LIEBES ABENTEUER
über mir. Wenn ihn die Arbeitslosigkeit schwer trifft, merkt man es ihm jedenfalls nicht an. Er sieht genauso umwerfend aus wie immer. Und genauso gut gekleidet. Zugegeben, es ist noch nicht lange her, dass er gefeuert wurde, aber trotzdem.
»Hans, was machen Sie hier?«
»Weihnachtseinkäufe. Hören Sie, ich wollte Ihnen sagen, dass es mir leidtut. Ich hatte an dem Tag zu viel getrunken.«
»Hans, das ist Kevin.«
Hans spitzt nachdenklich den Mund. »Viel besser.« Er zwinkert mir zu. »Freut mich, Sie kennen zu lernen, Kevin. Hans Kerchner.«
Die beiden Männer schütteln sich die Hände.
»Angenehm«, erwidert Kevin.
»Da ist meine Verabredung. Wir sehen uns später noch.« Hans geht, und Sophia erscheint auf der Bildfläche. Ich kann es nicht glauben! Sie ist gar nicht nach Italien zurückgegangen.
Ich wende mich wieder Kevin zu und wappne mich für das drohende Unheil. Miles ist aufgewacht und beim Anblick und dem Geräuschpegel von Fresh Choice erschrocken. »Ich muss ihm seine Flasche machen.« Ich mache mich auf die Suche nach warmem Wasser, rühre ihm die Pulvermilch an und komme wieder an den Tisch, wo Kevin das Baby im Arm hat.
»Das steht dir«, sage ich.
»Es ist mein Beruf.« Er schaut auf Miles. »Siehst du, Miles weiß das ganz genau.«
Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit entspanne ich mich. »Ich weiß das auch.«
Kevin nimmt mir die Flasche ab und fängt an, das Baby zu füttern. »Jetzt muss ich es loswerden, bevor wir wieder unterbrochen werden. Iss dein Mittagessen.«
Ich esse meinen Salat und erwische dabei ein zu großes Blatt. Es hängt mir aus dem Mund wie eine halb verschluckte Ratte aus dem Maul einer Schlange. Also nehme ich die Finger und reiße das peinliche Blatt ab, aber dabei bekomme ich die Salatsoße auf die Oberlippe. Ich suche meine Serviette und entdecke, dass Kevin sie Miles umgelegt hat. »Entschuldige«, sage ich und mache mich auf die Suche nach einer Serviette. Dann komme ich zum Tisch zurück. »Okay, ich bin bereit.«
Er räuspert sich. »Als ich dich damals auf dem Flug nach Taiwan gesehen habe, war das für mich die Bestätigung, die ich gebraucht habe. Ein Zeichen.«
Ich erinnere mich an die Zeit, als ich dachte, Kevin sei der bestaussehendste Mann, den ich je gesehen habe, und an meine ziemlich wilden Tagträume. Wie ich mir wünschte, dass alles perfekt sein sollte, und ihn dann im Flugzeug verließ, um auf jenen verzauberten »fabelhaften Freitag« zu warten, an dem ich ihn wie Deborah Kerr im Top of the Mark-Restaurant treffen würde. Es war einfach nur peinlich. Auch wenn ich »bereit« bin, bin ich immer noch Ashley.
»Ich wollte dir sagen«, ruft er über die Hilfskraft hinweg, die unsere Tabletts abräumt. Das Klirren des Geschirrs ist so laut, dass Miles sich verschluckt und anfängt zu spucken.
»Ich glaube, er braucht eine Pause, um aufzustoßen«, werfe ich ein.
Kevin holt tief Luft und legt das Baby über seine Schulter. Miles macht weiter und spuckt alles, was Kevin ihm gerade gefüttert hat, wieder aus, genau auf Kevins Rücken und sein frisch gebügeltes weißes Hemd.
Kevin steht schnell auf, und ich hole eine Windel aus der Tasche und versuche die Spuren so gut es geht abzuwischen, als Kevin sich zu mir umdreht und sein Gesicht genau vor meinem ist.
»Ich hatte gehofft, ich könnte es bei einem Glas Wein und mit Rosen sagen, aber ich muss mich wohl mit Eistee und welkem Salat begnügen, oder ich bekomme nie deine Aufmerksamkeit.« Er nimmt mir die Windel ab und hält Miles mit dem Gesicht nach unten, wobei die unschuldig gerunzelte Stirn des Babys schwer zu übersehen ist. Ich zwinge mich, Kevin anzuschauen.
»Brea sagt, dass ich nicht für Romantik geschaffen sei. Ich würde einen Romantiker wie einen Käfer zertreten. Nimm es also bitte nicht persönlich.«
»Als ich dich zum ersten Mal im Gottesdienst singen gehört habe ...« Er schaut mich an, um sicher zu sein, dass ich ihm zuhöre.
»Ä-hä?«
»Bevor ich Christ wurde, habe ich mich schon zu dir hingezogen gefühlt, wie die sprichwörtliche Motte zum Licht.« Hier lacht er ein wenig. »Ich weiß, dass das kitschig klingt. Verzeih mir.«
Ich bin bereit fürs Dessert. Ich zittere am ganzen Körper und sitze nicht mehr in einem schrecklich lauten Restaurant ohne Kellner. Ich bin auf einer Tropeninsel, treibe auf einem Floß und bade mich in der sanften Wärme solcher irrealen Worte.
»Warum?«, sage ich plötzlich.
»Wen siehst du im Spiegel, Ashley?«
Ich zucke mit den
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