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Lieber tot als vergessen

Lieber tot als vergessen

Titel: Lieber tot als vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Danks
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klapperte mit dem Rührstäbchen aus Plastik in ihrem Glas herum, und ihr Hennahaar fiel nach vorn über ihr Gesicht. Sie schob leuchtend rot lackierte Fingernägel durch die Strähnen und schaufelte sie von ihrer glatten, hohen Stirn nach hinten, und dann wandte sie sich ihm wieder zu, um einen zweiten Versuch zu machen. Ihre großen Augen waren jetzt noch mehr geweitet, sie blickten offen und aufrichtig und flehten darum, daß man ihnen glaubte. »Hören Sie, Tommy war ein netter Spaßtyp. Als ich hörte, daß er umgebracht worden ist, dachte ich, jemand hätte... die falschen Schlüsse über ihn und mich gezogen. Das ist alles.« Sie sah mich unterstützungssuchend an, als würde ich ihre Situation verstehen.
    »Und wieso haben Sie sich’s dann anders überlegt?« fragte ich.
    »Weil niemand irgendwelche Schlüsse gezogen hatte. Ich hatte mich geirrt. Das war alles. Ich hatte mich geirrt.«
    Ich seufzte und nahm einen Schluck aus meinem Glas. Keith klopfte seine Taschen nach Zigaretten ab, fand welche und bot erst Cheryl, dann mir eine an. Wir nahmen beide eine und warteten dann auf Feuer. Cheryl bekam es zuerst.
    »Woher hatte Tommy die Tapes?« fragte ich, bevor ich den Rauch tiefer einatmete. Ihr schlanker Arm balancierte mit dem Ellbogen auf der Bar, und die Zigarette hing zwischen ihren Fingern. Sie war nicht zum Rauchen; sie war ein Accessoir, das die Länge ihrer karmesinroten Nägel betonte.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie und sah mich an, und in ihren grünen Augen glomm wieder dieser herausfordernde Ausdruck.
    »Und was ist mit den Fotos? Und was ist mit dem Computerausdruck? «
    Ihr blasses Gesicht straffte sich, aber sie antwortete nicht. Keith beobachtete mich jetzt auch. Ich nahm einen Zug von der Zigarette und blies Rauch über unsere Köpfe.
    »Mit dem was?« fragte sie nach ein paar Augenblicken.
    »Cheryl, ich weiß, daß Tommy nicht von irgendeinem Lieferanten umgebracht wurde, der glaubte, daß er gesungen habe. Wer immer ihn umgebracht hat, wollte eines oder alle vier folgenden Dinge: Heroin, ein paar wunderbar geschmackvolle Polaroid-Fotos von Ihnen, die Tapes von Seethru und The Unreleased Johnny Waits sowie die frühen Aufnahmen von Carla Blue and Big, und viertens ein Computer-Printout. Das Printout enthielt Verkaufszahlen von Ghea. Lassen wir das Heroin mal aus dem Spiel — woher hatte Tommy die Ghea-Tapes, diese Fotos und das Printout? Was wissen Sie davon?«
    Ihr breiter roter Mund zog sich zu einem wütenden kleinen Knötchen zusammen. »Du blödes Biest, du hast wirklich keinen beschissenen Schimmer«, sagte sie und zerbrach ihre Zigarette, als sie sie heftig in den Aschenbecher drückte. Sie wollte gehen, aber Keith packte sie beim Arm und hielt sie fest. Seine Finger drückten kräftig zu. Sie schaute sich um, ob jemand zusah. Es sah niemand zu. »Er muß sie gestohlen haben. Er kam von Zeit zu Zeit zu uns nach Hause. Haben Sie sie?«
    »Nein«, sagte ich. »Habe ich das nicht gesagt? Wer immer Tommy umgebracht hat, hat das ganze Zeug mitgenommen.«
    Jetzt trat ein anderer Ausdruck in ihre großen Augen. Es war der dunkel glänzende Ausdruck der Angst. Dieses Mädchen wußte, wer der Mörder war.
    »Stört Sie das?« sagte ich.
    Ihr Entsetzen kroch über die Bar hinweg auf mich zu und ließ meine Kopfhaut prickeln. Sie fing an, ihre linke Hand zu kratzen; ihre Nägel krallten sich rhythmisch in die Haut. »Ich kann nichts weiter sagen. Ich muß hier raus.« Sie sah sich um und rutschte vom Hocker.
    »Moment. Sie müssen’s uns sagen. Was ist das für eine große Sache mit diesem Printout?«
    Sie verdrehte genervt die Augen zur Decke, und ihre dunklen Wimpern schwangen sich zu den Brauen hinauf. Dann tat sie frustriert einen furchtbaren Seufzer, bevor sie noch einmal anfing. »O Gott. Lassen Sie mich doch gehen.«
    »Kann einer mir mal sagen, was hier los ist?« Keiths Stimme war leise und ein bißchen höher als sonst.
    »Dexter wurde erpreßt, nicht wahr?« sagte ich.
    »Mein Gott, wer redet denn von Dexter?« Sie stand auf und wandte sich zum Gehen. Keith konnte sie nicht aufhalten. Sie stieß sich von ihm ab und ging geradewegs zur Tür hinaus.
    »Was jetzt?« fragte Keith. Ausnahmsweise war der selbstgefällige, zuversichtliche, jungenhafte Ausdruck verschwunden. Er sah älter aus — und ernst.
    »Noch einen Drink?« Ich hob mein leeres Glas.
    »Fuck you. Warum hast du es mir nicht erzählt?«
    »Weil alles, was ich dir erzähle, mir ins Gesicht fliegt wie Kotze im Wind,

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