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Lieber tot als vergessen

Lieber tot als vergessen

Titel: Lieber tot als vergessen
Autoren: Denise Danks
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gewesen. Er hatte Zugang zu Cheryl und ihrem Rauschgift. Er könnte es getan haben. Aber Cheryl kennt Tommy. Tommy besucht sie in St. Johns Wohnung und reißt sich alles unter den Nagel. Droht, alles zu verpfeifen. St. John bringt ihn aus Eifersucht und aus Rache um, um seinen Report zurückzukriegen. Es war möglich. Genauso wie es möglich war, daß Dexter Johnny Waits umgebracht hatte.
    »Ich glaube, ich nehme doch einen kleinen Scotch«, sagte ich, atmete noch ein bißchen Rauch ein und streute noch ein bißchen Asche auf seinen Schreibtisch. Dexter goß einen Schluck Whisky in ein funkelndes Glas und stellte es mir hin. »St. John hat Ihnen nie etwas von dem Report gesagt?« Ich genoß das heiße, angenehme Kribbeln, mit dem mir der Whisky über die Zunge floß.
    »Nein. Hören Sie, es war ein Spiel, das sage ich doch — zwischen Johnny und mir. Was den Rest angeht, da irren Sie sich.«
    »Woher hatte er ihn?«
    »Weiß ich nicht. Von Cheryl vermutlich. Sie muß ein Printout gesehen haben.«
    »Sagte er etwas von den verschwundenen Tapes?«
    »Die Tapes hat er erwähnt.«
    »Hat er auch erwähnt, daß er sie zurückgeholt hatte?«
    »Nein.«
    »Haben Sie einen Report über Carla? Hat er den auch gesehen?«
    Wieder war es still im Zimmer. Die ersten Takte von »I Wish It Would Be Christmas« wehten durch den Korridor, als draußen jemand eine Tür öffnete. Mehrer Leute stöhnten im Chor auf und lachten dann. Die Tür schloß sich wieder, und die Musik verklang. Ich trank mein Glas leer und stellte es auf den Tisch.
    »Es gibt keine weiteren Reports. Ich habe gesagt, es war eine Sache zwischen Johnny und mir und hatte mit Carla nichts zu tun. Carla hat sich selbst umgebracht, durch einen Unfall, wie es in der Zeitung stand. Als sie zum Schwimmen herunterkam, wußte ich nicht, in welchem Zustand sie war.«
    »St. John meint, Sie hatten was miteinander. Ist das wahr?« Ich sah ihn an und bemühte mich, den Zorn in meiner Stimme zu unterdrücken.
    Dexter gestattete sich ein kleines Lächeln. »Wir hatten was miteinander? Wir mochten uns. Wir waren Freunde. Jeder braucht mal körperliche Entspannung; also haben wir miteinander geschlafen. Sie liebte mich nicht, und ich liebte sie nicht, jedenfalls nicht auf konventionelle Weise. Wir wollten beide körperlichen Sex mit jemandem, dem wir vertrauen konnten. Das ist alles. Stört Sie das?«
    »Nein«, log ich. »Überhaupt nicht.«
    Dexter beugte sich herüber und schaltete den PC wieder ein. Er tippte auf den Tasten herum und loggte sich ein. »Meine Festplatte ist geschützt, wissen Sie. Niemand kann da hineinschauen, wenn er nicht einbricht, und ich kann alles beseitigen, was niemand sehen soll.«
    »Sind Sie ans Netzwerk angeschlossen?«
    »Ja, aber meine eigenen Informationen sind geschützt. Und wenn ich Informationen... von sensitiver Natur... löschen wollte, müßte ich nur auf diese Taste drücken.«
    »Das würde ich an Ihrer Stelle nicht tun.«
    Dexters Finger schwebte weiter über dem Keybord. »Wieso? Haben Sie denn keine Kopie von den Informationen, deren Existenz Sie sich da einbilden?« Er grinste mitfühlend.
    »Nein, darum geht’s nicht. Schon mal von >Willy’s Wild Ride< gehört, Christian?« Sein Gesicht verriet mir, daß er davon schon gehört hatte. »Und bevor Sie fragen: Jawohl, Willy ist da drin. Ich werde Ihnen nicht sagen, was er Ihnen zu Weihnachten gebracht hat... Sagen wir, er gibt mir Gelegenheit, die Polizei herzubitten, damit sie sich Ihre Festplatte ansieht. Ich rate Ihnen, versuchen Sie nicht, irgend etwas zu löschen.«
    Dexter slawisches Gesicht war jetzt bleich. Seine Finger schwebten über der Tastatur. »Was passiert, wenn ich’s tue?«
    »Sie schicken der Hälfte Ihrer Mitarbeiter ein Memo über Johnny Waits. Und wenn Sie versuchen, sich vom Netzwerk abzukoppeln und die Dateien zu löschen, dann füllt sich Ihre ganze Harddisk mit dem Zeug. Und wenn Sie die Harddisk wegschmeißen, wird die Polizei wissen wollen, warum. Sie wird sie sehen wollen.«
    Er stand auf und ging zum Fenster. Es war drei Uhr, und das graue Tageslicht verschwand langsam in der Dunkelheit. Er spiegelte sich in der Scheibe, umkränzt von Rauch wie ein Gespenst, das ihm erschienen war.
    »Machen Sie auch nur irgend etwas mit dem System, wird es abstürzen. Dann wird jeder wissen, was Sie zu verbergen haben, Christian. Jeder wird wissen, daß Sie Johnny Waits doch umgebracht haben und warum, und zwar eher früher als später. Es wird Ihnen schwerfallen, zu
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