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Lieber tot als vergessen

Lieber tot als vergessen

Titel: Lieber tot als vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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Klamotten.«
    »Ja, das stimmt.«
    Da saß er, großknochig und mager, und seine tiefhängenden Boxershorts taten meinen Augen weh. Auf seiner Brust wuchs nichts, aber eine drahtige Spirale aus dunklen Haaren schob sich an seinem flachen Bauch herauf und griff nach seinem Nabel. Seine großen Rippen bewegten sich unverletzt unter der blassen, sommersprossigen Haut, die seinen langen Oberkörper und die breiten Schultern bedeckte. Die gestreckten Muskeln an Armen und Beinen waren glatt und sahen stark wie die eines Hochspringers aus. Bei aller Schlaksigkeit machte Keith keinen schlappen Eindruck. Sorgfältig kaute er seinen Toast, und ein kleiner Muskel an seinem Kiefer spannte und lockerte sich. »Laß uns zusammenschmeißen, was wir haben, George.«
    »Es gibt nichts weiter.«
    »Ach ja? Hör mal, zusammen können wir eine viel größere Fläche abgrasen. Mit dieser Story machen wir uns einen Namen; damit haben wir’s geschafft, und dann wirst du mir dankbar sein. Du wirst mir danken wollen. Vielleicht wirst du mir besonders heftig danken wollen, indem du es wild und leidenschaftlich mit mir treibst.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, daß ich je soviel Dankbarkeit empfinden sollte, Keith. Nein, ich werde mich nicht noch mal von dir übers Ohr hauen lassen. Recht herzlichen Dank.«
    Er verdrehte die Augen zum Himmel, und das rote Gerinnsel im linken ließ ihn aussehen wie ein minderer katholischer Märtyrer. »Jetzt komm! Bist du etwa immer noch sauer deswegen? Du brauchtest einen Tritt in den Arsch. Wie du da rumgestiefelt bist mit hocherhobenem Kopf. Komm schon... gib’s zu.«
    »Nein.«
    »Okay, um zu zeigen, daß ich dir vertraue, werde ich dir erzählen, was ich weiß, okay? Ich wünschte bloß, wir hätten uns vorher zusammengesetzt, ehe wir mit ihr sprachen. Ich hätte auf Dexter gewettet.«
    Das tat ich immer noch. Vielleicht war da noch jemand anderes, aber Dexter war der, der im Vordergrund stand. Ich goß uns beiden noch Tee ein; dann machte ich die Augen zu und lehnte mich auf meinem Küchenstuhl zurück. Meine Kopfschmerzen wurden stechender, als ob mir jemand das Haar zu einem furchtbar strammen Pferdeschwanz zwirbelte. Das Gesicht von Wiggy’s Barmann mit dem trägen Blick schwebte mir spöttisch vor den geschlossenen Augen, und ich sah zusammengerollte Kassenbons wie Selleriestangen in einem Glas. Eine Marguerita — nein, viele Margueritas zuviel. Ich wußte einfach nie, wann ich aufhören mußte. Schluß jetzt. Ich konnte das nicht noch mal machen. Ich konnte es nicht ertragen, mich je wieder so zu fühlen. Schluß damit. Nie wieder.
    Keith fing an, mit der großen, unverletzten Hand im Wege zusätzlicher Erläuterung in der Luft herumzufuchteln. »Weißt du, als ich die Story schrieb, glaubte ich nicht wirklich, daß Tommy Levi wegen der Tapes gestorben ist.«
    »Warum hast du die Story dann geschrieben?«
    »Weil ich Dexter aufscheuchen wollte.«
    »Wieso?«
    »Wegen Carla.« Er legte die Kruste seiner Toastscheibe auf den Tellerrand und streifte sich mit spitzem Finger einen Krümel von der wunden Lippe. »Ich glaube, er hat sie umgebracht. Sie hat keine harten Drogen genommen, Punkt. Also hab ich mir überlegt, wer von ihrem Tod einen Vorteil hätte.«
    »Ihr Nachlaß.«
    »Klar, wenn es so im Vertrag steht. Jeder Vertrag, den sie unterschreibt, gilt weiter, es sei denn, es stände ausdrücklich drin, daß im Falle des Todes automatisch alles in den Nachlaß geht. Die Plattenfirma hat einen phänomenalen Zuwachs bei den Verkäufen, aber der Manager, der überdies einen Managervertrag abgeschlossen haben wird, kriegt weiterhin fünfundzwanzig Prozent dafür, daß er den Nachlaß managt. Er kann machen, was er will, und in puncto Vermarktung kann man so vieles machen, wenn einer stirbt.«
    »Der Manager?«
    »Ja. Nicht bloß Dexter. Er und St. John gewinnen beide.«
    Keith zündete sich über dem leeren Teller eine Zigarette an und bot mir auch eine an. Ich lehnte ab. Kleine Drüsen pumpten mir Speichel unter die Zunge. Ich fühlte, wie meine Kehle sich zusammenzog, und mußte schlucken, um mein Frühstück bei mir zu behalten.
    »Ich würde gern das Printout sehen, für das Tommy Levi gestorben ist. Ich würde gern sehen, was draufsteht. Du nicht auch?« sagte er.
    »Tja, Tony Levi hat es gesehen; er sagt, es ist ein Haufen Verkaufs- und Marketingzahlen der Ghea«, sagte ich ohne Begeisterung.
    »Das ist interessant...« Keith nahm einen Schluck Tee und dachte eine Weile nach.
    »Wieso?«

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