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Lieber Feind

Lieber Feind

Titel: Lieber Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Webster
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sich in meine Arme.
    „Lassen Sie ihn nicht! Bitte! Bitte! Schicken Sie ihn fort!“
    „Nehmen Sie sie alle!“ bat ich.
    Aber er ist ein harter Mann.
    „Ich bin nicht gekommen, um eine ganze Anstalt zu holen“, sagte er kurz.
    Inzwischen schluchzte Don auf der anderen Seite. Und wer kam nun ins Durcheinander? — Dr. MacRae mit der kleinen Allegra auf dem Arm!
    Ich stellte vor und erklärte. Mr. Bretland griff nach dem Kind. Sandy hielt es fest.
    „Ganz unmöglich“, sagte Sandy kurz. „Miß McBride wird Ihnen erklären, daß es ein Gesetz dieser Anstalt ist, Familien nie zu trennen.“
    „Miß McBride hat schon entschieden“, sagte J. F. B. steif. „Wir haben die Frage ausführlich durchgesprochen.“
    „Sie müssen sich irren“, sagte Sandy und wurde so schottisch, wie er nur sein kann. Und an mich gewandt: „Sie hatten gewiß nicht die Absicht, eine solche Grausamkeit zu begehen?“
    Und damit fing Salomons Entscheidung wieder von vorne an, wobei die beiden eigensinnigsten Männer, die der hebe Gott je geschaffen hat, die kleine Allegra Glied für Glied auseinander rissen.
    Ich sandte die drei Kücken ins Kinderzimmer und kehrte in den Kampf zurück. Wir haben laut und heiß gestritten, bis schließlich J. F. B. die Frage vorbrachte, die mir in den letzten fünf Monaten so oft gekommen war: „Wer ist eigentlich der Leiter dieser Anstalt, die Vorsteherin oder der konsultierende Arzt?“
    Ich war wütend auf den Doktor, weil er mich vor dem Mann in eine solche Lage versetzt hatte, aber ich konnte mich öffentlich nicht mit ihm zanken. Deshalb mußte ich schließlich Mr. Bretland glatt und endgültig erklären, daß Allegra nicht in Frage komme. Ob er sich nicht die Sophie noch einmal überlegen werde?
    Nein, er werde verdammt sein, wenn er Sophie in Betracht ziehen werde. Allegra oder niemand. Wie ich hoffentlich einsähe, sei es pure Schwäche von mir, zu erlauben, daß die ganze Zukunft des Kindes ruiniert werde. Und mit diesem letzten Schuß ging er rückwärts zur Tür. „Miß MacRae, Dr. McBride.“ Er machte zwei formelle Verbeugungen und entschwand.
    Kaum war die Türe zu, da gerieten Sandy und ich aneinander. Er sagte: Jeder Mensch, der Anspruch darauf erhebe, moderne, menschliche Ansichten über das Thema Kindererziehung zu haben, sollte sich schämen, auch nur eine Sekunde daran gedacht zu haben, eine solche Familie auseinanderzureißen. Ich beschuldigte ihn, sie ganz einfach aus egoistischen Gründen behalten zu wollen, weil er sie gern habe und nicht zu verlieren wünsche (und das ist, wie ich glaube, die Wahrheit). Oh, wir hatten die Schlacht unseres Lebens, und schließlich zog er mit einer Steifheit und Höflichkeit ab, die diejenige von J. F. B. noch übertraf.
    Zwischen den beiden komme ich mir so schlapp vor, als sei ich durch eine neue Wäschemangel gedreht worden. Und dann kam auch noch Betsy nach Hause und beschimpfte mich, weil ich die ausgesuchteste Familie, die wir je entdeckt hatten, verschleudert habe! Das ist also das Ende einer Woche fieberhafter Tätigkeit; und sowohl Sophie wie Allegra sollen nun doch Anstaltskinder bleiben. Ach, meine Liebe! Bitte schicke Sandy weg und sende mir dafür einen Deutschen, einen Franzosen, wenn Du willst einen Chinesen--alles, nur keinen Schotten.
    Deine erschöpfte
    Sallie.

    PS. Ich kann mir vorstellen, daß auch Sandy seinen Abend mit geschäftigem Schreiben verbringt, um ebenso meine Entfernung zu bewirken. Ich habe nichts dagegen, wenn Ihr das wünscht. Ich habe Anstalten satt.

    Lieber Gordon!
    Du bist ein kritteliger, streitlustiger, schmäh-süchtiger, verbitterter, zänkischer, rechthaberischer Kerl. Hoi, Mann! Warum sollte ich nicht ins Schottische verfallen, wenn ich lustig bin? Und erst recht mit meinem Mac im Namen.
    Natürlich ist das John-Grier-Heim entzückt, Dich am Donnerstag zu begrüßen, nicht nur wegen des Esels, sondern auch um Deiner süßen sonnigen Gegenwart willen. Ich hatte die Absicht, Dir einen meilenlangen Brief zu schreiben, um begangene Fehler aufzuholen. Aber was nutzt das? Ich werde
    Dich am Morgen des Morgen sehen, und Dein Anblick wird für meine schmerzenden Augen eine Lust sein.
    Ärgere Dich nicht, Bursche, über meine Sprache. Meine Vorfahren stammen aus dem Hochland.
    McBride.

    Liebe Judy!
    Im John-Grier steht alles gut, abgesehen von einem gebrochenen Zahn, einem verstauchten Handgelenk, einem bös angehauenen Knie und einem Fall von ansteckender Augenentzündung. Betsy und ich sind zum Doktor

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