Liebes Glück - Ein Ashley Stockingdale Roman (German Edition)
per Hand wieder annähen müssen. Es war sowieso zu früh, die Schuhe ohne das Kleid zu kaufen. Was habe ich mir nur gedacht?
Mein Anrufbeantworter blinkt und ich kann nicht unbedingt behaupten, dass ich vor Vorfreude platze, mir die Nachrichten anzuhören. Vermutlich ist es Kevin, der unsere morgige Verabredung absagen will, oder Seth, der darauf hofft, dass ich mich mit ihm im „Suppenhaus“ treffe, um mir seine spätabendliche Rechtfertigungsarie anzuhören. Ich schließe die Augen und drücke auf den Knopf.
„Ashley, hier ist Purvi.“ Na super. „Wir haben eine wichtige Abgabe-Deadline verpasst, weil du zu kindisch warst, um dich mit dem neuen Software-Direktor zu unterhalten. Was ist los mit dir? Dafür gibt es einfach keine Entschuldigung. Du wirst schlampig bei der Arbeit. Das ist nicht so wie du – Piiiep! “ Der Anrufbeantworter unterbricht sie und ich wünschte mir, ich hätte etwas eingebaut, das es mir erlaubt, alle um mich herum einfach auszuschalten, wann ich will.
„Das wäre doch mal eine tolle Extrafunktion“, sage ich zu Rhett, und wir lassen uns aufs Bett fallen.
„Du bist so ziemlich der Einzige, dem ich heute nicht auf die Nerven gegangen bin, Rhett, obwohl du mich königlich verärgert hast mit deinem letzten Schuhfest. Wie fühlt es sich an, als Einziger auf meiner Fan-Liste zu stehen?“
Rhett reibt seine feuchte Nase an meinem Kinn und das Telefon klingelt.
„Hallo.“
„Ashley, hier ist Kevin.“ Beruhige dich, mein Herz. Seine Stimme sorgt bei mir noch immer für ein Kribbeln im Bauch, ob ich will oder nicht. Wahrscheinlich hat er über mein Verhalten nachgedacht oder wurde von Emily zusammengestaucht. Die Predigt, die ich verdiene, ist bestimmt schon unterwegs – dafür, dass ich mich nicht wie eine Christin verhalten habe, oder darüber, dass ich ja eigentlich erwachsen bin. Aber wenn jemand an dem Kleid herumstümpert, das man sich schon seit der High School ausgemalt hat … Momentan spüre ich eine große, bedrohliche Angst in mir.
„Hi Kevin. Wie geht’s deiner Schwester?“
„Sie ist mit Matt ausgegangen. Sie gehen in die Rocky Horror Picture Show ins Retro-Filmtheater.“
„Sag mir bitte, dass sie sich nicht dafür in Schale geworfen hat.“
„Ashley, ich glaube, sie hat keine Ahnung, was da auf sie zukommt. Und ich denke, dass die Kostüme eine Überraschung für sie sein werden. Sie denkt, sie sehen sich einen Gruselfilm an.“
„In mancherlei Hinsicht könnte sie damit auch recht haben. Nicht annähernd so gruselig zwar wie die Besucher, aber denkst du nicht, dass sie sich auf einen Schock wird gefasst machen müssen?“ Der Gedanke, wie Emily Tim Curry zum ersten Mal in Frauenkleidung sieht, weckt in mir den Wunsch, in meine Steve-Madden- Schuhe zu schlüpfen und mir die eigentliche Show anzusehen: den Zusammenbruch der Südstaatenschönheit.
„Emily wusste noch nicht einmal, warum er Toastbrot dabeihatte.“ Kevin lacht über einen von den vielen Insiderwitzen bei diesem Film, der eigentlich vor meiner Zeit lief, aber viele Spinner in der Schule haben ihn sich angesehen. Ich wünschte, ich könnte das sehen. „Wenn sie glaubt, dass Ingenieure und Der Herr der Ringe merkwürdig sind, wird das für sie ein Abend voller Überraschungen. Sie wird herausfinden, dass eine Verabredung mit jemandem, der einer anderen Generation angehört, auch seine Tücken hat.“
„Warum hast du sie nicht gewarnt?“, frage ich. Ich meine, sogar ich hätte sie gewarnt. „Die Rocky Horror Picture Show? Befindet er sich etwa in irgendeiner Zeitkrümmung?“
„Oh, ich habe versucht, es ihr zu erklären. Ich habe ihr gesagt, dass es ein modernes Melodrama ist, ein Kunstwerk, ein Kult, wenn man so will. Als sie gegangen sind, dachte sie, sie würden eine kulturelle Veranstaltung aus vergangenen Zeiten besuchen. Aktionskunst aus einer anderen Ära. Zumindest habe ich es so verstanden, als sie rief: ‚Keh-vin, ich bin gut darin, künstlerisches Bestreben zu verstehen.‘ Sie hat ein paar Kunstseminare besucht, bevor sie beschlossen hat, dass das College nichts für sie ist.“
„Hast du ihr denn wenigstens gesagt, dass sie jünger ist als der Film selbst?“
„Emily ist dir in vielem ziemlich ähnlich. Es kommt nichts mehr bei ihr an, sobald sie die Höhle der Verdammnis betreten hat. Sie hat es mit der Fähigkeit verglichen, Gefallen an Casablanca zu finden. Was soll‘s, sie wird es selbst herausfinden müssen.“ Er hält kurz inne. „Du hast es ja
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