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Lieber Osama

Lieber Osama

Titel: Lieber Osama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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wieder. Es war ein schreckliches Geräusch, wie wenn eine Metallsäge durch ein Wasserrohr geht. Gott, Jasper, sagte sie, was bist du für ein perverser Hund – aber soo gut!
    - Ach, hallo, Jasper. Ich hab dich von hinten gar nicht erkannt.
    Sie fuhren herum wie angestochen, sahen mich, und die Frau kreischte. Sie zog ein Kissen an sich, um ihre Titten zu verdecken, was im Grunde ziemlich dämlich war, wenn man bedenkt, dass ich schon fast ihr Innenleben gesehen hatte. Jasper sprang hoch und hielt sich die Hände vor sein Ding. Er starrte mich an. Er kapierte einfach nicht, wer ich war.
    - Aber ich bin’s doch nur, Jasper. Ich habe einen neuen Job. Das hier ist mein neuer Stil. Magst du ihn?
    Ich sah seine Augen größer werden.
    - O Gott, sagte er. O Gott, o Gott, o Gott. Ich dachte, du wärst noch im Krankenhaus.
    - War ich ja auch. Aber jetzt bin ich wieder da. Freut mich, dass du mit dem Zweitschlüssel was anfangen konntest. Fühl dich ganz wie zu Hause. Es sind auch noch Fischstäbchen in der Tiefkühltruhe, falls du Hunger hast. Und lass dich von mir nicht stören, ich räume nur ein bisschen auf. Ich war ja noch nicht hier, seit mein Mann und mein Junge verbrannt sind, ich denke, ich sollte erst mal ihre Sachen in Kartons tun.
    Die Frau starrte erst mich an, dann Jasper.
    - O Jasper, du Dreckschwein, sagte sie.
    Sie brach in Tränen aus, und ich wandte mich ab und ging in die Küche. Ich hatte noch eine Flasche Wodka im Kühlschrank, dort, wo sie immer stand. Ich holte ein Glas. Der Wodka war kalt und träge. Er rann ins Glas wie Wasser in einem Traum. Ich schenkte mir zwei Fingerbreit ein und kippte sie in einem Zug hinunter. Darauf noch zwei Valium. Hart lagen sie mir auf der Zunge, als wären sie zwei Perlen und ich die Auster. Ich goss mir Wodka nach und spülte damit die Pillen hinunter. Mir war alles piepegal. Ich setzte mich an den Küchentisch und wartete auf die Wirkung. Ich schaute auf die Bilder an der Wand, Bilder, die mein Junge gemalt hatte. Ich wünschte, ich hätte rechtzeitig draufgeschrieben, was sie bedeuteten. Nach einer Ewigkeit kam die Frau in die Küche. Ich hörte sie reinkommen und hinter meinem Stuhl stehen bleiben, aber ich drehte mich nicht um.
    - Hör mal, ich weiß nicht recht, was ich jetzt sagen soll.
    Ihre Stimme war unglaublich. Die Comedy-Version von vornehm. Die Art Stimme, der Corgis aufs Wort gehorchen. Keine Ahnung, warum, aber ich musste plötzlich lachen.
    - Nein, bitte, sagte die Frau. Ich glaube, ich muss mich entschuldigen.
    Ich drehte mich immer noch nicht um. In mir war alles leer, Tränen liefen mir übers Gesicht, aber ich spürte gar nichts.
    - Schon gut. Es tut dir bestimmt ganz schrecklich leid und so. Dir gebe ich auch keine Schuld, und im Grunde geht mir die ganze Sache sowieso am Arsch vorbei, also warum verpisst ihr euch nicht einfach?
    - Hmm, sagte die Frau. Ich fürchte, wir können uns nicht einfach so verpissen, so liebend gern wir es täten. Es ist weit nach Mitternacht und Ausgangssperre. Sicher ist das jetzt eine mehr als blöde Situation, aber du wirst Jasper und mich wohl oder übel bis morgen früh ertragen müssen.
    Jetzt drehte ich mich doch um, und als ich sie sah, bekam ich einen Schreck. Sie sah genauso aus wie ich. Sie trug meinen rosa Bademantel zu ihren pinkfarbenen Heels. Sie hatte meine Größe und meine Figur. Lange Beine. Kleine Titten. Große Augen. Schlanker Hals. Höchstens ein paar Pfund weniger auf den Rippen. Sie hatte auch denselben Blondton wie ich, nur dass ihre Haare länger waren als meine und viel schöner geschnitten, mit einem Glanz wie in der Werbung – als wäre jedes einzelne Haar von kleinen Engelchen poliert worden. Keine Ahnung, was sie verwendete, aber es kostete wahrscheinlich eine Stange Geld. Doch den eigentlichen Schreck bekam ich wegen ihrer Augen. Es waren meine Augen, schlicht und einfach. Ihre Wangen waren gerötet von Sex und Champagner. Vor allem sah sie mich genauso an wie ich sie, sie hatte es also auch bemerkt. Obwohl ich mit meiner Lady-Di-Frisur und der verschmierten Mascara ziemlich scheiße ausgesehen haben muss, ließ es sich eben nicht leugnen. Die Frau zuckte nur die Achseln.
    - Oje, sagte sie. Ich glaube, wir sind wohl sein Typ. Ich bin übrigens Petra Sutherland. Ich habe schon viel von dir gehört.
    - Ach wirklich? Aber über mich gibt es doch gar nichts zu sagen.
    Sie lehnte sich zurück und stützte sich mit den Ellbogen auf die Arbeitsplatte.
    - Davon gehe ich aus, sagte sie. Aber

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