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Lieber tot als vergessen

Lieber tot als vergessen

Titel: Lieber tot als vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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offenen Klappe der Holztheke, nicht weit von einem hell erleuchteten Billardtisch, der durch die verräucherte Dunkelheit am hinteren Ende der Bar schimmerte. Er sprach mit einem dunkelhaarigen Mann in einem schicken Zweireiher. Nur Tommy rauchte; er wölbte die Hand beim Ziehen um die Glut und nahm die Zigarette im selben Augenblick wieder aus dem Mund.
    Ich schlängelte mich durch die kleine, lärmende Trinkerschar zu ihnen hindurch. »Hallo, Tommy«, sagte ich.
    »Hallo, Puppe.«
    Tommy schwenkte den Arm hinter mich, um seine Zigarette auszudrücken, und danach stand er dicht neben mir. Sein sichtlich betuchter Trinkpartner blieb, wo er war. Er war ungefähr so groß wie ich, vielleicht größer, einsdreiundsiebzig etwa; er sah mindestens so gut aus wie Tommy, wenn nicht besser, aber er war ein bißchen älter, fünfunddreißig ungefähr, und schlank. Seine Nase hatte eine Delle dicht unter der Wurzel, und er hatte scharfe Augen, die schnell und fast unmerklich zwischen Tommy und mir hin und her wanderten. Ich trat um ihn herum an die Bar.
    »Kann ich den Herren etwas zu trinken bestellen?« Ich drehte mich um und hielt einen Zehn-Pfund-Schein so, daß die hochglanzlackierte blonde Zapferin in dem kurzen pinkfarbenen Rock mit passendem Top ihn sehen konnte. Ihre Brüste blähten sich vor ihr wie Ballons, so daß ihr Schwerpunkt weit außerhalb der pastellfarbenen, sehr spitzen Schuhe lag. Sie kam auf mich zu.
    Tommy stand mit halboffenem Mund da, aber der Mann im dunklen Anzug war schneller. »Das mach’ ich schon, Love«, sagte er, und dabei legte er mir sanft eine goldberingte, manikürte Hand auf den Arm und bugsierte mich entschlossen von der Theke weg.
    Ich wußte, daß es nicht klappen würde, nicht in diesem Pub und in diesem Teil der Stadt. Mein Zehner würde den ganzen Abend nicht angebrochen werden, aber zumindest hatte er ihnen gezeigt, daß ich daran gewöhnt war, allein unterwegs zu sein. Ich bemerkte, daß Tommys Freund nicht bezahlte, als er die Drinks bekommen hatte. Ich nahm einen kühlen Schluck eisig aromatischen Gin und lächelte. »Ich dachte, die Nummer, die du mir gegeben hast, gehört zur Wohnung deines Bruders, Tommy.«
    Er lachte. »Ah... Georgina, darf ich vorstellen, der Wirt, mein Bruder Tony.«
    »Oh, Entschuldigung.« Ich lächelte wieder, und jetzt streckte ich die Hand aus.
    Er ergriff sie mit fester, warmer, trockener Hand. »Schon okay. Angenehm.«
    »Dieses hinreißende Mädel ist nur wegen Kassetten hinter mir her, Tony. Ist das nicht immer so?«
    Tony sah nicht sehr interessiert aus, bis ich Tommy korrigierte.
    »Also — ja... und nein, Tommy.« Plötzlich hatte ich ihre ganze gemeinsame Aufmerksamkeit, und keiner lächelte. »Ich will offen sein. Die Kassetten haben einen guten Preis, und es ist bald Weihnachten, aber ich dachte mir, mit deinen... Beziehungen... könntest du vielleicht was für mich tun.«
    Ihre Blicke sagten: »Geh zum Teufel«, und nur Tommy sagte: »Ach ja?«
    Ich wühlte in meiner Schultertasche herum und zog eine Kassette in einer durchsichtigen Schachtel heraus. »Die unveröffentlichte Carla Blue«, sagte ich und reichte sie Tommy. »Eine Sammlung von Songs, die sie aufgenommen hat, bevor sie zu Ghea kam. Ich finde sie besser als irgendwas von dem, was sie da gemacht hat. Besser als Seethru. Kann man aber nicht kaufen. Wahrscheinlich habe ich die einzige Kassette, die es gibt. Sie hat meiner Freundin Carla gehört. Der verstorbenen Carla Blue.«
    Tommy und Tony dachten das gleiche, aber Tommy übernahm das Reden. »Das könntest du legal machen lassen.«
    »Ich habe nicht das Geld für die Vorkosten, keinen Vertrieb und auch nicht die Absicht, Tantiemen zu zahlen. Ich will nur verwerten, was ich habe, und eine kleine Revanche.«
    »Nichts dagegen.«
    Ich war erleichtert. Die lakonische Redeweise von Tommys Bruder bedeutete, daß ich mir nicht allzu viele Lügen würde merken müssen. Ich hob das Kinn und blies ihnen Rauch über die Köpfe. Hoffentlich sah es nonchalant aus. »Wißt ihr, ich würde wirklich gerne wissen, wie ihr diese Tapes in die Finger bekommen habt, noch ehe sie in die Läden kommen konnten.«
    Tommys Gesicht blieb ausdruckslos, aber seine Augen weiteten sich genug, um das Weiße rings um die Iris zu zeigen und seine spöttischen Brauen himmelwärts zu drücken. Ich verstand den Wink nicht und redete weiter. »Ihr wißt schon, Seethru und The Unreleased Johnny Waits. Ich meine, die kommen erst nächsten Freitag raus. Die sind noch

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