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Lieber Onkel Ömer

Titel: Lieber Onkel Ömer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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zu machen. Sie sagte ganz lieb:
    »Hatice, mein Kind, schau mal, ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen einzigen Mann gesehen, der nicht fußballverrückt
     ist. Es ist nun mal so! Leider! Damit müssen wir Frauen wohl oder übel leben. Aber wenn du später mal mit so einem Mann auch
     nur eine halbwegs vernünftige Ehe führen willst, dann ist es ausgesprochen sinnvoll, wenigstens die grundlegendsten Fußballregeln
     zu kennen. Sonst hat man in einer Beziehung mit so einem Idioten überhaupt keine Gemeinsamkeiten. Du weißt, wir sind arm und
     können dir nichts mitgeben. Die Abseitsfalle ist die einzige Mitgift, die ich dir für deine spätere Ehe geben kann!«
     
    Wie Du siehst, wir legen auch in Alamanya sehr großen Wert auf die Erziehung. Wenn meine Frau und die Kinder sich so weiterbilden,
     werde ich in Zukunft die Fußballspiele möglicherweise sogar zu Hause anschauen können. Auch wenn ich mir normalerweise jedes
     Jahr im türkischen Männercafé mindestens in der ersten oder zweiten Reihe einen Platz erkämpfen kann, so sind doch ständig
     sehr viele blöde Laien da, die mit völlig unqualifizierten Bemerkungen unsere ganze Konzentration und den ganzen Spielfluss
     stören. Außerdem kocht Eminanim besseren Tee als Mahmut.
     
    |183| Lieber Onkel Ömer, ich küsse Dir, Tante Ülkü und allen Älteren in unserem schönen Dorf ganz herzlich mit großem Respekt die
     erfahrenen Hände und allen Jüngeren mit viel Liebe die hübschen, unschuldigen Augen.
    Eminanim und die Kinder grüßen Euch selbstverständlich auch und küssen den Älteren mit viel Respekt die Hände und den Jüngeren
     mit viel Liebe die Augen.
     
    Pass gut auf Dich auf, bleib gesund, iss genug Knoblauch und danke fünfmal am Tag Allah, dass er Dir nur Söhne geschenkt hat,
     die ja von Natur aus alle geborene Fußballexperten sind.
     
    Dein Dich über alles liebender Neffe aus dem sehr stürmischen Alamanya

    PS: Lieber Onkel Ömer, was ich mich schon die ganze Zeit frage, ist, ob das Gesundheitsministerium wohl Eminanims Diplom anerkannt
     hat. Das finde ich fast noch spannender als meinen Sitzplatz in Mahmuts Café. Aber ich traute mich nicht, sie zu fragen. Erstens
     hätte ich dadurch ihr Diplom plötzlich offiziell anerkannt, zweitens fand ich seit Tagen nicht die passende emotionale Gelegenheit.
    Gestern habe ich sie alleine in der Küche beim Kochen erwischt, als sie gerade gut gelaunt am Singen war. Da habe ich endlich
     die Gelegenheit beim Schopfe gepackt.
    »Eminanim, sag mal, hast du denn dein Diplom hier anerkannt bekommen?«, fragte ich spontan, für sie offensichtlich ziemlich
     überraschend.
    |184| »Fürs Kochen brauche ich kein Diplom, da bin ich ohnehin eine Expertin. Aber auf diesem Gebiet sind ja alle türkischen Frauen
     von Natur aus begabt«, prahlte sie.
    »Dein Ärztediplom, meine ich«, sagte ich. »Oder behandelst du die ganzen kranken Frauen ohne eine ärztliche Zulassung? Du
     weißt, dass hier in Deutschland ständig falsche Ärzte im Knast landen. Die Regierung bezahlt sogar viel Kopfgeld dafür!«
    »Schön, dann können wir ja mit dem Kopfgeld mal richtig Urlaub machen«, lachte sie.
    Lieber Onkel Ömer, was hat Eminanim wohl mit Urlaub gemeint?
    Wenn sie so weiter macht, landet sie doch im Knast! Oder empfindet sie den Knast im Gegensatz zu ihrem Leben hier im Karnickelweg
     7b etwa als einen prickelnden Urlaub? Ich könnte mit einem falschen Diplom jedenfalls nicht mehr gut schlafen. Aber sie schläft
     wie ein Bäby. Das wünsche ich Dir auch. Gute Nacht!

|185|

Weihnachtssaison
    Mein lieber Onkel Ömer,
     
    wie geht es Dir, und wie geht es meiner lieben Tante Ülkü? Wie geht’s der hübschen Kuh Pembe, wie geht’s der schwarz gepunkteten
     Ziege Fatima, wie geht’s Deinem störrischen Esel Tarzan, und wie geht’s unserem guten alten Dorfvorsteher Hüsnü?
     
    Lieber Onkel Ömer, Du weißt doch, was das Weihnachtsfest ist. Das ist so was Ähnliches wie unser Ramadanfest. An Weihnachten
     wird ganz Deutschland dichtgemacht und mit der ganzen Sippschaft zusammen drei Tage lang nur am Esstisch geackert. Es wird
     reingehauen, was das Zeug hält oder was die Küche hergibt – wie gesagt, genauso wie in der Türkei beim Ramadanfest. So was
     Tolles wie Baklava haben die Deutschen leider nicht. Aber dafür haben sie Lebkuchenherzen, Zimtsterne, Pfefferkuchen, Dominosteine,
     Makronen, Kokosflocken, Mandelplätzchen, Berliner Brot, Weihnachtsstollen, Schoko-Nikoläuse, Vanillekipferl,

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