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Lieber tot als vergessen

Lieber tot als vergessen

Titel: Lieber tot als vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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geredet, als er tot war. Er ist am Sonntag gestorben, oder? Glauben Sie mir, ich habe mit Keith erst donnerstags gesprochen. Er hat die Story am Donnerstag geschrieben. Bis dahin wußte er nichts von den Kassetten oder von Tommy.«
    Tony hob die Hand, um mich zur Ruhe zu bringen, und ich schwieg eine Weile. Dann stellte ich meine Fragen. »Sie haben gestern zwei Dinge gesagt. Sie haben gesagt, Sie hätten die Fotos mit ein paar anderen Sachen gefunden, und Sie haben mich gefragt, wem ich es erzählt hätte, bevor ich mit Keith gesprochen hätte. Was denken Sie?«
    Tony sah mich wieder an. Seine Augen wurden ein bißchen schmaler, aber davon abgesehen zeigte er weder Überraschung noch Neugier. »Ich habe das Foto in Tommys Versteck gefunden...«
    Ich zog neugierig einen Braue hoch.
    »...wo er seine Sore versteckt hat... Er hat gefilzt — gestohlen, wissen Sie, unter anderem, und er hatte eine Menge Zeug da drin: Dope, Kassetten und die schmutzigen Fotos. Wer immer ihn umgebracht hat, wollte etwas oder alles davon. Wenn jemand ihn wegen der Kassetten plattgemacht haben sollte, dann könnten Sie es gewesen sein. Sie haben im Pub Fragen gestellt.«
    »Wem sollte ich’s erzählen?« fragte ich.
    Keine Antwort.
    »Ich vermute, Tommy wollte nicht sagen, wo das Zeug ist, und deshalb haben sie ihn umgebracht?«
    »Da vermuten Sie falsch. Er hat es ihnen gesagt. Wer immer es war, hat abgeräumt. Alles.«
    Ich wartete. Er wartete. Er wußte, ich würde fragen müssen, und einen Moment lang sah ich Gefahr, ein kurzes Blinken der Genugtuung in seinen Augen. Eine Sekunde lang dachte ich, ich sei in eine Falle gelaufen. »Wie kommt’s denn, daß Sie das Versteck gefunden haben, Tony? Und das Foto?« Ich war so dicht davor zu beten, wie ich es seit meiner ersten geschwänzten Schulstunde nicht mehr gewesen war. Es war möglich, daß er jetzt die Nummer mit dem »Ich bin’s gewesen« abziehen und die Hunde zum Abendessen wecken würde. Ich saß da und war so beweglich wie ein Sack voll Hundeknochen.
    »Versicherung. Ich wußte immer, wo Tommy sein Zeug aufbewahrte. Ich habe immer ein Auge darauf gehabt, was Tommy gerade so trieb — für alle Fälle.« J
    Ich nahm Keiths Benson & Hedges aus meiner Handtasche. Die Erleichterung brachte keine Entspannung. »Stört es Sie, wenn ich rauche?«
    »Ja.«
    Der perfekte Gastgeber. Ein bißchen verlegen zuckte ich die Achseln, steckte die Packung wieder ein und klappte die Tasche zu. Was jetzt? Ich nickte zu den Bildern an der Wand hinüber. »Ja, anscheinend halten Sie sich ziemlich fit... Ah, sind Sie im Boxsport tätig?«'
    »Ich war. Hätte Meisterschaftskandidat werden können und all das.«
    Ich lächelte. Na ja, ich konnte es nicht hingehen lassen. Es war sein erster kleiner Scherz heute. Aber ich schaute mich weiter in der Wohnung um, damit ich ihn nicht ansehen mußte. Was hätte Carla wohl von ihm gehalten? Ja, was?
    Es gibt zwei Arten Männer, sagte sie immer: Männer, die Frauen mögen, und Männer, die Frauen überhaupt nicht mögen. Aber man muß bei beiden die Augen offenhalten, denn es ist verdammt schwierig, zu erkennen, wer welcher ist. Sowieso, schloß sie dann, können beide Typen eine echte Plage sein und ohne jeden Vorteil für Frauen. Tja, welche Sorte Plage war Tony? Ich würde sagen, er mochte Frauen nicht — mit dem Vorbehalt, daß ich nur nach meinen eigenen Erfahrungen mit ihm urteilen konnte, und hier waren die Umstände ungewöhnlich negativ gewesen, um es zurückhaltend zu sagen. Trotzdem, es fehlte ihm an Behutsamkeit. Das merkte man bei allem, was er tat. Er war grausam. Vielleicht mochte er überhaupt niemanden. Und wie war es mit Sex? Er sah gut aus, sicher, aber das war nie genug. Ich konnte ihn mir nackt vorstellen, strahlend in der unnatürlichen Blässe, die weiße Boxer auszeichnet, aber allein. Er würde aussehen wie der weiße Gips-Olympier dort in der Ecke, bloß mit einer Delle in der Nase. Nein, ich konnte mir nicht vorstellen, wie Tony mit einer Frau zusammen war, aber ich konnte mir vorstellen, wie er wegging. Er würde die Tür schließen, während sie in einem zerwühlten Bett lag, in einem Zimmer, das nicht seins war; er würde angezogen sein und gehen, ohne sich umzuschauen.
    Tommy dagegen, der hatte Frauen eindeutig gemocht. Ich konnte ihn mir mit beliebig vielen Frauen vorstellen, lachend, zerzaust, verschwitzt, wie er zwei Zigaretten zugleich anzündete, an Brüste und Hinterbacken griff, Blumen schickte. Ein Frauenheld. Zur treuen

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