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Lieber Onkel Ömer

Titel: Lieber Onkel Ömer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Stürmer oder das Mittelfeld oder die Abwehr, und der Penner von
     Torwart sollte endlich auch mal was Unhaltbares halten; was der hält, könnte doch jede Oma am Krückstock mit dem Hintern stoppen.
    Ob die neue Freundin des Mittelstürmers hübsch genug ist für unseren Nationalspieler oder ob er doch wieder mit der alten
     Schauspielerin ausgehen sollte. Ob seine Ladehemmung damit zusammenhängt, dass er sich in letzter |174| Zeit mehr mit den Silikonbällen der Models im Bett beschäftigt hat als mit den Lederbällen auf dem Fußballplatz.
    Ob man als guter Fän grundsätzlich die Mannschaftsbusse von allen gegnerischen Vereinen mit Steinen bewerfen sollte oder färerweise
     nur die, gegen die man um die Meisterschaft kämpft. Ob man alle Zuschauer des Gegners verprügeln sollte oder doch nur die
     durchgeknallten Huuligäns. Und was ist mit den eigenen Huuligäns? Soll man sie auch verprügeln oder ihnen entgegenkommen?
     
    Apropos Entgegenkommen: In Deutschland funktioniert das mittlerweile sehr gut. Also nicht mit den Huuligäns, aber mit anderen
     Dingen, zum Beispiel mit den Ausländern. Die Deutschen haben endlich eingesehen, dass das mit der Annäherung keine Einbahnstraße
     ist und dass sie uns auch entgegenkommen müssen. Und es klappt wirklich prima.
    Es gibt keine Amtsstube mehr in Alamanya, wo man ohne Schmiergeld weiterkommt. In allen Firmen herrschen orientalische Verhältnisse,
     wie z.B. bei Siemens oder VW.
    Vor vierzig Jahren, als wir herkamen, haben sich die Deutschen bei der Begrüßung nicht mal die Hand gegeben, jetzt küssen
     sie sich hemmungslos und laut schmatzend mit viel Spucke auf beide Wangen, so wie wir. Damals saßen die Leute hier im Sommer
     selbst bei 35 Grad in den Cafés bei fest verschlossenen Fenstern und Türen drinnen. Heute sind alle Bürgersteige mit Tischen
     und Stühlen vollgestopft wie in der Türkei.
    Und am meisten kommen die Deutschen uns in Sachen Fußball entgegen: 1974 sagten sie nicht mal: »Hurra, Deutschland ist Weltmeister.«
     Stattdessen murmelten sie |175| verschämt: »Die BRD hat irgendein Turnier gewonnen.« Niemand hat damals daran gedacht, fröhlich auf die Straße zu gehen, schon
     gar nicht mit einer Deutschlandflagge in der Hand. Heute veranstalten sie die ganze Nacht Hupkonzerte mit langen Autokonvois,
     selbst nach einem 2:1-Sieg gegen Malta. Wie weit sollen sich diese armen Menschen uns denn noch anpassen, frage ich Dich?
    Aber Schlechtmacher gibt es natürlich überall, selbst in meiner Familie, wie Nermin oder Roland Koch. Roland Koch ist zum
     Glück nicht in meiner Familie. Aber meine feministische Tochter Nermin meckert ständig:
    »Hoffentlich geht das mit der Annäherung der Deutschen an die fremden Kulturen nicht so weit, dass sie auch Zwangsheiraten
     und Ehrenmorde übernehmen!«
    Aber wie gesagt, es beruht alles auf Gegenseitigkeit: Die Deutschen essen inzwischen mehr Knoblauch, wir essen dafür mehr
     Sauerkraut.Döner mit Sauerkraut,stell Dir diesen Fraß mal vor! Es gibt auch Bio-Döner und vegetarischen Döner! Bio-Döner nennt
     man das Zeug,wenn die Zwiebeln darin aus dem eigenen Garten sind. Vegetarischer Döner ist ein Döner ohne Döner drin. Also
     trockenes Fladenbrot mit langweiligem Sauerkraut und etwas Joghurt. Warum das ungenießbare Zeug dann immer noch Döner heißt?
     Frag mich nicht! Wahrscheinlich, weil es von schnurrbärtigen Männern verkauft wird. Das ist ja wie ein Motorrad ohne Motor
     oder Fußball ohne Ball! Aber solcher Schwachsinn verbindet einen eben letztlich miteinander. Man passt sich halt an. Auch
     beim Fußball. Aus diesem Grunde beschäftigen wir »Deutschlinge« uns hier in Alamanya auch mittlerweile mehr mit dem eigentlichen
     Spiel auf dem grünen Rasen als mit den Spielchen unserer Fußballer im Bett.
     
    |176| Meine Kumpels und ich nehmen jedes Spiel immer auf DVD auf, um es später noch mehrere Male zu studieren, die kritischen Szenen
     aufmerksam und in Zeitlupe zu durchleuchten und das Ganze dann sorgfältig zu archivieren. Die überaus wichtigen Fußballspiele
     während einer Saison – aber welches Fußballspiel ist schon nicht überaus wichtig? – schauen wir uns aus Prinzip nur unter
     Männern an. Kein Mann will durch die Nörgelei der Ehefrau über die kaputte Waschmaschine oder die fehlenden Tomaten während
     eines Elfmeterschießens im Pokalfinale zum Frauenmörder werden.
    Deshalb ist jedes Jahr im August die Spannung in unserem türkischen Männercafé nicht zu

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