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Lieber Onkel Ömer

Titel: Lieber Onkel Ömer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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endlich schlafen!« Tu Du auch was für Deine Gesundheit, lieber Onkel, gute Nacht!

Internationaler Frauentag
    Mein lieber Onkel Ömer,
     
    wie geht es Dir, und wie geht es meiner lieben Tante Ülkü? Wie geht’s der hübschen Kuh Pembe, wie geht’s der schwarz gepunkteten
     Ziege Fatima, wie geht’s Deinem störrischen Esel Tarzan, und wie geht’s unserem guten alten Dorfvorsteher Hüsnü?
     
    Lieber Onkel Ömer, vor zehn Tagen war hier in Alamanya wieder ein völlig unnötiger Tag: der Internationale Frauentag! Du weißt
     sicherlich nicht, wofür das gut sein soll. Sei froh darüber! Ich kann es Dir auch nicht genau erklären, ich weiß es nämlich
     selber nicht.
    Wofür brauchen die Frauen eigentlich noch so einen bescheuerten Tag, an dem sie wieder nichts tun müssen?! Die Frauen mit
     Kindern haben doch schon jedes Jahr im Mai den Muttertag. Wenn der Internationale Frauentag aber für die Frauen ohne Kinder
     sein soll, dann sollte man ihn auch so nennen: Internationaler Frauentag der kinderlosen Mütter! Aber stattdessen schenkt
     man den Frauen mit Kindern so ungerechterweise zwei volle Tage zum Faulenzen. Sogar drei Tage, da kommt ja noch dieser grässliche
     Valentinstag dazu.
    Meine Frau Eminanim feiert sogar vier solche Tage, weil sie ja auch noch einen Geburtstag hat. Aber das hindert |63| die zweitgrößte Nervensäge des Mittleren Orients natürlich nicht daran, verwöhnt wie sie nun mal ist, auch am Frauentag etwas
     Unverschämtes von mir zu verlangen. Zum Beispiel soll ich ihr das Frühstück ans Bett bringen!
     
    Lieber Onkel Ömer, da der Frauentag am 8. März in diesem Jahr auf einen Samstag fiel, habe ich einen Tag vorher Hatice zu
     meiner Schwiegermutter gebracht und meiner Frau Eminanim am Freitagabend gesagt:
    »Eminanim, heute Nacht schlafen wir uns mal richtig aus, und wer morgen zuerst aufwacht, der soll das Frühstück machen.«
    Dieser liebevoll geflüsterte Satz war für unser Eheleben gleichzusetzen mit der kommunistischen Oktoberrevolution in Russland,
     die das ganze Land und somit die gesamte Welt für siebzig Jahre ins Chaos stürzte. Oh, hätte ich doch bloß niemals diese Lawine
     losgetreten.
    Die von mir in Aussicht gestellte Möglichkeit, dass ich unter Umständen, wenn ich in der Lage wäre, früh genug aufzustehen,
     Frühstück vorbereiten würde, sollte doch eigentlich am Internationalen Frauentag Geschenk genug sein für jede halbwegs vernünftige
     Ehefrau!
    Aber weit gefehlt! Nicht für Eminanim!
    Dabei wollte ich doch auch mal ein bisschen modern sein und einen Hauch von Zeitgeist in unser langweiliges Eheleben bringen.
     Aber man muss ja nicht alles wörtlich nehmen. Ich war mir absolut sicher, dass meine Frau – wie immer in den letzten dreißig
     Jahren – vor mir aufsteht und unser Frühstück vorbereitet.
     
    |64| Es war schon 10:27 Uhr! Die zweitgrößte Nervensäge des Mittleren Orients machte ihrem Namen alle Ehre, denn sie sägte seit
     dem Morgen erbarmungslos an meinen Nerven.
    Bei Allah, wieso stand sie nicht auf? Wollte sie mich etwa verhungern lassen? Mich? Ihren geliebten Ehemann! Den Mann, auf
     den sie zwei Jahre lang gewartet hat, als er beim Militär war. Den Mann, der ihr dabei behilflich war, gleich fünf intelligente
     Kinder auf die Welt zu bringen.
     
    Lieber Onkel Ömer, wir hatten bereits 11:45 Uhr, und sie lag immer noch im Bett!
    Was hatte diese Frau denn bloß gegen mich? Was? Was hatte ich ihr denn so Böses getan? Warum durfte ich nicht auch mal wie
     ein moderner Mann reden, ohne gleich dafür bestraft zu werden? Welches scheußliche Verbrechen hatte ich begangen?
    Aber im Nachhinein würde ich sagen, ich war selbst schuld. Warum konnte ich nicht den Mund halten? Warum musste gerade ich
     den modernen Ehemann spielen?
     
    Mittlerweile hatten wir 13:24 Uhr, und meine Frau lag immer noch neben mir im Bett. Ich schielte zu ihr, ob sie wirklich immer
     noch schlief oder nur so tat. Ich konnte sie ja nicht wecken. Das würde bedeuten, ich wäre früher wach gewesen als sie und
     müsste ihr das Frühstück machen.
    Ich schrie ganz laut auf, so als ob ich Albträume hätte. Aber Eminanim bewegte sich keinen Millimeter.
     
    Lieber Onkel Ömer, jedes Jahr zerbricht sich doch ganz Hollywud den Kopf, wem sie den Oscar geben sollen:
    |65| »Läydies änd Dschentelmän, the winner is: Eminanim Engin.«
     
    Es war mittlerweile 14:37 Uhr, ich hatte einen riesigen Kohldampf, und die schamlose Person lag immer noch im Bett. In der
    

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