Lieber einmal mehr als mehrmals weniger
hier Kühe, aber dette waren so gescheckte. Mit Hörnern an die Köppe. Inzwischen sind doch längst alle tot …»
«Es behauptet doch keiner, dass das die Kühe von damals … ach was streit ich mit dir rum – bleib du bei deine Schafe, da kennste dir aus, und versuch nicht mir zu erklären, was Kühe sind!»
«Büffel», sagt Teddy. «Italienische.»
Krüpki reißt seine Äuglein weit auf, kneift sie wieder zusammen, holt Luft, setzt zum ultimativen verbalen Vernichtungsschlag an – und bläst die Sache plötzlich ab. Er wischt nur mit der Hand durch die Luft und wendet sich wieder der Weide zu.
Schweigen.
Ihre Schatten sind schon merklich gewandert, bis Teddy schließlich fragt: «Krüpki, kannst du mir verraten, warum?»
«Wie, was warum?»
«Warum jetzt diese Dinger hier. Sonja hat doch inzwischen ’ne wirklich schöne Schafherde, alles in allem, und ich hab se mit ihr uffgebaut, weeßte?»
Krüpki spürt, dass Teddy etwas Wichtiges auf dem Herzen hat, und fragt daher für seine Verhältnisse sehr einfühlsam, also in normalem Feldwebelton: «Und?»
«Na ja, wir haben doch die Schafe, Sonja und icke, mit Verstand und Herzblut … also verstehste, det klappt ja allet prächtig, och mit die Lämmer und so, allet jesund und putzmunter. Also warum jetzt och noch diese Dinger hier?»
Krüpki mustert Teddy lange von der Seite, bevor er fragt: «Sag mal, Teddy, jetzt mal raus mit der Sprache, deinem alten Kumpel Krüpki kannste es ja sagen, wa? Bist du etwa eifersüchtig uff die Rindviecher?»
«Biste bekloppt? Eifersüchtig, icke? Wie tust du denn auf so ’n Scheiß kommen?»
«Na ja, mit den Schafen kennste dich aus … Da kannste dann den ganz großen Maxe markieren, gegenüber Sonja, wa? Bei den Kühen hingegen …»
«… Büffel», unterbricht Teddy.
«Meinetwegen Büffel. Jedenfalls bei den Rindviechern, da haste keen blassen Schimmer, da kannste nicht mal ansatzweise mitreden, wa? Und det ist dein Problem, mein Lieber. Nämlich: Da braucht die Sonja den großen Fachmann, den Ratgeber Teddy, vielleicht plötzlich nicht mehr, wa? Und das piesackt dich.»
«So ein Blech tust aber auch nur du reden, Krüpki! Mir tut gar keen Problem piesacken!»
«Tut es doch», sagt Krüpki, sehr zufrieden mit seiner Analyse.
«Tut es eben nich. Soll se doch selber gucken, die Sonja, wie se mit denen zu Rande kommen tut. Ich jedenfalls halt mich da raus, det sach ich dir! Was mich betrifft: Ich bleib bei die Schafe. Weil: Die hier …», Teddy deutet mit dem Kinn Richtung Weide, «… die sind mir zu groß, die Dinger.»
«Zu groß? Na ja, da könntest du den Nagel sogar auf den Kopf getroffen haben, das ist vielleicht wirklich eine Nummer zu groß.» Krüpki lässt seine Worte kurz nachklingen und ergänzt: «Da hat sie sich wohl doch ein wenig übernommen jetzt, die Sonja, mit den Kühen.» Und bevor Teddy ihn korrigieren kann, schiebt er schnell nach: «… und den Büffeln.»
Teddy nickt nachdenklich. «Hm. Vielleicht. Vielleicht aber och nich. Wat tun wir immer sagen: Lieber einmal mehr, als mehrmals weniger!»
«Eben», sagt Krüpki, «meine Rede.»
Synchron drehen die beiden Männer ab und verschwinden hinter dem Buschwerk der Allee.
Wer Teddy damals, an jenem Tag, an dem die Büffel kamen, prophezeit hätte, dass er sich von diesen «zu großen Dingern» im Nu erobern lassen würde, dass er entdecken würde, wie viel ihn schon vom Gemüt her mit den sanften Riesen verbindet, wer Teddy gesagt hätte, dass die Zeit kommen würde, wo er jeden Tag, sommers wie winters, bei jedem Wetter, die Weiden abschreiten und nach «seinen» Büffeln sehen würde, dass sie ihn als Vertrauten in der Herde begrüßen würden in ihrer kehligen Röhrsprache, dass er mit ihnen schmusen würde, dass er lernen würde zu spüren, wann ein Kalb fällig und wie es um die Milch der Mutterkuh bestellt ist, dass er, der Schafscherer Teddy, zum Kuhflüsterer Teddy würde – wer Teddy einen Film aus der Zukunft gezeigt hätte, auf dem er sich selbst gesehen hätte, wie er sich zuerst ein Bänkchen zimmert, um darauf sitzend stundenlang die Herde zu beobachten, wie er schließlich einen Klappstuhl neben dem Unterstand im Heulager deponiert, damit er sich ortsungebunden, wenn er wollte, auch mitten in die Herde hocken kann, umringt von Büffeln, die er geduldig am Kinn krault, bis ihm die Finger wehtun, wer Teddy ein Tonband aus seiner Zukunft vorgespielt hätte, auf dem er seine eigene Stimme gehört hätte, wie er
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