Liebe unter Fischen
ICH 800 Kilometer hin- und 800 zurückgefahren bin und während ICH eine Rolle sehr gut gelernt und sehr gut gespielt habe, rufst DU mich nicht einmal eine klitzekleine Sekunde zurück! !«
Lisi war zufrieden mit sich. Sie hatte so ziemlich alles vorgebracht, was sie sich vorgenommen hatte. Und da hatte sich einiges aufgestaut, seit dem Telefongespräch aus Grünbach. Nun sah sie sich erstmals um. Susanne saß hinter ihrem Schreibtisch und starrte sie an.
» Kein Wunder, dass du keine Zeit hattest«, brachte Lisi bitter vor. » Du hast ausgebaut. Das Büro ist größer geworden. Hat die Bank wohl schon gezahlt? Er wird schon brav schreiben, dein Starautor, den du auspresst wie eine Zitrone. Jetzt leidet er ja schön, das ist sicher gut für die Kunst. Das hast du dir schön ausgedacht. Gratuliere !«
» Bist du fertig ?« , fragte Susanne, und das klang nicht süffisant, sondern traurig. Da Lisi nichts sagte, fuhr sie nach einer kleinen Pause fort: » Das Büro ist nicht größer, sondern leerer. Der Kopierer wurde heute abgeholt. Und gestern schon die vier Bilder, auf die mein Vater so stolz war. Max Ernst, du kanntest sie ja. Das wird für die Außenstände bei den Druckereien reichen. Meine beiden Mädels sind so rührend und machen am Abend zwei Stunden Bürodienst, unbezahlt. Ich dachte nicht, dass es so etwas heutzutage noch gibt .«
» Tut mir leid«, sagte Lisi. » Ich kann jetzt einfach an nichts anderes denken .«
» Ist schon gut .«
» Warum verkaufst du die Hütte eigentlich nicht? Die gehört doch dir ?«
» Ich würde nichts lieber machen! Ich mag diese Bude nicht! Ich will nicht ohne Strom leben! Aber die Hütte steht auf gepachtetem Grund. Der Grundeigentümer muss dem Verkauf zustimmen. Und er will die Hütte selbst haben. Du kannst dir vorstellen, was ich dafür bekomme. Das reicht nicht mal für ’nen anständigen Kopierer .«
» Scheiße .«
Susanne reichte ihr ein paar Blätter: » Das ist der Entwurf für die Herbstvorschau. Der neue Lyrikband Liebe unter Fischen von Fred Firneis ist der Spitzentitel. Tolles Cover, nicht? Das volle Programm: Lesetour mit dem Autor, Interviews, Vorabexemplare, Startau fl age 100 . 000 … Die Vertreter jubeln. Die Buchhändler bestellen wie verrückt. Tja. Schade nur, dass es kein Buch gibt .«
» Vielleicht hat Fred ja doch ein paar Gedichte … Also ich glaube eigentlich nicht, aber vielleicht … «
» Was er mir geschickt hat, war seltsam. Haikus und gereimte Sachen und so .«
» Vielleicht hat er irgendwo einen geheimen Vorrat ?«
» Das wäre wie ein Wunder .«
Susanne griff in eine Lade und holte einen Fünfhundert-Euro-Schein heraus.
Sie legte ihn vor Lisi auf den Tisch. » Der letzte Rest meiner Schwarzgeld-Kasse. Ist einmal eine Anzahlung .«
» Ich will das Geld nicht«, sagte Lisi.
» Bitte«, sagte Susanne. » Es steht dir zu. Den Rest bekommst du in besseren Zeiten .«
» Nein .«
» Du hattest wirklich Arbeit und Auslagen. Und es war eine Scheißidee von mir. Bitte .«
Lisi legte den Schein zurück: » Du kannst es besser brauchen .«
» Du brauchst es auch .«
» Ich will es nicht .«
» Nur kein falscher Stolz. Es ist okay für mich. Danke, Lisi. Ich ruf dich an, wenn’s mir besser geht .«
» Ich nehme es nicht .«
» Wirst du schon .«
» Es ist Blutgeld, verstehst du nicht ?« Lisi wollte laut werden, aber ihre Stimme kiekste. » Es ist schlimmer als Blutgeld, es ist Seelengeld. Damit verkaufe ich meine Liebe. Und jede Chance, dass sie jemals erfüllt wird .«
» Ich fürchte, in dem Fall ist sie sowieso im Arsch .«
» Ja .«
» Sag mir, was ich tun kann, Lisi !« Susanne klang aufrichtig verzweifelt. » Von mir aus ist unsere Abmachung hinfällig. Ich kann zu Fred in die Hütte fahren oder ihm einen Brief schreiben und ihm alles gestehen. Ihm sagen, es war eine miese dumme Idee von mir .«
» Das macht meine Rolle bei der versuchten Verwirklichung dieser Idee nicht besser .«
» Sag’s du ihm! Und schieb alles auf mich! Ist ja auch alles meine Schuld! Ich hab nichts zu verlieren, Lisi. Jetzt nicht mehr .«
» Ich auch nicht, Susanne. Und weißt du, was besonders schlimm ist für mich? Ich spiele die Mara viel bezzer als die Lisi .«
» Wir spielen immer, wer es weiß, ist klug .«
» Lass mich in Ruh. Fred wird Lisi hassen .«
» Vielleicht nicht .«
» Ich selbst hab Mara auch lieber als Lisi .« Nun war Lisi den Tränen nahe.
» Sag mir, was ich machen soll«, flehte Susanne.
» Nichts. Wir können
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