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Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?: Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg (German Edition)

Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?: Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg (German Edition)

Titel: Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine?: Mein Großvater, der Kunsthändler Paul Rosenberg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sinclair
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Ronda,
die sich zu Beginn der Zwanzigerjahre für die Rückkehr zur Tradition in Literatur und bildender Kunst einsetzte. (A.d.Ü.)
      2 Archiv Picasso im Musée national Picasso, Erbschaftssteuer-Schenkung Picasso 1992.
      3 Vgl. Michael Fitzgerald, op. cit.

PAUL UND PIC
    M OTHER AND CHILD besiegelte eine Übereinkunft, eine starke, beständige Beziehung.
    Verband Rosenberg und Picasso eine brüderliche Freundschaft, oder war es nur ein berufliches Bündnis? Woher kam die wechselseitige Faszination zwischen dem Kunsthändler aus dem Establishment und dem Maler und Bohemien? Was konnten sie aneinander finden, der an Bilder von Renoir und Monet gewöhnte Galerist und der Maler, der einmal zu Pauls Bruder Léonce, der von 1914 bis 1918 sein Händler war, gesagt hatte: »Der Händler, das ist der Feind!«, die Beziehung zwischen Künstler und Händler also offenbar als Klassenverhältnis sah.
    Die beiden verband viel mehr als ein geschäftlicher Vertrag. Es war eine intensive Zusammenarbeit und ein ästhetisches Bündnis. Paul wurde sehr schnell nicht nur als Picassos Händler, sondern als eine Art »Impresario«[ 1 ] anerkannt, der Picassos Karriere vorantrieb.
    Vor allem war es Picasso selbst, der Paul nicht nur als seinen Makler, Vermittler und Verkäufer, sondern fast als seinen Agenten inthronisierte. Er hatte früh begriffen, dass ein Künstler, der sich ein Publikum schaffen wollte, sich nicht damit begnügendurfte zu malen, sondern auch Verkauf und Ausstellungen seiner Werke aufmerksam verfolgen musste.
    Das sah auch Paul Rosenberg so, und deshalb wurde er zu Picassos Berater und Weggefährten. »Der Maler und der Galerist haben sich gegenseitig ›gemacht‹«, schrieb Pierre Nahon.[ 1 ]
    Picasso ist im Oktober 1881 geboren, Paul im Dezember desselben Jahres. Paul gehörte zur klassischen Bourgeoisie, Picasso zur Avantgarde. Aber Picasso merkte schnell, dass er sich für den Verkauf seiner Bilder auf Rosenberg verlassen konnte, der zwar bis Mitte der Zwanzigerjahre kaum Interessenten dafür fand, es sich aber aus den schon erwähnten Gründen leisten konnte zu warten. Vor allem spürte Picasso, dass Paul die Fähigkeit hatte, seinen Ruf als Künstler zu fördern und zu mehren.
    Beide waren sich früh über die Bedeutung der Presse im Klaren und pflegten die Beziehung zu Kritikern und Schriftstellern wie Georges Martin und Pierre Reverdy, die die neue Kunst verstanden und vermitteln konnten. Auch dieses Zusammenspiel zwischen Künstler, Händler und Kunstkritikern war neu.
    Paul trug maßgeblich dazu bei, dass Picasso nicht nur als Künstler der Avantgarde, sondern als Meister der modernen Malerei anerkannt wurde, als »größter Maler des 20. Jahrhunderts«.[ 3 ] Zwischen 1918 und 1939 förderten Picasso und Rosenberg wechselseitig ihr Ansehen. Das Image von Picasso entstand, und das Renommee der Galerie Rosenberg festigte sich.
    Hinzu kam noch etwas anderes: Pauls grenzenlose Bewunderung für das Genie des Malers, das er sofort erkannt hatte.Diese Faszination ist umso erstaunlicher, als er im Unterschied zu seinem Bruder Léonce anfangs eher die Kunst von Corot, Courbet, Cézanne, van Gogh und der Impressionisten liebte und den Kubismus nicht sehr bewegend fand.
    Picasso war im Januar 1918 in finanziellen Schwierigkeiten und schon einmal bei meinem Großvater gewesen, um ihm einen Renoir zu verkaufen. Aber Freunde wurden sie erst im Sommer 1918 in Biarritz, als sie sich richtig kennenlernten.
    Schnell entwickelte sich zwischen ihnen Zuneigung, gegenseitiges Verständnis, ich würde fast sagen Brüderlichkeit. Paul nannte Picasso seinen »Bruder im Geiste« und empfand für ihn so etwas wie Freundschaft auf den ersten Blick.
    Zum ersten Mal trafen sie sich in der Villa von Eugenia Errázuriz, La Mimoseraie in Biarritz. Die schöne Chilenin und Mäzenin war in den Zwanzigerjahren in der Welt der Kunsthändler tonangebend. Picasso hatte sie durch Cocteau kennengelernt. Sie war mit Arthur Rubinstein und den Diaghilevs befreundet und liebte die Ballets Russes, wo sie öfter auf Picasso traf, der ebenfalls ein glühender Bewunderer der Truppe war. Er lernte eine der Tänzerinnen kennen, Olga Chochlowa, und heiratete sie im Juni 1918. Auf Einladung Eugenias verbrachten sie die Flitterwochen bei ihr in Biarritz.
    Picasso war damals auf der Suche nach einem neuen Händler. Die erste Galerie, die ein Bild von Picasso verkaufte (für 150 Francs), war wahrscheinlich Berthe Weill um 1901, die ein Jahr später auch als

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