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Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Titel: Lieber einmal mehr als mehrmals weniger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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noch die wärmste Jacke! Und falls du dich erinnerst, ich gehöre wahrhaftig nicht zu denen, die den ganzen Tag auf der faulen Haut liegen und denn nachts auf ’ner Heizdecke …»
    «Krüüüüüpki!!!», schreie ich das Handy an. Ich lausche. Das Quäken ist verstummt. Ich riskiere das Ding wieder etwas näher an mein Ohr zu bringen. «War ja nur ’ne Frage, Krüpki.»
    «’ne Beleidigung war das! Und bring dein Kalb an die Wärme, aber dalli, das ist das Einzige, was ihr machen könnt. Schafft ihr das?»
    «Schaffen wir, Krüpki.»
    «Und wenn dir wider Erwarten etwas Vernünftiges einfallen sollte, wie ich wirklich helfen kann, denn meldest du dich, verstanden? Zu jeder Zeit, klar? Auch morgens um drei, ich bin zur Stelle, ja? Ist das in deiner Birne angekommen, haaaallo? Haaaallo, ich erwarte Bestätigung!»
    «Bestätigt», sage ich.
    «Na aaalso! Ich komm morgen rum und seh bei euch nach dem Rechten. Und wehe, du vermasselst die Schose, ohne mich angerufen zu haben! So, nu kümmer dich endlich um det olle Kalb und vertrödele nicht meine Zeit!»
    «Mach ich, Krüpki! Äh … danke!»
    Doch er hat schon aufgelegt.
    «Er hat keine Heizdecke», sage ich zu Sonja. «Er sagt, wir sollen das Kalb an die Wärme bringen.» Sie blickt vom Kalb auf, das sie mit einer Decke abrubbelt.
    «Hab ich deutlich gehört.» Sie seufzt. «Dieter, das schaffen wir so nicht. Krüpki hat recht, das muss an die Wärme. Wir holen es zum Hof.»
    «Im Hofstall ist es doch auch nicht wärmer als hier», gebe ich zu bedenken.
    «Nein, aber im Haus», sagt Sonja.
    «Du willst das Kalb ins Haus …»
    «Wohin sonst?»
    Sie hat recht. Es ist die einzige Möglichkeit, dem kleinen Stier wenigstens eine Chance zu geben.
    «Gut», sage ich. «Aber das heißt, wir müssen ihn füttern. Ich seh, wie viel Frischmilch Frau Widdel im Laden hat, und sonst fahr ich nach Schmachthagen …»
    «Lass, er braucht Muttermilch. Ich muss Mimosa abmelken und es ihm mit der Maulspritze einflößen, die Kolestralmilch ist lebenswichtig für sein Immunsystem. Aber erst mal muss der Kleine an die Wärme. Auf geht’s, nach Hause!»
    Wir wickeln das Kalb in eine Pferdedecke und tragen es mit einer zweiten, wie in einer Hängematte, zum Jeep. Völlig apathisch lässt es alles einfach über sich ergehen. Wir legen es vorsichtig auf die Ladefläche, neben ein großes, dort festgezurrtes Plastebecken, in welchem Sonja allerhand Tierpflege-Utensilien aufbewahrt. Sie kramt darin herum, findet die Maulspritze und einen Trichter. «Dachte mir doch, ich hätte alles dabei …», murmelt sie.
    Diese Frau war vor ein paar Jahren noch Kulturmanagerin, Fernseh- und Filmproduzentin. Landwirtschaft? Damals ein fremdes Universum für sie. Und jetzt? Jetzt steht sie da in der einbrechenden Oktobernacht, in Gummistiefeln und einer robusten Bauernjacke, Milchflaschen und Trichter in den Händen, wild entschlossen, diesen kleinen Büffelstier ins Leben zurückzubringen. Ich bewundere meine Sonja.
    «Du bist gut. Richtig gut, du Vollbäuerin.» Ich drücke sie an mich.
    «Hoffen wir’s», höre ich sie leise an meinem Ohr. Sanft schiebt sie mich von sich. «Dieter, schaffst du es, den Kleinen allein ins Haus zu tragen?»
    «Ich werde das schon hinkriegen», sage ich mit möglichst viel Zuversicht in der Stimme und weiß doch: Ich prahle.
    «Gut», erwidert Sonja, «dann bleib ich gleich hier und versuche, ob Mimosa mir Milch geben will. Wird nicht einfach werden, sie ist das Melken ja nicht gewöhnt. Aber es wird schon irgendwie gehen, wir können gut miteinander, Mimosa und ich … müssen wir ja!» Spricht’s und stapft Richtung Unterstand.
    Als ich auf den Hof fahre, wundert mich, dass im Haus Licht brennt. Wir sind doch bei Tag weg, warum …? Da öffnet sich die Haustür, die Sennenhunde stürzen bellend heraus, und im erleuchteten Türrahmen erscheint der Schattenriss einer schmalen Person, der anstelle eines menschlichen Kopfes eine Art Heuhaufen aus den Schultern wächst.
    «Wo wart ihr denn, ich dachte schon, es ist was passiert?», ruft Alice und streicht sich ihre wilde Mähne nach hinten. «Die Hunde waren da, aber von euch keine Spur.»
    «Alice-Kind!» Ich steige aus. «Was für eine Überraschung, gut, dass du da bist.»
    «Hab ich doch gesagt, dass ich heut komm gegen Abend, weil morgen die Schule ausfällt. Lehrerkonferenz, weißt du nicht mehr?!» Sie steigt die paar Stufen herunter, um mich zu begrüßen.
    «Ah ja? Entschuldige, das hatte ich nicht mehr

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