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Lieber Onkel Ömer

Titel: Lieber Onkel Ömer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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muss. Dieser Satz stammt natürlich von unserem
     O-Bein, Pierre Littbarski. Erinnert mich ein bisschen an den berühmten Möller-Spruch: ›Ich hatte vom Fiiling her ein gutes
     Gefühl‹, oder an den tollen Hans-Meyer-Satz: › Wir haben in der einen oder anderen Situation unsere Impotenz bewiesen!‹.«
    Lieber Onkel Ömer, wie Du auch einsehen wirst, musste ich an dieser Stelle natürlich sofort protestieren und mein Veto einlegen.
    »Mahmut, das sag ich dir aber gleich, dadurch kriegt dieser Wichtigtuer keinen Zusatzpunkt! Kein Mensch hat ihn nach den anderen
     beiden Sprüchen gefragt!«, brüllte ich in die Runde. Mein Veto wurde von den anderen natürlich auch gleich lautstark unterstützt.
     Mahmut beruhigte uns alle.
    »Osman, du brauchst deswegen nicht rumzuschreien, er hätte sowieso keine Zusatzpunkte gekriegt«, rief er und wandte sich wieder
     mir zu.
    »Hier kommt nun deine Frage, Osman. Für dich habe ich eine Religionsfrage ausgesucht. Wer sagte denn: › Wir werden unseren
     Sohn Bruuklyn in jedem Fall taufen lassen. Wir wissen aber noch nicht, in welcher Religion.‹?«
    »Wie war noch mal die Frage? Das ist nämlich nicht so einfach, ich bin schließlich Fußballer«, konterte ich mit |180| einem tollen Mehmet-Scholl-Spruch, um Mahmut milder zu stimmen.
    »Einspruch, niemand hat dich nach Mehmets Satz gefragt«, legte diesmal natürlich der Spielverderber Nedim sein Veto ein.
    »Einspruch stattgegeben«, sagte Mahmut und nahm das ganze Geschehen ins Protokoll auf. Die Prüfung schien langsam aus den
     Fugen zu geraten, ich versuchte, die Gemüter wieder zu beruhigen, und sagte versöhnlich:
    »Ja gut, das war selbstverständlich der Speisgörl-Beckhäm.«
    »Richtig, ein Punkt für Osman«, sagte Mahmut und lief zum Telefon. Gleich danach rief er:
    »Wessen Frau kreischt hier ins Telefon: › Wenn der Idiot nicht in zehn Minuten zu Hause ist, komme ich persönlich rüber und
     reiße ihm vor versammelter Mannschaft die Rübe ab‹?«
    »Das hört sich doch sehr nach Eminanim an. Das Abendbrot steht bestimmt auf dem Tisch. Ich muss leider weg«, sagte ich und
     hatte damit noch eine Frage richtig beantwortet, die spielte aber bei der Sitzordnung für die kommende Fußballsaison logischerweise
     keine Rolle. Ich wurde wegen Eminanims Anruf sogar disqualifiziert und muss nun während der ganzen Saison ganz hinten beim
     Pöbel sitzen.
     
    Lieber Onkel Ömer, als ich dann zu Hause war, hörte ich, wie meine Frau Eminanim in der Küche mit unserer kleinen Tochter
     Hatice redete.
    Obwohl ich einen Riesenhunger hatte und ziemlich verärgert war, dass ich wegen Eminanim für ein Jahr auf die unehrenhaften
     Plätze verwiesen wurde, lauschte ich sehr |181| interessiert. Was sie besprachen, war viel sensationeller als unsere Sitzplatzverteilung. Meine Frau versuchte höchst engagiert
     und ziemlich wissenschaftlich, aber dabei trotzdem sehr kindgerecht und einleuchtend, unserem Frechdachs die Abseitsfalle
     zu erklären. Das konnte doch nicht wahr sein!
    Du kannst Dir nicht vorstellen, wie ich mich darüber gefreut habe! Meine jahrzehntelangen Bemühungen, meiner Frau die Abseitsfalle
     beizubringen, hatten doch noch gefruchtet. Mein Leben ist also doch nicht umsonst! Es gibt tatsächlich etwas Positives, das
     ich geschafft habe, worauf ich später mit Stolz zurückblicken kann: Ich hatte meiner Frau Eminanim die Abseitsfalle beigebracht!
     Und sie gab ihr Wissen sogar freiwillig an unsere Kinder weiter!
    Natürlich hatte sie bei der Definition des »Passiven Abseits« noch erhebliche Probleme, aber damit kamen ja nicht mal unser
     Kaiser Franz oder der legendäre Kölner Trainer Hennes Weisweiler klar. Beckenbauer hatte zum Beispiel seinerzeit gesagt:
    »Abseits ist, wenn der Schiedsrichter pfeift!«
    Hennes Weisweiler schimpfte wie ’n Rohrspatz und brüllte:
    »Abseits ist, wenn dieses lange Arschloch zu spät abspielt«, und meinte damit seinen Mittelfeldregisseur, den technisch sehr
     starken Spielmacher der Gladbacher in den 70er-Jahren, Günter Netzer.
    Eminanim mühte sich redlich, aber Hatice machte nicht den Eindruck, als ob sie über diesen Fußballunterricht irgendwie froh
     wäre.
    »Mama, warum muss ich diesen Blödsinn lernen?«, jammerte |182| sie ziemlich genervt, da sie ja mit ihrem kindlichen Gemüt die ungeheure Wichtigkeit dieser Regeln für König Fußball noch
     nicht richtig erfassen konnte.
    Meine Frau versuchte trotzdem mit Engelsgeduld, es unserer kleinen Tochter begreiflich

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