Lieber Frühling komm doch bald
Gummistiefel einen respektablen Entrechat. «Wir machen einen Pas de deux.»
«Was ist denn das?» fragte Gaylord mürrisch.
«Ein Tanz. Sieh mal, so.» Sie faßte ihn bei den Händen. «Ich stehe so, und du -»
Gaylord war beleidigt. Jungen tanzten nicht. Die Arme verschränkt, blieb erstehen. Keinen Fuß, keinen Finger rührte er. Aber genau in diesem Augenblick kam ihm ein so aufregender Gedanke, so daß er die kranke Mummi und sogar Schultz vergaß. Und dieser Einfall hatte etwas damit zu tun, daß er Miss Thompson und Mr. Mackintosh so dicht nebeneinander stehen sah, die Köpfe unter der Motorhaube.
«Haben Sie das gesehen, Mr. Mackintosh? Den Entrechat, den Julia eben sprang? Die geborene Ballettänzerin!»
«Den Schraubenzieher», sagte Mr. Mackintosh ungeduldig. «Jetzt die Flachzange... Welchen Entrechat?»
«Gerade eben. Die meisten Kinder hätten einen Luftsprung gemacht. Aber Julia hat es eben einfach im Blut, Mr. Mackintosh.» Er richtete sich auf. «Noch mal anlassen, bitte.»
Sie schob sich auf den Fahrersitz und drehte den Zündschlüssel. Jetzt klang das Geräusch schon etwas lebendiger. «Gut so?» fragte sie.
«Ja, danke.»
Sie stellte sich wieder neben ihn. «Die Figur dazu hat sie auch: die langen Beine, den festen Körper - und die stolze Kopfhaltung.»
«Sehen Sie mal nach, ob Sie den kleinen Schwamm finden. Ich hab ihn hier irgendwo fallen lassen.»
Sie fand ihn. «Und genau das richtige Temperament. Ich weiß, sie wirkt schüchtern, aber sie setzt sich durch, und darauf kommt es an beim Ballett.»
«Ich bin noch nie einer Frau begegnet, die mich so irritiert wie Sie, Miss Thompson.»
«Ja, ich weiß», sagte sie freimütig. «Aber so bin ich nur, wenn ich mir was in den Kopf gesetzt habe.»
«Dann sehen Sie zu, daß Sie es vergessen.»
«Das kann ich nicht.» Sie holte tief Luft und sagte: «Ich weiß, Sie wollen nichts davon wissen, Mr. Mackintosh. Aber - Ihre Frau hätte es gewünscht.»
Er richtete sich auf und starrte sie aus tief verschatteten Augenhöhlen an. «Lassen Sie meine Frau aus dem Spiel», sagte er böse. Dann sagte er ruhig: «Woher wollen Sie das eigentlich wissen?»
«Von Julia.» Mutig berichtete sie ihm, was Julia ihr von ihrer Mutter erzählt hatte. Als er schwieg, sagte sie: «Ich glaube, im Grunde hat es mehr mit Ihrer Schwester als mit Ihnen selbst zu tun, daß Sie so gegen —»
«Was fällt Ihnen ein?» Es klang bitterböse.
«Ich weiß, ich habe etwas gesagt, was ich nicht hätte sagen sollen. Aber ich hab’s für Julia getan.»
«Julia ist meine Tochter», sagte er. «So — bitte starten Sie noch mal.»
Sie ließ den Motor an. Jetzt lief er einwandfrei: «Ich beule noch den Kotflügel aus», sagte er, «damit Sie mit dem Wagen überhaupt fahren können. Das Spritzen muß die Werkstatt machen.»
«Ja, natürlich.»
Er klopfte und hämmerte. Eine Unterhaltung war dabei nicht möglich. «Das wär’s», sagte er schließlich kühl. «Wenn Sie den Wagen bitte gleich morgen früh woanders abstellen würden...»
«Vielen Dank», sagte sie. «Das war wirklich sehr freundlich von Ihnen.»
Er streifte seine Jacke über. Beide waren jetzt froh, ihrer Wege gehen zu können: sie, weil sie wußte, sie hatte reichlich genug, vielleicht schon zuviel gesagt, er, weil er spürte, daß es dieser Frau fast gelang, seine Überlegungen und Grundsätze ins Wanken zu bringen.
«Wo sind denn eigentlich die Kinder?» fragte sie.
«Wahrscheinlich sind sie rausgegangen, als ich hier hämmerte. Machen Sie mal die Tür auf, dann ziehe ich das Kabel von der Lampe aus der Steckdose.»
Sie trat an die Tür und hob den Riegel. Die Tür ließ sich nicht öffnen.
Niemand bat Duncan Mackintosh gern um Hilfe. Sie rüttelte mit all ihrer Kraft an der Tür. Nichts.
«Nur zu! Fester!» rief er.
«Ich kriege sie nicht auf.»
«Lassen Sie mich mal ran.» Er kam herüber, stieß, rüttelte, rüttelte noch einmal. «Abgeschlossen», sagte er erstaunt.
«Vielleicht haben sie’s aus Spaß getan», sagte Wendy Thompson. «Gaylord!» rief sie. «Schließ die Tür wieder auf! Schließ sofort auf, hörst du!» Sie fühlte, wie wachsendes Unbehagen sie überkam. Es war ihr unangenehm, hier eingeschlossen zu sein - mit dem Mann, den sie so erzürnt hatte.
«Schöner Spaß!» murmelteer, und ein Unterton von Verachtung schwang in seiner Stimme mit. Er holte die Lampe und beleuchtete damit das Schlüsselloch.
«Steckt der Schlüssel von draußen?» fragte Wendy.
«Nein.»
Wenn
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