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LIEBES ABENTEUER

LIEBES ABENTEUER

Titel: LIEBES ABENTEUER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Billerbeck
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mit den Zielen und stopfe es in meine Jackentasche.
    Wenn ich in Taiwan aussteige, fühle ich mich immer zugleich erleichtert und bedrückt. Erleichtert, weil alles besser ist, als achtzehn Stunden im Flugzeug zu sitzen, und bedrückt, weil Taiwan eben Taiwan ist. Es ist bestimmt ein schönes Land, irgendwo. Aber den Teil des Landes bekomme ich natürlich nie zu sehen. Ich sehe nur Hotels, Fabriken, Büros und teure Meeresfrüchte- Restaurants.
    Geschäftsreisen hören sich immer sagenhaft an, bis man selbst auf eine geht. Dann sieht London aus wie Taiwan und Taiwan wie Indien und Indien wie irgendeine Kleinstadt in Amerika. Man kommt in westliche Hotels und trifft sich mit ausländischen Geschäftsleuten. Reisen heißt eigentlich, dass ein bisschen Abenteuer dabei sein sollte. Aber Geschäftsreisen sind nicht abenteuerlich, es sei denn, Sie finden es abenteuerlich, Ihrem Essen in die Augen zu sehen.
    Als ich im Flughafen bin, gehe ich zur Gepäckausgabe. Normalerweise mache ich das nicht, aber meine mangelnde Begeisterung über diese Reise beginnt schon auffällig zu werden, und ich denke, ein bisschen Zeit allein, um meine Tasche abzuholen, kann nicht schaden. Mein roter Koffer dreht ganz allein seine Kreise auf dem silbernen Förderband. Nur eine einsame schwarze Tasche liegt noch auf der anderen Seite des Karussells.
    »Ist das Ihre Tasche?«, fragt mich ein Vertriebsingenieur. Woher ich weiß, dass er Vertriebsingenieur ist? An seiner Einheitsaufmachung. Softwareingenieure (wie Seth) sind die Freaks. Sie benutzen Taschen-Schutzhüllen für ihre Stifte, tragen nur Werbe- T-Shirts und sind die Zielscheibe aller Fernsehkomiker. Hardwareingenieure kommen leger gekleidet zu Geschäftsverhandlungen. Sie tragen meistens Hemden ohne Krawatte und leichte Stoffhosen. Aber Vertriebs- und Marketingleute sind ein ganz anderer Schlag. Sie sind die Hollywoodversion der Ingenieure, schlau, intellektuell, nehmen das Leben um sich herum wahr, und ihr Horizont geht über Videospiele und Science-Fiction-Filme hinaus.
    »Ist das Ihre Tasche?«, fragt er noch einmal.
    Ich nicke, und er zieht sie vom Karussell. »Danke.«
    Ich stehe nur da und starre ihn an. Mein Blick sagt: »Sind Sie mein zukünftiger Ehemann?« Wie in diesem Kinderbuch, in dem der kleine Vogel alle Tiere fragt: »Bist du meine Mutter?«
    »Angenehmen Aufenthalt«, sagt er und trottet davon, und mein Magen dreht sich. In meinem Leben geht es nur noch um unerfüllte Erwartungen. Ich muss wohl so eine Ausstrahlung haben, die signalisiert, Lauft, Männer! Lauft sofort weg! Dreht euch nicht um!
    Als mich das Taxi vor dem Hotel absetzt, entdecke ich neben dem Haupteingang einen Juwelier. Da fällt mir ein, dass ich hier schon einmal vor mich hingeschmort habe. Der Laden gehört einem Israeli, und die Schaufenster sind mit hebräischer, chinesischer und englischer Schrift besprüht. Auf Englisch steht da »Sonderangebot«, und ich vermute, in den anderen Sprachen auch.
    Im Schaufenster liegt ein außergewöhnlicher Platinring mit einem Saphir und Diamanten darum herum. Das Preisschild ist in Taiwan-Dollar. Der Ring sieht einfach nur teuer aus, aber er ruft mir förmlich zu: Ich bin dein Frustkauß Ich seufze, gehe zum Hoteleingang und ziehe mein Handgepäck hinter mir her.
    Im Hotel bringt der Page mein Gepäck in eine Suite mit einem eleganten Wohnzimmer mit Sofas, Schreibtisch und richtig viel Platz. Wow, mit dem Chef zu verreisen hat Vorteile, denke ich einen Augenblick lang. Dann fällt mir die Kinnlade runter, als ich nebenan noch ein zweites Schlafzimmer entdecke. Die Tür steht offen, und drinnen sehe ich einen geöffneten Koffer. Mir ist vollkommen klar, wessen Koffer das ist.
    »Entschuldigung, aber ich teile mein Zimmer mit niemandem.«
    Der Page nickt nur. »Geschäftsführer Hans. Er bucht immer Suite, Miss.«
    Ich kann meinen Herzschlag in den Ohren hören. Ich bin in einem fremden Land zusammen mit einem Mann, der keine Regeln kennt. Doch, er kennt seine eigenen Regeln, bei denen es darauf ankommt, wer was weiß. Meine Hände werden feucht.
    »Ich möchte mein eigenes Hotelzimmer. Können Sie meine Sachen bitte woanders hinbringen?« Ich halte ihm meine Kreditkarte hin. »Kreditkarte. Ich zahle.« Zur Bekräftigung schlage ich mir auf die Brust, was vielleicht auch funktionieren würde, wenn ich mit einem Gorilla sprechen würde.
    »Hotel voll, Miss. Dieses Zimmer schon bezahlt.« Der Page schaut mich fragend an. Ich weiß, dass es nicht ungewöhnlich ist,

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