LIEBES ABENTEUER
Schultern. Eine durchschnittlich aussehende Frau in tollen Klamotten. »Ich weiß nicht. Jemanden, der sich gut anziehen kann.«
»Das ist nicht das, was wir anderen sehen«, erwidert Kevin und hält dabei Miles’ kleine Faust fest.
Ich bekomme große Augen und trete unruhig von einem Bein aufs andere. »Was meinst du damit? Du denkst nicht, dass ich tolle Klamotten habe? Hast du meine Schuhkollektion schon gesehen? Und Boots sind wieder Mode. Ich liebe Boots.«
»Ashley, bleib bei der Sache, nur eine Minute, ja?«
Ich nicke.
»Ich will, dass wir uns besser kennen lernen.«
Jetzt kommt’s. Er will, dass wir zusammenziehen oder es im Schlafzimmer »miteinander versuchen« oder testen, ob wir zusammenpassen, bla, bla, bla. Ich baue meine unsichtbare Schutzmauer auf und spüre, wie sich meine Kiefermuskeln anspannen.
»Wenn ich keinen Platz in deinem Kalender bekomme, dann weiß ich nicht, wie ich dir je wichtig genug sein werde. Und ich will dir wichtig sein, Ashley. Wenn du also nichts dagegen hast, hätte ich gerne deinen PDA.« Er hält mir seine Hand hin und balanciert Miles dabei auf dem Knie.
Ich bin kein Dummkopf. Ich wühle in meiner Handtasche und ziehe meinen PDA heraus. »Es ist ein Blackberry. Hübsch, nicht wahr?«
Kevin gibt mir Miles und fängt an, auf meiner Miniaturtastatur herumzutippen. Ich habe jegliche Kontrolle verloren, und zum ersten Mal in meinem Leben macht es mir nichts aus.
35
Als ich nach Hause komme, wird mir klar, dass Kevin recht hat. Es ist schon lange her, seit ich das letzte Mal Prioritäten gesetzt habe. Ich rutsche von der Bettkante auf den Parkettboden, und Rhett legt seinen Kopf in meinen Schoß.
»Ich hätte was werden können, Rhett«, sage ich mit meiner besten Marlon-Brando-Stimme. Rhett schaut mich nur fragend an. Es ist wahrscheinlich nicht gut, seinen Hund zu verwirren.
Früher habe ich ständig Listen geschrieben, um meine Ziele zu erreichen. Irgendwann habe ich dann angefangen, das Leben einfach laufen zu lassen. Ich greife unters Bett, und Rhett steckt seine Schnauze so weit er kann darunter. Ich stöbere in meinem alten Tagebuch in ein paar der unzähligen Listen, die ich damals geschrieben habe. Seltsamerweise ist die erste, die mir in die Hände fällt, die Liste, die ich im Flugzeug mit Kevin gemacht habe - darüber, mit wem ich ausgehen würde und mit wem nicht.
Ich werde mich nicht mehr zu Männern hingezogen fühlen, die
Videospiele spielen.
sich Science-Fiction-Filme öfter als ein Mal anschauen.
Jesus und Frodo verwechseln.
bei der ersten Verabredung im Restaurant geteilte Rechnung machen.
mich mit einem Rabatt-Gutschein in der Hand zum Essen einladen. (Ich sollte ihnen etwas mehr wert sein!)
Als ich auf diese alte, dahingekritzelte Liste schaue, wird mir klar, dass Seth jedes einzelne Kriterium darauf erfüllt. Ich habe ihm die Schuld an allem gegeben, aber jetzt sehe ich, dass ich es schon die ganze Zeit hätte wissen müssen. Seth ist ein toller Kerl, aber er ist, wer er ist, und er war absolut nicht der Richtige für mich. Warum nur habe ich ein Jahr meines Lebens damit vergeudet herauszufinden, was ich schon längst wusste? Wenn ich mir diese Liste so anschaue, wusste ich es schon, lang bevor wir befreundet waren. Ich reiße die Liste heraus und stopfe sie in meine Hosentasche.
Ich schaue an die Decke und merke, dass Gott es mir wohl mehrmals zu sagen versucht hat, aber ich dachte, dass Seth nach Las Vegas gekommen war zur Hochzeit meines Bruders, um mich für sich zu gewinnen, sei das Zeichen gewesen, auf das ich gewartet hatte - ein eindeutiges Zeichen dafür, dass das, was ich wollte, auch Gottes Wille für mein Leben war. Aber wie sollte es das sein? Es hat mich davon abgehalten, weiter in der Band mitzusingen. Es hat mich davon abgehalten, mit den anderen aus der Gemeinde abends auszugehen, und auch von meinen regelmäßigen Einsätzen im Ubergangswohnheim. Wenn etwas Gottes Wille ist, sollte es einen näher zu ihm bringen, oder nicht?
»Hättest du mir das nicht gleich sagen können?«, sage ich laut zu Gott. Aber ich kann ihn beinahe lachen hören über mich und meine Theorien. Entweder ganz oder gar nicht. Dabei wäre ich die ganze Zeit dran gewesen, die Leine zu kappen. Es lag die ganze Zeit in meiner Hand, und ich habe es nie getan.
Wenn ich mein Leben jemals wirklich unter Kontrolle haben will, muss ich Gott die Kontrolle darüber geben. Ich hole meinen Blackberry heraus und bin entschlossen, eine neue Liste zu schreiben,
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