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Lieber tot als vergessen

Lieber tot als vergessen

Titel: Lieber tot als vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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Natrium-Hypochlorit-Pulver — einem Haushaltsbleich- und Scheuermittel — , das in sein Heroin gemischt — »verschnitten« — worden war. Dies ergab die gestern vorgenommene Autopsie.
Detective Sergeant Michael Powell vom Polizeirevier Bow Road hält es für unwahrscheinlich, daß Mr. Levi sich wissentlich Gift injiziert haben könnte; aufgrund der Farbe und der Konsistenz habe man das Mittel möglicherweise mit Heroin verwechseln können.
Detective Sergeant Powell warnte andere Rauschgiftkonsumenten in der Gegend...

    Thomas Vittorio Levi. Ich faltete die Zeitung zweimal zusammen, so daß die Story das einzige war, was ich sehen konnte. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. War er wirklich ein Junkie gewesen? Ich las die Story noch mal, und da klingelte das Telefon. »Hallo!« Es war Keith. »Alles okay?«
    »Ja. Alles okay.«
    »’n Häppchen essen?«
    »Ach, ich weiß nicht...«
    »Was ist los? Du klingst ein bißchen down.«
    »Keith, ich muß dir was sagen. Weißt du noch, daß ich gesagt habe, ich hätte etwas Unanständiges getan?“
    »Nein. Wann?«
    Und ich erzählte Keith, was ich mit dem Tape gemacht und wem ich es gegeben hatte. Ich hatte erwartet, daß er sehr wütend sein würde, aber er war nur ein bißchen wütend.
    »Moment mal... Das bedeutet, daß du mein und Micks Copyright verletzt? Du dumme Gans! Herrgott, ich wünschte, ich hätte daran gedacht!«
    »Paß auf, wir teilen es uns, wenn ich je Geld dafür kriege. Aber darum geht es jetzt nicht. Die Sache hat eine schlimme Wendung genommen.« Und ich erzählte von Tommy.
    »Glaubst du, dieser Tony will neu verhandeln, nachdem sein Bruder gestorben ist?«
    »Ich bin nicht sicher. Ich weiß es nicht. Vielleicht will er es jetzt überhaupt nicht machen.«
    »Bleib ganz cool. Vielleicht ruft er dich an.«
    »Da ist noch was. Vielleicht hat es ja nichts zu sagen, aber Tommy Levi hatte Seethru und den Unreleased Johnny Waits auf seinem Stand, und zwar eine Woche, bevor sie bei Ghea rauskamen.«
    Keith fing an zu lachen. »Soll das heißen, er hat vor Ghea gestartet?«
    »Ja. Frag’ mich aber nicht, woher er die Vorab-Kopien hatte. Tony hatte auch nichts davon gewußt, und er ist eindeutig derjenige, der bei den beiden das Sagen hatte. Als er es herausfand, wurde die Situation ein bißchen angespannt, um es zurückhaltend auszudrücken. Er wollte erst nach dem Start verkaufen, vermutlich um die übermäßige Nachfrage zu bedienen.«
    »Und wenn man vor dem Start schon verkauft, könnte man genausogut eine große Fahne mit der Aufschrift >geklautes Zeug< schwenken. Wohlgemerkt, eine Menge Leute kriegen Promotionbänder in die Finger. Die Plattenfirmen verschicken sie ja. Ich habe wahrscheinlich auch welche. Interessant. Lunch?«
    Ich schaute auf meine treue Swatch. Elf Uhr vormittags, und ich war immer noch im Bademantel. Schmutzige Töpfe und Teller von zwei Tagen stapelten sich im Spülbecken. »Ja, warum nicht?«
    »Wohin gehst du am liebsten?«
    »L’Escargot. Das Beste in Soho.«
    »Abgemacht. Ein Uhr. Okay? Bis dann.«
    Thomas Vittorio Levi. Kein Requiem im Radio für ihn. Keine Klassiker, die man der Öffentlichkeit Vorspielen konnte. Keine Lobrede auf ein vergeudetes junges Leben. Ich wußte, daß ich Tony anrufen und ihm sagen sollte, daß ich die Zeitung gelesen hätte. Aber es war schwer zu sagen, wo man bei ihm anfangen sollte. Ich dachte mir, ich könnte vielleicht fragen, wie unser kleines Unternehmen vorankäme, und dann sagen, ich hätte von Tommy gelesen. Aber das würde er durchschauen.
    Ich ging ins Schlafzimmer. Die ehemals schicke pfirsichfarbene Ausstattung war zerknüllt, zerknautscht und vollgestaubt. Klaustrophobie konnte man hier kriegen. Ich schob das Fenster herunter, um die kalte graue Morgenluft hereinzulassen, und das Summen des Verkehrs kam mit der Zugluft hereingeweht. Keine Sonne heute. Es sah nach Regen aus. Schwer hingen die Wolken um die hohen Gebäude, neben denen sich die Umrisse der kleinen Häuser, die von dem übrig waren, was diese Gegend einmal bedeckt hatte, winzig ausnahmen. Tommy war nicht weit weg gewesen, als er gestorben war. Ich hätte wetten mögen, daß seine Mutter in einem Haus wie denen dort gewohnt und ihre Kinder großgezogen hatte. Jetzt hatte er wahrscheinlich eine Sozialwohnung gehabt, und Tony hatte vermutlich ein Anwesen in Essex. Ich versuchte mich zu erinnern, wie Tommy ausgesehen hatte, aber ich sah nur seine spöttischen Augenbrauen vor mir. Wie ein Junkie hatte er nicht

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