Lieber Dylan
so ein schönes, halbes Lächeln. Ich weißnicht, was es mit seinem Lächeln auf sich hat, aber es gibt mir jedes Mal ein echt komisches Gefühl im Innern, als ob eine Million Schmetterlinge in meinem Bauch eine Party feiern. Ich glaube, das ist so, weil sein Lächeln irgendwie traurig wirkt, falls das einen Sinn macht. Jedenfalls habe ich mich danach viel besser gefühlt, und als ich auf die Bühne kam, habe ich nicht nur »Halt den Mund« richtig gesagt, sondern ich habe es wirklich mit Gefühl gesagt. Ich habe getan, was du mir geraten hast, und angefangen, mir Notizen in mein Skript zu schreiben, darüber, wie Blousey sich wirklich bei jeder Zeile fühlen muss. Ich nahm an, dass sie am Anfang nervös und angespannt sein würde, weil sie ja auf dem Weg zu einem Vorsprechtermin ist. Ich hatte überhaupt keine großen Schwierigkeiten, das zu spielen!!!
Nachdem wir unsere ersten paar Szenen gespielt hatten, holte Debbie Jessicas Gruppe auf die Bühne und sagte mir und Jamie, wir sollten unsere gemeinsamen Szenen draußen weiterproben. Ich weiß nicht, warum, aber allein dass sie das sagte, ließ die Schmetterlinge schon wieder flattern! Michaela wollte zusehen, wie Jessica ihren Song sang, also blieb sie mit Debbie in der Halle, und ich folgte Jamie nach draußen zum Ententeich. Keiner von uns sprach ein Wort, bis er sich am bewachsenen Ufer unter dem Weidenbaum in das Gras setzte – obwohl das Gras in der Sonne mehr oder weniger zu Stroh geworden war. Dann blickte er zu mir auf und sagte: »Also?« Wie eine Frage. Und die einzige Antwort, die mir einfiel, war: »Also was?« Womit ich mich anhörte wie eine totale Idiotin, aber ich wusste nicht, was ich sonst sagen sollte.
Ich setzte mich hin und tat so, als würde ich der Reihe von Enten zusehen, die langsam über den Teich glitten, damit ich mein Gesicht von ihm abwenden konnte, denn – du kannst es dir sicher schon denken – meine Wangen wurden mal wieder knallrot. Die tropische Mittagssonne machte es nicht besser. »Also«, wiederholte er, »freust du dich, dass du die Blousey spielst?« Diesmal traute ich mir nicht zu, etwas zu sagen, also nickte ich nur. »Ich mich auch«,sagte er. Ich konnte nicht anders, ich musste mich umdrehen und ihn ansehen. Was meinte er? Freute er sich, weil ich die Blousey spielte, oder freute er sich, weil er die Rolle spielte, die er bekommen hatte? Ich wusste nicht, was ich machen sollte, also sah ich wieder auf den See und betrachtete die Enten, und ich konnte es nicht verhindern und sagte: »Das bringt einen zum Nachdenken, was?« Ich habe keine Ahnung, warum ich das sagte, ich habe überhaupt nicht an irgendetwas gedacht, außer: Verdammt, warum kühlen meine Wangen nicht endlich ab?
Ich hörte, wie Jamie sich neben mir bewegte, und betete, er würde einfach Ja sagen, wie ich es gemacht hatte, als er dasselbe über die Wolke gesagt hatte. Aber nein. »Was lässt es dich denn denken?«, fragte er. »Die Enten«, sagte ich, unfähig, mir etwas anderes einfallen zu lassen, das ich hätte sagen können. »Was ist mit denen?«, fragte er. Oh Gott, mir war zumute, als wäre ich in den Teich gefallen und ein Bündel Algen würde mich tiefer und tiefer hinunterziehen. »Na ja, die bringen mich eben zum Nachdenken. Die Enten«, sagte ich in dem Versuch, mir mehr Zeit zu verschaffen. Aber er erwiderte augenblicklich: »Woran lassen sie dich denn denken?« – »Ans Leben«, antwortete ich verzweifelt. »Ach ja?«, fragte er. »Ja.« Ich schloss die Augen und biss mir fest auf die Zunge. Warum konnten wir nicht einfach mit unserer Probe weitermachen? »Und was lassen sie dich über das Leben denken?« Wieder hörte ich, wie Jamie sich neben mir bewegte, und als ich mich umdrehte, sah ich, dass er sich auf die Seite gelegt hatte und seine Augen mit der Hand vor der Sonne schützte, während er den Teich betrachtete. Ich seufzte. Was ließen die Enten mich übers Leben denken? Zuerst ließen sie mich denken: Ich wünschte, ich hätte ein Gewehr, dann könnte ich sie alle erschießen, weil sie mich in solche Schwierigkeiten brachten! Aber dann kam mir eine Erinnerung, die aufflackerte wie eine alte Filmszene. Es war ein Bild von mir und meinen Eltern – eine der wenigen klaren Erinnerungen, die ich an meinen Vater habe. Wir waren in unseren nahen Park zum Picknicken gegangen, und die Krusten unserer Sandwichs verfütterten wir an eine Entenfamilie. Ich erinnere mich, dass mein Vater ihnen allen Namen gab und mit ihren
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