Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Liebe

Titel: Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Precht
Vom Netzwerk:
viel schwerer. Wer es aufgrund früher Kindheitserfahrungen nicht kann, wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nie lernen. Er kann höchstens lernen, mit seiner geringen Selbstliebe besser umzugehen. Psychotherapie ist keine alchemistische Kunst, die aus den kümmerlichen Eisenspänen unserer Selbstliebe solides Gold schmiedet. Wer Ihnen so etwas verspricht, will Sie veralbern.

Liebeskunst
    Es gibt keine Formeln für eine gelingende Liebesbeziehung. Was es gibt, sind Strategien zur Vermeidung von Leid in Partnerschaften. Und es gibt einige gute Ideen, den Lustgewinn in einer Liebe etwas verlässlicher zu machen. Das ist schon alles, aber es ist immerhin nicht nichts.
    Der Grund, warum alle anderen klugen Ideen so wenig nützen, liegt daran, dass man seine Gefühle und sein Verhalten nicht von einem auf den anderen Tag umstellen kann. Unsere Lebensimpulse, der Klebstoff, der uns zusammenhält, stammen aus dem animalischen Zwischenhirn und nicht aus den Vernunftregionen des Großhirns. Gefühle aber lassen sich eben noch sehr viel schwerer verändern als vernünftige Einsichten. Und zu guter Letzt gehören zur Liebe immer zwei. Selbstbewusst, freundlich, verständnisvoll und zuvorkommend zu sein sind gute Eigenschaften. Gleichwohl nützen sie manchmal nicht viel und reichen oft nicht aus.
    In solcher Lage helfen selbst die vielen bekannten Ratschläge für eine gelingende Partnerschaft nicht viel. Denn dass Liebe und
Partnerschaft zwei verschiedene Dinge sind, ist in den Köpfen der mittleren und jüngeren Generation bereits fest verankert. Partnerschaft verhält sich zur Liebe wie Zufriedenheit zu Glück. Für die Partnerschaft sind regelmäßige Dosen an Oxytocin und Vasopressin die halbe Miete. Für die Liebe sind Dopamin- und Adrenalinausstöße hingegen unumgänglich. Muss man für eine Partnerschaft gut zueinander passen, so braucht man für eine Liebe notwendig auch immer Gegensatz, Fremdheit und Reibung. Der Anspruch in einer längerfristigen Liebesbeziehung ist somit ein doppelter: Man will Aufregendes erleben und braucht den Partner als Garant für Abwechslung. Und man will Gleiches erleben und braucht den Partner als Garant für emotionale Stabilität.
    Natürlich lag Erich Fromm nicht ganz falsch, als er meinte, die Liebe sei nicht einfach nur Schicksal, sondern auch Arbeit. Dass er damit eine Lawine ins Rollen brachte, die die Selbsttherapie ins Zentrum der Paartherapie rückte, konnte er nicht wissen. Das verführerische Wort »Kunst« sollte den Liebenden in den Rang eines Artisten erheben; die Therapeuten machten daraus einen Behinderten. Ausgestattet mit dem Klumpatsch der Freud’schen Beschädigungstheorie wurde die natürliche Bedürftigkeit des Menschen nach Anerkennung, Zuspruch und Bestätigung in der Liebe zur Deformation und zur Unvollkommenheit erklärt. Tatsächlich aber entsteht die Liebe nicht nur aus der Fähigkeit zum Mitgefühl, sondern auch aus der Erwartung, Anteilnahme und Mitgefühl eines anderen zu bekommen. Von dieser Basis aus sind sehr viele unterschiedliche Liebeskonzepte möglich: gleichberechtigte Beziehungen und nicht gleichberechtigte, ausgeglichene und angespannte, extrem leidenschaftliche und vergleichsweise ruhige. Nichts davon ist per se falsch, unreif, verurteilenswert oder armselig – jedenfalls nicht, solange keiner der Partner darunter leidet.
    Die schlimmste Bedrohung einer Liebe aber ist der Terror des Ideals. Nicht nur bedroht das Ideal unsere realen Beziehungen
als mittelmäßig oder minderwertig. Es ist auch in keiner Form erstrebenswert, vollkommen zu sein. Zumal die Rezepte zur angeblich vollkommenen Liebhaberei nicht viel taugen. Jemand, der dem anderen unausgesetzt die Wünsche von den Lippen abliest, kann sich nicht entwickeln. Wie sollte er auch dazu kommen? Jede Entwicklung setzt ein Eigeninteresse voraus. Entwicklung allein durch Eingehen auf den anderen ist unmöglich.
    Die Liebe ist eine so schöne Sache, dass man sie nicht ständig überfordern sollte. Und auch nicht jede Ehe verdient gerettet zu werden. Wie schrecklich, mit einem Partner ohne Liebe zu leben, wenn es vielleicht einen anderen Menschen gibt, mit dem das Leben schöner und erfüllender ist. Die Grenze der Verantwortung für den anderen ist die Verantwortlichkeit für uns selbst. So viel Egoismus muss sein. Denn welcher Partner möchte umgekehrt nur aus Verantwortungsgefühl nicht verlassen werden?
    Ich weiß nicht, welche Konsequenzen der große Liebhaber aus dem

Weitere Kostenlose Bücher