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Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Titel: Lieber einmal mehr als mehrmals weniger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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und hebt sein Glas.
    «Auf den Herzbolzen», sagt Müsebeck, der bis jetzt noch kein Wort gesprochen hat. Dann hebt auch er sein Glas und fügt hinzu: «Und auf jene, die einen guten Rat nicht in den Wind schlagen!» Er zwinkert, prostet jedem einzeln zu, setzt an und kippt sich, den Kopf in den Nacken werfend, ohne dass sein Lederhütchen auch nur einen Millimeter verrutscht, Krüpkis «Original-Hausbrand» in die Kehle.

[zur Inhaltsübersicht]
    Großer Schweizer
    Jakob verstaut seinen kleinen Koffer hinter dem Fahrersitz seines Pick-ups, prüft noch einmal sorgfältig, ob die Verzurrung der Plane, die sein wertvolles Werkzeug auf der Ladefläche abdeckt, wirklich die ganze lange Fahrt halten würde, und sagt dann zufrieden: «So, also.»
    Er wendet sich an Sonja und mich: «Dann will ich mal schauen, dass ich wieder auf mein Bergli komme.»
    «Und zwar pünktlich, wie es einem Schweizer gebührt», grinste ich. «Deine Zeitplanung hat ja wunderbar hingehauen, Hut ab.»
    «Na ja, da haben wir aber viel Glück ghah, mit diesem cheibe Herzbölzli, oder?» Jakob kratzt sich am Nacken. «Eigentlich wollte ich den Resärvetag nicht anzehren, weisch, aber …»
    «Nix aber», mischt sich Sonja ein. «Du hast diesen Tag doch eingeplant, damit du ihn hast, wenn du ihn brauchst.»
    «Scho, aber wenn man d’ Resärve dann tatsächli verbruucht, weiß man fürs nächschti Mal, dass sie zu knapp gsy isch.»
    «Wer soll das verstehen, Jakob?», frage ich. «Es ist doch alles aufgegangen. Der Hürlimann läuft, und du machst dich, wie geplant, heute Morgen neun Uhr auf den Heimweg!»
    «Ja, und genau drum war es eben ein Resärvetag z’ wenig. Die Resärve, wo man verbruucht hat, ist ja keine Resärve mehr, weil sie ja dann weg ischt. Und Resärve muss man immer genug haben. Immer.»
    «Aha», staunt Sonja und baut sich direkt vor Jakob auf, die Hände in die Hüften gestützt. «Und wenn du jetzt einen weiteren Reservetag gehabt hättest, was hättest du damit gemacht?»
    «Ja, dann wär ich ebe ein Tag früher heimgefahren, chann ja meinen Hof auch nicht ewig alleine laa, oder?»
    «Das heißt?» Sonja schiebt ihr Gesicht weitere Zentimeter gegen Jakobs. «Du wärst
wann
genau gefahren, Jakob, mit einem zweiten Reservetag?»
    «Auch jetzt, neun Uhr», antwortet Jakob. «Aber es wäre eben ein einen Tag früheres ‹Jetzt› gewesen, oder?»
    Da muss Sonja hell auflachen, sie schmatzt ihm einen fetten Kuss auf die Nase, nimmt sein Gesicht in ihre Hände, knuddelt seine Wangen und sagt: «Du Wahnsinniger, du, du guter Schweizer Freund, du!»
    Jakob, der nicht weiß, wie ihm geschieht, grinst verlegen und blickt auf seine Uhr. «So, es wird Zyt», murmelt er und gibt Sonja die Hand. «Wir haben es schon null nüni null drü e halb, ich bin zu spät, weisch.»
    Sonja starrt ihn fassungslos an. Da lacht er seinerseits, zwinkert sie an und fügt hinzu: «Aber wegen der paar Minütli will ich mal nicht so schweizerisch sein, bin ja schließlich nicht mit em Bus unterwägs.»
    Ich umarme unseren Freund. «Wie kann ich dir nur danken, Jakob? Du hast mich wirklich aus großer Not gerettet.»
    «Mich auch», wirft Sonja ein. «Dieters Kupplungsscheiben-Depression hätte ich nicht mehr lange ertragen.»
    Jakob winkt ab. «Scho guät, ich war ja selber scho ganz unruhig wäge dem Hürlimaa. Jetzt, wo er wieder tuät, wie er soll, isch mir grad selber wieder wohler.»
    «Aber nicht so wohl wie uns», lächelt Sonja mit einem Seitenblick zu mir.
    «So, chommt, jetzt lasst mich fahren, sonst wird mir diä ganzi Sach da zu rührselig. Isch mer e Freud gsy, chönd er mer glaube.»
    Er steigt ein. Durch die offene Tür sagt er noch: «Gute Typen hat es da, i dem Amerika. Ich lasse alli schön grüässen, de Teddy, de Krüpki und de Müsebeck. Und säg ihnen, ich hab das ernst gmeint, geschtern abend: Wenn sie mal in der Schwyz sind, sie sind jederzeit herzli willkommen bei mir, all drei mitsamt Anhang.» Er setzt an, die Tür zuzuziehen, hält aber inne und meint verschmitzt: «Dieter, falls ich je wieder en Herzbolze nötig hab, dann legst du ein gutes Wort für mich ein, gell? Bei der Werft … du weisch jo, was i mein, gäll?»
    Klack, die Tür fällt ins Schloss. Jakob startet den Motor und lenkt sein picobello schwarz brillierendes Fahrzeug über eben jene Dorfstraße, auf der er gestern Abend seine große Hürlimann-Triumph-fahrt veranstaltet hat.
    Wir winken dem rasant kleiner werdenden Pick-up hinterher, bis er aus unserem Blickfeld

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