Liebe Unerwuenscht
zusammen mit den leicht schrägstehenden Augen, einen energischen Ausdruck verlieh. Dazu ein dunkler Hautteint und rabenschwarzes, halblanges Haar.
Sehr hübsch , dachte Jennifer noch, bevor sie erkannte, dass das Weiß zu einem Ärztekittel gehörte und die Frau darin ihr zwar einen neugierigen, aber eindeutig professionell neugierigen Blick zukommen ließ.
»Können Sie mich hören, Frau Feiler?« fragte die Stimme.
Jennifer stellte erstaunt fest, dass statt des beabsichtigten Ja nur ein krächzendes Geräusch ihren Mund verließ.
»Ich bin Doktor Malin. Sie sind im Krankenhaus.« Die Ärztin beugte sich zu Jennifer hinab, hob deren Kopf leicht an, nahm das Glas Wasser vom Nachttisch und setzte es ihrer Patientin an die Lippen. »Wir mussten Sie operieren. Erinnern Sie sich, was passiert ist?«
Nachdem Jennifer ein paar kleine Schlucke getrunken hatte, ließ Caroline deren Kopf wieder auf das Kissen sinken.
»Danke«, flüsterte Jennifer. Dank des Wassers war ihre Stimme nun besser vernehmbar. Sie überlegte. Was war passiert? Da war dieser Schmerz gewesen, der ihr den Atem nahm. Dann hatte sie das Bewusstsein verloren. Aber was vor dem Schmerz war? »Nein.« Sie schüttelte langsam den Kopf. »Ich erinnere mich nicht.«
»Kein Grund zur Sorge. Das kommt sicher bald zurück. Schlafen Sie. Ich komme in ein paar Stunden wieder und sehe nach Ihnen. Wenn Sie etwas brauchen, klingeln Sie einfach nach der Schwester.«
Die Ärztin machte Anstalten zu gehen.
»Doktor?« hielt Jennifers schwache Stimme sie zurück.
»Ja?«
»Wie . . . wie heißen Sie . . . mit Vornamen?«
Zwei dunkle Augen blickten überrascht auf Jennifer. Nur eine Sekunde, dann kehrte die professionelle Distanz zurück. Schweigend wandte sich die Ärztin ab. An der Tür angekommen, die Klinke bereits in der Hand, drehte sie sich um. »Caroline«, antwortete sie ruhig, ging hinaus und schloss leise die Tür.
Jennifer schloss lächelnd die Augen.
Caroline hielt die Schwester an, die ihr auf dem Gang entgegenkam.
»Schwester Inge, wer sieht nach Frau Feiler?«
»Ich, Frau Doktor.«
»Oh, sehr gut. Frau Feiler hat noch Erinnerungslücken. Gehen Sie bitte alle halbe Stunde zu ihr und sehen nach ihr. Wenn die Lücken sich zu füllen beginnen, informieren Sie mich.«
Die Schwester nickte. »Ist gut.«
Caroline warf einen kurzen Blick auf den Beamten, der jetzt neben der Tür saß.
»Und, Schwester Inge, achten Sie bitte darauf, dass dieser junge Mann hier nicht in das Zimmer der Patientin geht.« Sie sah den Beamten an. Ein Lächeln legte sich plötzlich um den Mund der Ärztin. »Bringen Sie ihm einen Kaffee, wenn er will.«
Die Schwester sandte einen fragenden Blick in Richtung des Wachmannes, der nickte.
»Danke.«
»Haben Sie Ihren Vorgesetzten informiert?« fragte Caroline.
»Ja.«
»Gut«, sagte Caroline und ging weiter.
Etwas später, in ihrem Büro, sann Caroline über den ungewöhnlichen Neuzugang nach. Diese Frau sollte eine Mörderin sein? Caroline tat sich schwer, sich das vorzustellen. Sie hatte in den Jahren als Ärztin die unterschiedlichsten Charaktere kennengelernt und ein Gespür für Menschen entwickelt. Jennifer Feiler hatte sie eben zum ersten Mal gesehen, es war ihr eigentlich nicht möglich, etwas über sie zu sagen. Dennoch – eine Mörderin?
Das fast leere Schema des Dienstplanes für den nächsten Monat leuchtete Caroline vom Flachbildschirm des PCs aus an und wartete darauf, dass sie es mit Namen füllte. Sie legte ihre Hand auf die Maus, begann Felder anzuklicken, Namen zu verschieben und Abschnitte zu kopieren.
Das Klingeln des Telefons unterbrach Caroline in ihrer Arbeit. »Malin«, meldete sie sich.
»Kommissar Sasse hier. Doktor Malin, ich protestiere entschieden dagegen, dass Sie sich über polizeiliche Anordnungen hinwegsetzen.«
Caroline brauchte einen Moment, dann erschloss sich ihr, wovon Sasse sprach. »Frau Feiler ist nicht in einem Zustand, in dem sie aus eigener Kraft das Krankenhaus verlassen könnte. Es besteht keine Veranlassung, ihr einen Aufpasser direkt vor die Nase zu setzen.«
»Wissen Sie, wer Jennifer Feiler ist?« fragte Sasse.
»Meine Patientin in erster Linie.«
»Jennifer Feiler ist eine der einflussreichsten Personen in dieser Stadt«, erklärte der Kommissar. »Sie hat genug Leute, die sie aus Ihrem Krankenhaus raus tragen , wenn es sein muss.«
Caroline lachte. »Na schön. Das hilft ihr aber auch nicht, es sei denn, sie hat zu Hause eine komplett eingerichtete
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