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Lieber Matz, Dein Papa hat ne Meise

Lieber Matz, Dein Papa hat ne Meise

Titel: Lieber Matz, Dein Papa hat ne Meise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Schloesser
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hysterisches, gehässiges Gelächter aus und falle ihr in die Begrüßung.
    »Das ist ja wohl ein Witz! Sie wollen beurteilen, ob ich verrückt bin? Denn das ist ja wohl der Sinn der Veranstaltung hier. Niemals. Sie sind ja selbst verrückt. Sie tragen Blau, also sind Sie gar keine Ärztin, und außerdem steht auf Ihrem selbstgemalten Namensschild: Tamara Karambula! Hahaha!«
    Ich drehe durch. Tamara Karambula. Die Polizisten beschwichtigen mich. Ich solle mich beruhigen: »Das ist gemein, Herr Schlösser.«
    Nein. Gemein ist das hier. Ich will mich nicht beruhigen, solange kein Profi zu meiner Beurteilung erscheint. So weit kommt es noch, dass ich mich von einem Amateur ins Wolkenkuckucksheim einweisen lasse!
    Tamara Karambula tritt kopfschüttelnd und in Begleitung des Polizisten ab.
    Wieder dauert es unendlich lange. Aus den Zimmern dringen laute Schreie. Wird da jemand ans Kreuz genagelt?
    »Wenn der nicht gleich aufhört zu brüllen, bring ich ihn um. Ehrlich.«
    »Nein, Herr Schlösser. Ganz ruhig.«
    Ich meine das vollkommen ernst. Hier wird man verrückt, bei dem ganzen Zirkus, den die hier abziehen! Da kann man noch so gesund sein. Ich komme mir vor wie in einem Horrorfilm. Die Schreie hören einfach nicht auf.
    Nach einer Weile habe ich eine Erscheinung. Von ganz hinten, vom anderen Ende des Flures, sehe ich einen kleinen, weißen Kittel auf mich zufliegen. In ihm steckt ein geschlechtsloses Wesen, das abrupt vor mir abbremst. Aus der Nähe erkenne ich, dass die Erscheinung eine Frau ist und endlich der Profi, auf den ich seit gefühlten Stunden warte. Die Leiterin der psychiatrischen Notaufnahme fragt die wichtigsten Eckdaten ab. Was ist passiert? Warum sind Sie hier? Wie viel haben Sie in der letzten Zeit geschlafen?
    Ich erzähle ihr, dass ich leider momentan unabkömmlich sei, verspreche ihr aber, bei Nichtgefallen der Aufführung freiwillig zum Schlafen zu ihr zu kommen. Ich muss ausschlafen. Mich erholen. Ja. Das möchte ich wohl tun. Wenn es gut läuft, wovon ich ausgehe, dann bringt mich mein Onkel nach Berlin-Schmargendorf, wo Irene wohnt. Das ist eine ganz alte Freundin der Familie und Hans-Peters beste Freundin. Sie hat ein riesiges Haus, und er wohnt immer bei ihr, wenn er mal in Berlin ist.
    Ich darf gehen.
    Die Polizisten sind so nett und fahren mich ins Theater. Wird auch Zeit. Es ist schon halb sieben, um neun soll es losgehen. Und nichts ist gemacht. Kistner ist schon da. Mein Vater auch. Sie versuchen, mich zu beruhigen. Tatsächlich regen sie mich immer mehr auf. Ständig stehen sie mir im Weg herum. Wie soll ich das alles denn noch schaffen, wenn sie dauernd auf mich einreden? Ich reagiere immer heftiger auf ihre Worte. »Haut ab, oder macht euch nützlich. Ich muss noch putzen. Das seht ihr doch. Und ihr habt nichts Besseres zu tun, als hier auch noch die Aschenbecher vollzuqualmen!« Ich lasse sie stehen und mache mich auf den Weg zu den Toiletten. Sie erinnern mich an Bahnhofsklos und sind einfach erbärmlich. So etwas darf nicht sein. Ich ertrage keine Form von Schmutz, von Hässlichkeit oder abgestorbener Materie. Das Grauen. Ein Eimer, ich brauche unbedingt einen Eimer Wasser. Zum Glück habe ich eine Flasche irrsinnig teurer Sonnencreme zum Sprühen in meiner Tasche. Die habe ich von Ada. Sie hat als Maskenbildnerin einfach die tollsten Cremes. Jedenfalls bin ich verrückt nach dem Duft und gebe einen kräftigen Spritzer zum Wischwasser dazu. Wird doch langsam. Im Damenklo stelle ich Seifen und Cremes auf, die ich für diesen Zweck extra aus der Präsidentensuite entwendet habe. Ich will diesen vernachlässigten, abscheulichen Ort für einen Abend zu einer Oase der Schönheit und des Trostes machen. Meines Trostes. Das habe ich mir verdient.
    Langsam treffen die Leute ein. Ich habe sehr viele Menschen eingeladen. Freunde, Bekannte aus dem Theater, Leute, denen ich während der letzten drei Wochen in Berlin begegnet bin. Die ankommenden Gäste reagieren sehr unterschiedlich auf mein Kostüm und mein eifriges Putzen. Meine Familie hat aufgegeben. Komm, lassen wir ihn in Ruhe, bis es anfängt.
    Nun muss ich nur noch den orangen Mülleimer in die Toilette schleppen, um ihn auszuwaschen. Mist. Da kann ich gleich noch mal wischen. Zwischendurch begrüße ich den einen oder anderen. Ein Gespräch ist nicht möglich. Die Profis erkennen das auch gleich. Ich muss weiter, die Bühne inspizieren.
    Die Schauspieler treffen ein, und ich verwechsle ihre Irritation über meine Putzaktion mit

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