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Lieber Osama

Lieber Osama

Titel: Lieber Osama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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deine Sachen lassen sollst, weil die Schränke schon so voll sind, dass dir beim Aufmachen die Topfdeckel entgegenkommen, und auf der Arbeitsfläche wäre auch kein Platz, weil da schon deine Bombenutensilien liegen und dosenweise Haarwachs für deinen Bart, sodass man nicht mal die schmutzigen Teller dort abstellen kann. Also, ich würde glatt vorbeikommen und Platz schaffen. Ich würde jede Schublade mit dir durchgehen und dich bei jedem Teil fragen, ob du das wirklich brauchst. Wenn nicht, kommen all die Sachen in eine Kiste, und die Kiste kommt unters Bett, und dann ist Ruhe, und du hast jede Menge Platz in den Schränken für die Dinge, die wirklich nötig sind. Im Grunde nicht schwer, oder?
    Als ich mit Terence Butchers Akten fertig war, kam der andere Kram dran. Manches wanderte sofort in die Schreibtischschubladen, Stifte, Post-its und so. Dann war da ein ganzer Karton mit Zeitschriften, in den ich erst nicht reinsehen wollte, weil ich dachte, vielleicht sind es ja Sexhefte. Schließlich war ich doch zu neugierig. Aber es war bloß die Mitgliederzeitschrift vom Caravan Club, bestimmt 6 Dutzend davon, und das rührte mich irgendwie. Ich stellte mir vor, wie Terence Butcher mit seiner blauen Vauxhall-Familienkutsche zum Campen nach Essex fuhr, weit, weit weg von dieser Stadt und ihren Bomben. Und wie sie für die Kinder immer wieder eine Pinkelpause machen mussten, und seine Frau trug ihre Dunlop Green Flashs, und er sah beim Fahren in diese großen Extra-Rückspiegel, die man an der Seite festmachen muss, damit einem der Wohnwagen nicht die Sicht blockiert.
    Ich stellte also auch seine Zeitschriften ins Regel und verteilte den Rest seiner Sachen, so gut ich konnte. Es waren nur Kaffeebecher, Schienbeinschoner und dergleichen, Männerkram. Als alles weggeräumt war und die Kartons ordentlich gefaltet an der Wand lehnten, pflanzte ich mich wieder in seinen Chefsessel, nahm 2 Valium und spülte sie mit der kalten Polizeiplörre hinunter.
    Als er zurückkam und sah, was sich in der Zwischenzeit alles getan hatte, konnte er sich das Lachen nicht verkneifen.
    - Wow, jetzt bin ich aber baff.
    - Schon gut. Ich bin es gewohnt, hinter Jungs herzuräumen. Sein Lächeln verschwand.
    - Paß mal auf, sagte er. Wenn das vorhin ernst gemeint war und du wirklich für uns arbeiten willst, dann finde ich was für dich. Du hast mir gerade gezeigt, dass du dich nützlich machen kannst. Wie sieht’s mit Schreibarbeiten aus?
    - Keine Ahnung. Ich kann lesen und schreiben, wenn du das meinst. Ich bin ja nicht blöd oder so. Nur frag mich bloß nicht, wo die Kommas hinkommen.
    Terence Butcher lächelte wieder.
    - Keine Sorge, sagte er. Du müsstest nur von Zeit zu Zeit Berichte abtippen. So was wie: VERDÄCHTIGE PERSON BE DROHTE BEI ZUGRIFF UM 18.30 DIE BEAMTEN MIT EINEM ANGESPITZTEN LÖFFEL. Dieses Zeug braucht Kommas so dringend wie Covent Garden einen Gärtner. Wir schreiben hier ja keine große Literatur, wir versuchen nur zu verhindern, dass einige Leute andere Leute in die Luft sprengen.
    Auf einmal sah ich seine abgerissenen Arme über den Rasen des Arsenal-Stadions fliegen.
    - Du gefällst mir, sagte Terence Butcher. Du hast diese zu packende Art. In meinem Team will ich nämlich nur Leute, die wissen, warum sie diese Arbeit tun. Ich brauche Leute, denen ich vertrauen kann. Durch dieses Haus gehen eine Menge hoch sensible Informationen.
    - Du kannst mir vertrauen, von mir erfährt keiner was. Ich habe sowieso keinen mehr, dem ich was verraten könnte.
    Terence Butcher sah eine Zeit lang aus dem Fenster, dann wieder auf mich.
    - Ich könnte dir einen Job im Sekretariat anbieten. Du wärst dann zwar keine Einsatzkraft, aber du würdest die Einsatzkräfte unterstützen. Du könntest ihnen die Last der Verwaltung abnehmen. Dadurch hätten sie mehr Zeit, sich um ihre eigentliche Aufgabe zu kümmern. Deine Tätigkeit ist also alles andere als unwichtig. Jedenfalls weißt du, wofür du arbeitest.
    - Gut. Wann fange ich an?
    - Langsam, langsam, sagte er. Ich kann dich nicht einfach so einstellen, wir sind hier schließlich bei der Polizei, da gibt es für alles einen Dienstweg. Erst mal muss die Personalabteilung zustimmen. Und bevor du bei denen antanzt, musst du zum Friseur. Vor allem brauchst du Klamotten, bei denen das Markenschild innen ist, nicht außen.
    Ich schaute auf mein rotes Nike-T-Shirt, die weiße Adidas-Hose und meine weißen Puma-Turnschuhe. Er hatte Recht. Ich meine, ich sah wirklich nicht aus wie jemand, dem man die

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