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Lieber Frühling komm doch bald

Lieber Frühling komm doch bald

Titel: Lieber Frühling komm doch bald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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gestand er: «Ich hab vergessen, sie anzurufen.»
    «Jocelyn, du Dummkopf. Dann hat also Miss Thompson das Haus wieder verlassen?»
    «Nein. Sie sind beide da.»
    Abermals Schweigen. Endlich fragte sie: «Und welche von meinen Aufgaben hat die kleine Wendy übernommen?»
    «Trost und Ermunterung deiner Kinder.»
    «Nicht meines Mannes?»
    «Nein.»
    «Also wirklich, Lieber! Ich bin kaum aus dem Haus, da treten schon zwei an, die für dich um die Wette rennen. Nicht zu glauben. Und was machen die Kinder?»
    «Es geht ihnen gut. Gaylord macht sich Sorgen, weil Schultz mal wieder weggelaufen ist. Ach ja, und er hat heftig dagegen protestiert, daß die schreckliche Elspeth sich bei Tisch an deinen Platz gesetzt hat.»
    «Mein kleiner Junge! Recht hat er.»
    «Und dann geschah etwas Erstaunliches. Ihr Bruder zwang sie aufzustehen und mit ihm die Plätze zu tauschen. Er ist im Grunde kein schlechter Kerl.» Ihm fiel wieder etwas ein. «Und wie geht’s dir, May?»
    «Frustriert. Schlecht gelaunt. Eifersüchtig.» Sie trommelte plötzlich mit den Fäusten auf die Bettdecke. «Ich will hier raus!»
    «Haben sie irgendwas gesagt, wann-»
    «Nein. Da drüben ist die Schwester. Frag du sie doch mal.»
    Es gab mehrere Arten von Bürgern, die Jocelyn Angst einflößten. Krankenschwestern standen ganz oben auf der Liste. «Guten Tag, Schwester. Können Sie mir sagen, wie lange meine Frau noch -»
    «Das hängt ganz von den Befunden ab, Mr. Pentecost.»
    «Ich verstehe. Und - Sie haben noch keine Befunde?»
    «Nein, wir haben noch gar nicht die nötigen Untersuchungen gemacht.»
    «Aber — aber meine Frau ist doch schon seit Samstag hier.»
    Sie sah ihn kühl und mit großen Augen an. «Sie haben doch sicher auch die Fünftagewoche, Mr. Pentecost, nicht wahr?»
    «Nein, keineswegs», sagte er gereizt. «Als Schriftsteller arbeite ich sieben Tage in der Woche.»
    «Wenn Sie das Arbeit nennen», sagte ihr Blick. Aber sie sprach es nicht aus. Zornig kam er zu May zurück. «Die hauen hier alle ab am Wochenende. Anscheinend sind die Ärzte noch nicht zurück.»
    «Ach, du liebe Zeit. Meinst du, es würde helfen, wenn du mal zur Stationsschwester gingest?»
    «Glaube ich nicht», meinte er. «Ich bin wohl nicht der Typ dafür.»
    Sie lachte. Es war das vertraute fröhliche Lachen. «Ach, Jocelyn, du bist so süß.»
    Danach schwiegen sie beide. Ihnen war nicht mehr nach Lachen zumute, und der Abschied fiel ihnen schwer. Sie waren es gewohnt, beieinander zu sein.
     
    «Erzähl mir von deiner Mutter», bat Wendy. Julia hockte vor ihr und hatte die Arme auf Wendys Knie gelegt. Sie blickte zu Boden und auf den Teppich.
    «Sie war so hübsch», sagte sie leise.
    «Hast du sie einmal tanzen sehen?»
    «Nein. Aber einmal, eines Abends - ich durfte immer noch lesen im Bett -, eines Abends kam sie zu mir herein, als ich noch las, und da -» Die dunklen Augen blickten zu Wendy auf.
    «Und da -?»
    «Da hatte sie ihr Ballettkostüm an. Ihr Gesicht war geschminkt und das Haar zurückgekämmt. Oh, sie war so schön!» Die Kinderhand schloß sich fest um Wendys Knie. «Ich glaube, schöner noch als eine Märchenfee.»
    «Und was tat sie dann?»
    «Sie stand bloß da und hat mich angesehen und gelächelt. Und sie hatte Diamanten im Haar, die blitzten im Kerzenlicht.»
    Wendy war seltsam bewegt. Sie sah es alles deutlich vor sich: das Kinderzimmer, die Liebe und das Staunen in den Augen des kleinen Mädchens, die junge Frau, die - getrieben von irgendeinem Hunger oder Verlangen, oder irgendeiner Sehnsucht - einen Glanz, der schon der Vergangenheit angehörte, noch einmal aufleben lassen wollte.
    «Und das war in Kincardineshire?»
    «Ja.»
    «Und was geschah dann?»
    «Sie hat gesagt: Oh, ich wollte aus dem Bett springen und sie umarmen und ihr einen Kuß geben. Aber sie war so - so komisch. Ich hatte ein bißchen Angst.»
    «Und deshalb hast du’s gelassen?»
    «Nein. Tante Elspeth ist reingekommen, und dann hat meine Mutter angefangen zu weinen.»
    «Wieso?» fragte Wendy Thompson. «Wieso? Was hat sie gemacht, daß deine Mutter plötzlich weinen mußte?»
    Julia sah sie ratlos an. «Ich weiß es nicht. Aber ich denke immerzu: Wenn ich ihr bloß einen Kuß gegeben hätte!» Sie blickte traurig vor sich hin. Dann sagte sie: «Sie ist bald danach gestorben.»
     
    «Schultz!» rief Gaylord immer wieder. «Schultz-Schultz! Wo bist du?»
    Kein frohes Gebell antwortete ihm.

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