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Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Titel: Lieber einmal mehr als mehrmals weniger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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kleine Ästchen. Unreife grüne Äpfel und Birnen kullern zu Boden und werden von riesigen Reifen zermatscht. Der Sattelschlepper nähert sich einem seltsamen Gebäude, das auf halber Strecke der Allee, einen Steinwurf von ihr abgerückt, in einer weiten, eingezäunten Wiese steht. Eine scheunengroße, relativ flach gewinkelte Satteldachkonstruktion, nur zur Hälfte mit Trapezblechen bedeckt, schwebt auf langen, senkrechten Holzbalken, etwa drei Mann hoch. Keine Seitenwände. Neben der eigenartig luftigen Konstruktion ein offenbar erst vor kurzem ausgebaggertes Erdloch, etwa so groß wie der Keller eines Fertighauses. Erdbraunes Regenwasser hat sich darin gesammelt, bildet einen hüfttiefen Tümpel.
    Das dunkle Motorengeräusch der Zugmaschine wird präsenter, nähert sich unerbittlich. Hinter der Sonnenreflexion der Windschutzscheibe wird ein Mann erkennbar. Kanarienvogelgelbes T-Shirt, schlanker Oberkörper, kurze, dunkle Haare, Schnauzbart. Die Augen verdeckt durch eine riesige Spiegelbrille, Siebziger-Jahre-Design. Der Lastzug kommt auf Höhe des Bauwerks zum Stehen. Luftdruckventile blasen kreischend ab, das Motorengeräusch erstirbt. Die Natur übernimmt wieder die akustische Dominanz: das wispernde Geflüster von Blättern im lauen Morgenwind, ein erstes noch unsicheres Grillenzirpen, die Lerche, hoch über der Szene, die ihre Lebensfreude über das weite Land tiriliert, ein emsiges Rascheln in der Hecke.
    Unpassende, fremdartige Geräusche mischen sich in die Sinfonie: Dumpf verhaltenes Poltern dringt aus dem Auflieger des Sattelschleppers. Das Schloss der Fahrertür klickt, als sie geöffnet wird. Die Sohlen von Sportschuhen schlagen auf dem Asphalt auf, scharren kurz auf den kleinen, losen Steinchen. Muskulöse Männerbeine bewegen sich zwischen Turnschuhen und einer über den Knien abgeschnittenen, ausgefransten Bluejeans. Sie tragen das gelbe T-Shirt und die Spiegelbrille zum hinteren Ende des Hängers. In seinem Inneren rumpelt es. «Ja mei», sagt der Mann. «Ja mei, ja mei, ja mei. Habds an Durscht, hä?» Er öffnet eine kleine Blechklappe am Hänger, legt einen Hebel um. Ein Zischen ist hinter der großen Blechwand zu vernehmen, das Plätschern von Wasser. Dann Schlürfgeräusche. «Ja, jetz sauft’s halt, ihr Schätze, sauft’s nur, ’s is gnug da.»
    Der Mann erklimmt eine in der Rückwand eingelassene Leiter, schiebt sich die Sonnenbrille über die Haare und späht durch eines der langen, schmalen Lüftungsfenster, die sich rund um den ganzen Hänger ziehen. «Ja, guten Morgen, ihr. Na, so is braaaav. Ja, gfressen habd’s ja au scho, fast ’s ganze Heu habd’s niederg’macht! So is braaaaav!»
    Er geht wieder nach vorn, klettert halb in seine Fahrerhütte, legt einen Schalter um. Auf dem Kabinendach ertönt, die Naturgeräusche abermals zurückdrängend, das Brummen der Klimaanlage.
    «Zu heiß wollt’s ihrs auch nicht, gell, ihr Süßen?»
    Der Mann zieht eine zusammengeklappte Campingliege, einen Gaskocher und eine gefüllte Plastiktüte aus dem Fahrzeug. Er entfaltet die Liege und stellt sie mitten auf das Sträßchen, direkt vor die Schnauze seines Lasters. Den Kocher platziert er daneben. Er entnimmt der Tüte ein Blechtöpfchen, ein Glas Nescafé, eine Wasserflasche, eine Tube Kondensmilch, einen Porzellanbecher mit einem groß aufgedruckten Marienkäfer sowie eine rot-weiße schuhcremeartige Blechdose. Er füllt das Töpfchen mit Wasser und setzt es auf die Gasflamme.
    Der Mann blickt sich um. «Da ist aba gut sein, da!» Er dreht sich um die eigene Achse. «Die hamm’s da ja noch richtig urig, da im Ost’n.» Er zieht sich das T-Shirt über den Kopf, knüllt es zusammen, wirft es in die Kabine, öffnet den Hosengürtel, knöpft die Jeans auf und schiebt sie nach unten. Beim Versuch, sie auszuziehen und dennoch die Turnschuhe anzubehalten, führt der Mann einen seltsamen Einbein-Hüpftanz auf, mit dem er in jedem Indianerfilm hätte auftreten können. Aber der Mann ist fit, er schafft es, sich seiner Hose zu entledigen, und wirft sie dem gelben T-Shirt hinterher. Nun ist er in jenem Bekleidungszustand, in dem Gott ihn einst geschaffen hat.
    Im Hänger rumpelt es wieder. «Ja mei, ja mei, ja mei», ruft der Mann. «Wir sind halt noch zu früh, die kommen erst umma siebene! Jetz wartet’s hal amal schnell. Ein gutes halbes Stündchen noch, dann könnt’s auf die Weide. Und was für schöne Weide das ist! Jetzt freut’s euch doch, dass ma schon da sind, Sakra!» Das Poltern hört

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