der Mittagsstunde, gönnte er sich diesen Genuss. Um diese Uhrzeit hatte er bereits fünf Arbeitsstunden hinter sich. Er stand um fünf Uhr morgens auf.
    Er saß da an seinem Schreibtisch, gefertigt und fein herausgearbeitet aus Pinienholz. Ein Geschenk des Ali Pascha.
    Jetzt, allein, nur mit seiner Rauch-Freundin, dachte er über alles Geschehene nach. Gerade in diesem Moment dachte er an die aramäische Prostituierte aus dem Hause des Ali Pascha. Hatte er sich womöglich in sie verliebt? Er strengte sich an, sich an ihren Namen zu erinnern. Dann fiel er ihm doch noch ein. Fatima hieß sie.
    Der ganze Raum erstickte in den Rauchschwaden der Pfeife. Für Heinz war es jedoch wie ein Paradies, als sei er in einem römischen Badehaus. „Gewiss, Menschen ändern sich“, meinte er und sprach vor sich hin. Irgendetwas hatte sich in ihm abgespielt. Er vollzog quasi einen Charakterwandel. Hatte er doch zuvor ganz strikt an die preußischen Tugenden festgehalten, so waren sie ihm von nun an gleichgültig. Er merkte, er war nun ein purer Egoist geworden. Oder war er das nicht schon immer gewesen?
    Er dachte über seine Zukunft nach. Wohin wollte er gehen?
    Plötzlich zitterte er am ganzen Körper. Es war jedoch kein epileptischer Anfall, auch kein Schüttelfrost. Nein.
    Er hatte Angst.
    Doch wovor?
    Er musste etwas an seinem Leben ändern. Er musste etwas an seiner Einstellung zum Leben ändern. Von nun an gelobte er sich selbst, nur noch nach seinem eigenen Vorteil zu handeln. Er strebte nach Höherem. Ein Fürst wollte er werden. Ein Pascha wollte er werden. Ein König wollte er werden. Unermesslich reich wollte er werden. Allmächtig wollte er werden. Der Herr über Leben und Tod wollte er werden. Gebieter aller Menschen wollte er werden. Eigentümer aller begehrenswerter Frauen wollte er werden.
    Doch dann seufzte er. Nüchternheit machte sich bei ihm breit. Wovon träumte er denn da? Er war größenwahnsinnig geworden. Nicht einmal der geniale Alexander der Große hatte all diese Ziele erreicht. Und wer war er denn schon? Er war ein alter preußischer Offizier im Dienste der Hohen Pforte. Mehr nicht.
    Da riss ihn nun ein Klopfen seines Adjutanten an der Tür aus seinen Träumen heraus. Er blieb in seiner gemütlichen Sitzhaltung und paffte den Qualm aus seinen Nasenlöchern heraus. „Komm herein!“
    Johann Lieb war Nichtraucher, mehr noch, er trat aktiv gegen das Rauchen ein. Vor dem Generalmajor verschwieg er dies.
    Er blieb mitten im Raum stehen, stand stramm und salutierte vor Sturm. Er riss sich zusammen, um den Gestank zu ertragen.
    Sturm machte eine höfliche Bewegung mit seiner rechten Hand, als würde er einen hohen Gast willkommenheißen. „Steh bequem, Johann!“
    Der junge Blonde stand nun in gelassener aufrechter Haltung. „Herr Generalmajor, es ist ein Brief vom Ali Pascha eingetroffen. Es steht ,Strengstens geheim' auf dem Kuvert.“
    „Gib her!“
    Langsam schlich sich Johann durch den Nebel und überreichte seinem Chef den Brief. Ungeduldig riss Heinz Sturm den Kuvert auf und las den Brief. In seinem Gesicht regten sich nur seine Augen. Dann legte er seine Pfeife auf den Tisch und stand auf. „Sie tun es also wirklich. Das sind wahre Männer, Johann! Hörst du!“
    Johann nickte zustimmend, verstand jedoch nicht, was der Generalmajor meinte. Der Preuße lachte, verstummte aber sogleich wieder. Er schaute ernst aus dem Fenster hinaus. Draußen war es totenstill. Nur der Sand der weiten Wüste war zu sehen. Dort draußen befand sich der Sensenmann. Er war in dieses Land gekommen. Und Generalmajor Heinz Rüdiger Sturm, preußischer Offizier aus Berlin, sollte sein Adjutant bei der Ausführung seines Planes sein.
    „ Der Ali Pascha führt eine Armee aus Syrien heraus in den Norden. Sie werden bald hier eintreffen. Ihr wurde nur ein einziger Befehl erteilt, die Vernichtung aller Christen des Reiches. Wir sollen nach Mardin aufbrechen, wo uns Mustafa Ali Bey erwartet. Mach alles fertig! Wir brechen in

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