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Lieber Feind

Lieber Feind

Titel: Lieber Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Webster
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Plan;
    Trink mit Lächeln den Lebertran,
    Dann kannst’ den Mund mit Schoklade beschmieren.
    Heute abend werden Betsy und ich seiner Einladung zum Abendessen folgen, und ich gestehe, wir warten mit freudigster Spannung darauf, wie sein düsteres Haus von innen sein mag. Er spricht nie über sich oder seine Vergangenheit oder irgend jemand , der mit ihm zusammenhängt. Er sieht aus wie eine isolierte Figur auf einem Sockel mit der Aufschrift WISSENSCHAFT, ohne auch nur einen Funken gewöhnlicher Zuneigungen oder Gemütsbewegungen oder menschlicher Schwächen, außer seiner Laune. Betsy und ich sind vor Neugierde geradezu zernagt, weil wir wissen wollen, was für eine Vergangenheit er hat. Aber wart nur, bis wir in seinem Hause sind; unseren Detektivinstinkten wird es seine eigene Geschichte erzählen. Solange das Tor von der wilden McGurk bewacht wird, hatten wir die Hoffnung aufgegeben, je eindringen zu können. Aber siehe! Die Tür hat sich freiwillig geöffnet.
    Fortsetzung folgt.
    S. McBride.

Montag.
    Liebe Judy!
    Gestern waren wir beim Doktor zum Abendessen. Betsy und Mr. Witherspoon und ich. Es erwies sieb als eine leidlich vergnügte Angelegenheit, obwohl ich sagen muß, daß es mit bösen Vorzeichen begann.
    Sein Haus hält im Inneren alles, was das Äußere verspricht. Nie in meinem Leben habe ich solch einen Innenraum gesehen wie das Eßzimmer dieses Mannes. Die Wände und Teppiche und Volants sind alle von einem schweren dunklen Grün. Ein Kamin aus schwarzem Marmor umrahmt einige rauchende, schwarze Kohlen. Die Möbel sind so schwarz, wie Möbel nur sein können. Der Kunstschmuck besteht aus zwei Stahlstichen in glänzenden schwarzen Rahmen: „Der Fürst der Bergschlucht“ und „Der Hirsch ist gestellt“.
    Wir haben uns ungeheuer angestrengt, leicht und prickelnd zu sein, aber es war wie ein Diner in der Familiengruft. Mrs. McGurk in schwarzem Alpaka mit einer schwarzen Seidenschürze stelzte um den Tisch und bot kalte, schwere Dinge zum Essen an, und ihr Schritt war so fest, daß das Silber in den Buffet-Schubladen klirrte. Ihre Nase ging in die Höhe, die Mundwinkel gingen in die Tiefe. Ganz sichtlich mißbilligt sie es, wenn ihr Herr Einladungen gibt, und sie will alle Gäste davon abschrecken, je wieder eine anzunehmen.
    Sandy hat irgendein unklares Gefühl, daß seinem Hause etwas fehlt, und um es den Gästen zu Ehren etwas aufzuhellen, hatte er Rosen gekauft — Dutzende —, die entzückendsten Killarney-Rosen und rote und gelbe Tulpen. Die McGurk hatte sie alle so eng wie möglich in einer pfauenblauen Jardinière zusammengepreßt und auf die Mitte des Tisches gepflanzt. Das Ding war so groß wie ein Huckelkorb. Betsy und ich vergaßen fast unsere Manieren, als wir dieses Mittelstück sahen. Aber der Doktor war offenbar so erfreut über die heitere Note, die er seinem Eßzimmer verliehen hatte, daß wir unsere Belustigung unterdrückten -und ihm warm zu der glücklichen Farbenzusammenstellung gratulierten.
    Sobald das Essen vorbei war, eilten wir wie erlöst in seinen Teil des Hauses, in den der Einfluß der McGurk nicht eindringt. Kein putzender Mensch betritt je seine Bibliothek oder sein Sprechzimmer oder das Laboratorium mit Ausnahme von Llewelyn, einem kurzen, drahtigen Waliser mit O-Beinen, der in einzigartiger Weise die Eigenschaften eines Zimmermädchens mit denen eines Chauffeurs vereinigt.
    Die Bibliothek ist zwar nicht gerade das heiterste Zimmer, was mir je begegnet ist, aber für einen Männerhaushalt nicht so übel, — rundum Bücher vom Boden bis zur Decke, und was überfließt in Stößen auf dem Boden, Tisch und Kamin; ein halb Dutzend abgrundtiefer Lederstühle, ein paar Teppiche, noch ein Kamin aus schwarzem Marmor, aber diesmal mit einem knisternden Holzfeuer. An Stelle von Ziergegenständen hat er einen ausgestopften Pelikan und einen Kranich mit einem Frosch im Schnabel, auch einen Waschbär auf einem Holzstamm, und einen Megalops Atlanticus. Ein leiser Hauch von Jodoform durchzieht die Luft.
    Der Doktor machte eigenhändig den Kaffee in einer französischen Maschine, und wir verjagten die Haushälterin aus unseren Gemütern. Er hat sich wirklich Mühe gegeben, ein sorgsamer Gastgeber zu sein, und ich kann berichten, daß das Wort „Irrsinn“ nicht ein einziges Mal erwähnt wurde. Offenbar ist Sandy in seinen Erholungszeiten ein Fischer; er und Percy fingen an, Geschichten über Lachse und Forellen auszutauschen, und schließlich holte er sein Etui mit

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