Lieber Frühling komm doch bald
und kämpfte sich durch einen Urwald von hellgrauen Hosenbeinen, bis er Miss Thompson gefunden hatte. «Miss Thompson! Miss Thompson! Die Ziege... ich meine, Miss Mackintosh hat zu Mr. Mackintosh gesagt, daß sie ihr Bündel schnürt. Heißt das, daß sie abreist?»
«Ja, das klingt ganz danach.»
«Ohhh!» sagte Gaylord. «Dann müssen Sie aber Mr. Mackintosh heiraten. Sonst ist doch niemand für Julia da!»
«Mach dir keine Sorgen», sagte Miss Thompson. «Das wird sich alles finden. Aber Mr. Mackintosh ist nicht der richtige Mann für mich.»
Doch ehe Gaylord noch weitere interessante Fragen zu diesem Thema stellen konnte, drängten alle zur Tür, und Miss Thompson nahm ihn bei der Hand und rief aufgeregt: «Komm schnell, sie fahren ab.» Sie traten vor das Hotel. Alle Erwachsenen benahmen sich wie die Kinder. Sie lachten und alberten und warfen mit Konfetti. Seine Mummi gab auch ihm eine Handvoll Konfetti, aber er hielt sich lieber im Hintergrund - sonst fingen sie womöglich wieder mit der Küsserei an. Endlich setzte sich das große Auto, das Onkel Edouard und Tante Dorothea zum Flugplatz bringen sollte, in Bewegung.
Miss Thompson sagte sich, daß es auch für sie nun an der Zeit war zu gehen. Sie gehörte nicht zur Familie und wollte nicht zu lange bleiben. Doch gerade als sie daran dachte, wie einsam ihr nach diesem turbulenten Tag ihr Häuschen Vorkommen würde, schob sich eine Hand unter ihren Arm, und May sagte: «Kommen Sie doch noch mit zu uns nach Hause, Miss Thompson. Sie trinken jetzt sicher auch gern eine Tasse Tee nach all dem Trubel.»
«Vielen Dank, Mrs. Pentecost, aber das geht doch nicht. Jetzt ist sicher die Familie unter sich... und da...»
«Wieso? Als Gaylords Zukünftige gehören Sie doch zur Familie, finden Sie nicht? Kommen Sie. Sind Sie mit Ihrem Wagen hier, oder können wir Sie mitnehmen?»
21
Es war ein stiller, friedlicher Aprilabend. Edouard und Dorothea saßen Hand in Hand im Flugzeug. Sie ließen die untergehende Sonne hinter sich und flogen über das Meer, dem waldigen Tal entgegen, wo Edouards Haus stand.
Jocelyn Pentecost hatte sich eine bequeme Hose und einen warmen Pullover angezogen und saß mit seiner Frau und seinem Vater im Garten. Er trank ein Gläschen Wein und schaute dem Sonnenuntergang zu. Es war ein schöner Tag gewesen, ein froher Tag. Zufrieden lächelte Jocelyn Pentecost seiner Frau zu.
May hatte den ganzen Tag, bei der Trauung und auch noch beim Hochzeitsessen, das Gefühl gehabt, daß neues Unheil nahte. Aber es war nichts geschehen. Sie waren nach Hause gekommen und hatten alles unversehrt und ruhig und friedlich vorgefunden. Und die Angst, die ihr den Tag verdorben hatte, war verflogen.
John Pentecost trank einen kräftigen Schluck von seinem Brandy. Er war sehr zufrieden mit sich. Nicht jeder hätte soviel Großmut besessen, seine Schwester einem Ausländer zur Frau zu geben, einem Frosch! Gott sei Dank war er frei von dummen Vorurteilen. Wenn Dorothea den Mann wollte, sollte sie ihn haben.
«O Kaledonien, herb und wild!» murmelte Elspeth Mackintosh vor sich hin, als sich zu beiden Seiten der Bahnstrecke Hügel wellten, mit denen sich die großartige Landschaft Schottlands ankündigte. Trotzdem war Elspeth Mackintosh mißgestimmt - sie hatte nie damit gerechnet, daß Duncan sie gehen lassen würde. Aber er hatte kein Wort mehr dazu gesagt. Und ihr Zorn bohrte in ihr.
Gar nicht zufrieden war an diesem Aprilabend Derek Bates. Schlecht gelaunt hing er im Hause herum. Dann fuhr er mit seinem Motorrad los. Allein. Seine Freunde waren mit ein paar Mädchen unterwegs und hatten für ihn heute keine Zeit. Ziellos fuhr er die Landstraße entlang, donnerte in gefährlichem Tempo durchs Dorf und jagte dann weiter auf der Straße am Fluß. In der Nähe des Hofes von John Pentecost stellte er sein Motorrad in einen flachen Graben und schlich um die Ställe und Scheunen herum. Er wollte etwas anstellen, irgend etwas...
Wendy Thompson war mehr als zufrieden. Sie war glücklich. Kinder waren ihre Welt: sie hatte Freude an ihren Gedankenflügen, ihren ernsthaften logischen Versuchen, sie liebte ihre kleinen frischen Gesichter, sie bewunderte ihre kühnen Pläne und Hoffnungen. Und heute abend hatte sie die beiden Kinder um sich, die ihr die liebsten waren. Gaylord und Julia machten ein Picknick mit ihr— Gaylord, der sie heiraten wollte, und Julia, die nun zur Ballettschule durfte.
«Mummi, können wir ein Picknick machen, Julia und ich?»
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