Liebe, unendlich wie das Meer
O’Banyon ein unersättlicher Liebhaber war? Besser, er machte sich aus dem Staub, bevor Cass ihm noch weitere Details anvertraute.
„Möchtest du ein Glas Wein?“, fragte sie.
Nein, er wollte nur weg von hier. Dann musste er Cass wenigstens nicht mehr anschauen. Sie sah heute so sexy aus mit den hautengen Leggins und dem weiten Pulli. Ihre Haare wirkten lockiger als sonst, als hätte sie sie luftgetrocknet. Wie gern hätte er die Hände in der roten Pracht vergraben, während sie sich küssten, bis ihnen beiden die Luft wegblieb!
„Alex?“
„Ja?“
„Wein?“
„Gern.“
Als die Mikrowelle piepte, griff Cassandra nach zwei Topflappen und stellte die dampfende Auflaufform auf den Tisch. Alex sah unterdessen nach seiner Wäsche und steckte sie in den Trockner. Als er an den Tisch zurückkam, goss Cass gerade den Wein ein. Sie sah müde aus.
„Wann hast du eigentlich heute Morgen angefangen?“, fragte er, nachdem sie sich beide die Teller gefüllt hatten.
„Weiß ich nicht mehr.“
„Ich bin ziemlich früh aufgestanden, aber da warst du schon da.“
„Keine Sorge, ihr bezahlt mich ja nicht stundenweise.“
Alex ließ sich den leckeren Auflauf schmecken und war schon bei der zweiten Portion, als ihm auffiel, dass Cassandra kaum zwei Bissen gegessen hatte.
„Was ist denn los, schmeckt’s dir nicht?“
„Nein, alles okay.“
„Wieso isst du dann nichts?“
Sie schüttelte nur den Kopf und stocherte in ihrem Salat herum, doch schließlich sagte sie: „Ich überlege, ob ich Reeses Penthouse verkaufe.“
„Eure Wohnung am Central Park?“
Als sie nickte, wunderte er sich über ihre Ausdrucksweise. Schließlich war das Penthouse auch ihr Zuhause.
„Und wo willst du dann wohnen?“
„Ich hätte gerne was Kleineres. Es geht mir nicht ums Geld, ich dachte nur …“ Sie trank einen Schluck Wein und schob ihren Teller zurück. „Bist du manchmal einsam?“
Alex zuckte zusammen. „Du solltest mehr essen“, bemerkte er zusammenhangslos.
Wieder hob sie ihr Glas. „Ja, ich weiß, ziemlich dumme Frage, was? Du bist kein Typ, der andere Menschen um sich braucht.“
„Du hast heute hart gearbeitet, du musst mehr essen.“
So kann man sich auch unterhalten, dachte er. Jeder sein eigenes Gespräch.
Aus dem oberen Stock war ein Geräusch zu hören.
„Entschuldige, ich sollte besser mal nach ihm sehen.“ Als Cass aufstand und zur Hintertreppe ging, wunderte Alex sich, dass sie und O’Banyon nicht eins der Gästezimmer im vorderen Teil des Hauses bezogen hatten.
„Ach, da bist du ja“, sagte sie und lehnte sich ans Geländer. „Ist alles klar bei dir, Ernest?“
Ernest?
Cass klopfte auf ihren Schenkel. „Musst du mal raus?“
Kurz darauf kam ein sehr verschlafener Hund in die Küche. Er wedelte kurz, als er Alex sah, stürzte aber sofort zur Hintertür, die Cass für ihn aufhielt.
„Cassandra?“
„Ja?“
„Wer ist außer uns im Moment noch im Haus?“
„Niemand, wieso? Libby musste zu ihrem Bruder.“
Alex lehnte sich im Stuhl zurück. Was für ein eifersüchtiger Idiot er doch war!
Als sie ihn fragend ansah, atmete er tief durch. „Also gut, wenn du was isst, versuche ich zu reden.“
Ihre schimmernden grünen Augen weiteten sich. „Also, bist du manchmal einsam?“
„Hier, nimm deine Gabel in die Hand.“
Als sie zu essen begann, räusperte er sich. „Nein, ich bin nicht einsam. Ich komme mit Menschen nicht besonders gut aus.“
Sie schien über seine Offenheit ebenso überrascht zu sein wie er selbst.
„Du kommst nicht gut mit ihnen aus?“, wiederholte sie leise.
„Nein, noch nie. Na ja, in einer Segelcrew, wo jeder seine Aufgabe hat, fühle ich mich wohl, aber ansonsten machen Menschen mich … nervös.“
Als sie ihn ungläubig anstarrte, fragte er unwirsch: „Was?“
„Tut mir leid. Es ist nur schwer, sich vorzustellen, dass du vor etwas Angst hast. Oder vor jemandem.“
„Von Angst habe ich ja auch nichts gesagt.“
Falls sie lächelte, verbarg sie es geschickt hinter dem Weinglas.
„Und warum machen sie dich nervös?“
„Hier, nimm noch einen Löffel Auflauf.“
„Ich bin ziemlich satt.“
„Ja, und mir ist auch nicht mehr nach Reden.“
Sie schöpfte sich eine so große Portion auf, dass ihm angst und bange wurde. Worauf hatte er sich da nur eingelassen?
Cass hob demonstrativ die Gabel zum Mund. Hoffentlich sprach Alex weiter. Es war schon unglaublich genug, dass er überhaupt etwas von sich preisgab, aber dass er ihr sogar seine
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