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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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zwei Stunden auf!“
    Nachdem Johann sich entfernte, ließ sich Sturm langsam wieder zurück in seinen Stuhl fallen. Der samtene Polster unter seinem Gesäß fühlte sich nun wie eine ihn bis zum Himmel tragende Feder an. Dann hielt er wieder inne. Sollte er wirklich den Türken bei der Ausführung ihres Planes helfen? Inwiefern würde er selbst davon profitieren? Die Türken würden ihm einen großen Teil der Beute geben, das war sicher. War dies jedoch ein gerechter Preis für das hohe Opfer, welches sie von ihm verlangten? Er würde seine Ehre beflecken und womöglich seine Seele für immer verdammen. Diese Menschen da waren nämlich keine schwarzen wilden Heiden. Sie waren Christen wie er. Er glaubte nicht an Gott. Aber was wäre, wenn es diesen Gott tatsächlich gäbe?
    Dann dachte er wieder an Fatima. Wie vielen anderen christlichen Frauen würde nun dasselbe Schicksal ereilen?
    Er redete sich ein, er hätte keine andere Wahl, er müsse diese Befehle ausführen. Und er würde alles im Rahmen seiner Verfügungsgewalt unternehmen, um den einen oder anderen Menschen vor dem Tod oder der Sklaverei zu retten.
    Sein Körper zitterte wieder. Warum das wieder? Gab es also diesen Christengott doch und wollte er ihn damit ermahnen?
     
    Die süße Soraja tat ihm leid. Doch was hätte er ihr sagen sollen? Wenn er genauer darüber nachdachte, so wusste er eigentlich gar nicht, was er tun sollte. Liebte er Meridschan wirklich von ganzem Herzen? Was fühlte er für Soraja? Wen sollte er um Rat fragen? Abuna Isa oder einen seiner Freunde? Nein, das kam nicht infrage.
    So beschloss er, mit ihr allein zu reden. Er konnte sie überreden, zu ihm in seine Höhle zu kommen. Widerwillig stand sie dort vor ihm. Er saß auf dem Boden und bat sie mehrmals, sich hinzusetzen, doch sie weigerte sich. Ihm war nicht wirklich bewusst, wie sehr er die junge Roma verletzt hatte. Ihren wahren Kummer zeigte sie nicht offen.
    „Ich kannte sie schon vor dir.“
    Soraja wusste nicht, warum sie sich das überhaupt noch antat. Am liebsten wollte sie wegrennen, doch eine innere Stimme hielt sie zurück. Und ein seltsames Gefühl. Ein Gefühl, welches ihr sagte, sie solle auf diesen kleinen Mann hören, denn er sei nicht hinterhältig.
    Sie schaute zur Seite und verschränkte ihren Kopf, so als sei sie kokett. Matthias musste fast schon lachen, konnte sich aber dann doch noch zusammenreißen. Sie sah so schön aus im Zwielicht der Höhle. Ihr langes Haar flatterte in der Luft. Er mochte diese ihre Stille nicht. Wenn er mit einer Frau sprach, wollte er, dass sie ihm sofort antwortete. Geheimnisse mochte er ganz und gar nicht. Ihm fiel ein, er selbst war doch der Mensch mit den Geheimnissen.
    Er erhob sich und trat vorsichtig an sie heran. Sie rührte sich nicht. Er streckte seine rechte Hand aus und berührte ihren linken Arm an ihrem Ellbogen. Ihre Haut fühlte sich weich wie die Seife an, mit der die hiesigen Menschen sich tagtäglich die Haare wuschen.
    Er umklammerte ihren Arm, sie jedoch schlug seine Hand weg und trat einen Schritt zurück.
    „ Ich bitte dich, sei nicht so zu mir.“
    Sie schnaufte. Danach setzte sie sich überraschenderweise auf den Boden. Sie resignierte. Oder war es einfach nur, da sie keine anderen Freunde in dieser Gegend hatte? Dem Aramäer war es ganz gleich, er freute sich über Sorajas eingetretene Gelassenheit.
    „Liebst du sie?“
    „ Ich mag sie.“
    Sie schaute deprimiert vor sich hin. Nun hatte er einen neuen Gedanken. Zum ersten Mal war eine Frau seinetwegen eifersüchtig. Das war bisher noch nie der Fall gewesen. Daher fühlte er sich in diesem Moment wohl. Ja, er war glücklich. So glücklich wie ein Schürzenjäger in seinen Hochzeiten.
    Er dachte zu sehr nur an sich selbst. Doch fiel ihm das nicht so sehr auf. Er war kleinwüchsig und fühlte sich seit jeher unterlegen in Konkurrenz zu den anderen Männern seines Alters. Nun erkannte er, dem war ganz und gar nicht so. Frauen würden sich sehr wohl in ihn verlieben und um ihn kämpfen. Er hatte nun den Beweis hierfür.
    „ Sie ist Muslimin, genau so wie ich. Du hast doch gesagt, es sei zu kompliziert mit einer Muslimin.“
    „ Ja, das ist es leider.“
    „ Kennst du sie überhaupt? Vielleicht meint sie es nicht ernst mit dir! Es ist doch auch für sie gefährlich!“
    Er dachte gut über Sorajas Worte nach. Was, wenn sie recht hatte? In der Tat kannte er Meridschan kaum. Er erinnerte sich, wie ihr Bruder damals reagierte, als er sie mit ihm zusammen sah,

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