Liebes Leben: 14 Erzählungen (German Edition)
Gottesdienst. Er hatte vor ein paar Jahren eine Frau nach Hause gebracht. Sehr geschminkt und aufgetakelt. Es hieß, sie sei seine Ehefrau gewesen, aber offenbar stimmte das nicht.
Wie oft war das Mädchen im Haus des Pfarrers, um zu bügeln, während der Saxophonspieler da war? Einige Leute hatten es sich an den Fingern ausgerechnet. Nämlich nur ein einziges Mal. So hörte es Ray auf der Polizeiwache, wo Klatsch genauso gut gedieh wie unter Frauen.
Isabel fand, das war eine großartige Geschichte. Und nicht die Schuld der beiden Ausreißer. Schließlich hatten sie den Schneesturm nicht bestellt.
Es erwies sich, dass sie den Saxophonspieler flüchtig kannte. Sie war ihm einmal auf dem Postamt begegnet, als er zufällig zu Besuch war und sie eine der Phasen hatte, in der sie kräftig genug war, um aus dem Haus zu gehen. Sie hatte eine Schallplatte bestellt, aber die war noch nicht da. Er hatte sie gefragt, was für eine es war, und sie hatte es ihm gesagt. Etwas, woran sie sich jetzt nicht mehr erinnern konnte. Er hatte ihr von seiner eigenen Beschäftigung mit einer anderen Art von Musik erzählt. Irgendetwas hatte ihr bereits verraten, dass er nicht von hier war. Seine Art, sich zu ihr vorzubeugen, und sein starker Geruch nach Juicy-Fruit-Kaugummi. Er erwähnte das Pfarrhaus nicht, aber jemand anders erzählte ihr von der Verbindung, nachdem er sich von ihr verabschiedet und ihr alles Gute gewünscht hatte.
Ein kleiner Charmeur, oder überzeugt, bei Frauen gut anzukommen. Irgendein Gerede von einem Besuch, um sich die Platte bei ihr anzuhören, falls sie je eintraf. Hoffentlich nicht ernst gemeint.
Sie neckte Ray mit der Überlegung, ob es seine Beschreibungen der großen weiten Welt mit Hilfe der Filme waren, die das Mädchen auf die Idee gebracht hatten.
Ray sagte nichts dazu und konnte selbst kaum glauben, wie verzweifelt er in der Zeit gewesen war, als das Mädchen vermisst wurde. Natürlich war er sehr erleichtert, als er erfuhr, was geschehen war.
Trotzdem, sie war fort. Auf nicht völlig ungewöhnliche oder hoffnungslose Art war sie fortgegangen. Absurderweise kränkte ihn das. Als hätte sie wenigstens eine Andeutung machen können, dass es in ihrem Leben noch etwas anderes gab.
Ihre Eltern und die übrigen Kinder waren bald ebenfalls fort, und anscheinend wusste niemand, wo sie abgeblieben waren.
Der Pfarrer und seine Frau verließen die Stadt nicht, als er in den Ruhestand ging.
Sie konnten ihr bisheriges Haus behalten, und die Leute nannten es oft noch immer das Pfarrhaus, obwohl es das eigentlich nicht mehr war. Die junge Frau des neuen Pfarrers hatte etliches an dem Haus auszusetzen gehabt, und statt das alles in Ordnung zu bringen, hatte die Kirchenleitung beschlossen, ein neues Haus zu bauen, damit sie sich nicht mehr beschweren konnte. Das alte Pfarrhaus wurde dann billig an den alten Pfarrer verkauft. Es bot Platz für den Musikersohn und seine Frau, wenn sie mit ihren Kindern zu Besuch kamen.
Es waren zwei, ihre Namen erschienen in der Zeitung, als sie geboren wurden. Ein Junge und dann ein Mädchen. Hin und wieder kamen sie zu Besuch, meistens nur mit Leah; der Vater war unterwegs zu seinen Tanzveranstaltungen oder dergleichen. Weder Ray noch Isabel waren ihnen bei diesen Besuchen begegnet.
Isabel ging es besser, fast normal. Sie kochte so gut, dass beide zunahmen, und sie musste damit aufhören oder wenigstens die üppigeren Gerichte weniger oft auftischen. Sie tat sich mit anderen Frauen in der Stadt zusammen, um Bücher der Weltliteratur zu lesen und zu besprechen. Ein paar hatten nicht verstanden, was das mit sich brachte, und blieben fern, aber von denen abgesehen war es ein erstaunlicher Erfolg. Isabel lachte über das Theater, das es im Himmel geben würde, sobald sie sich den armen alten Dante vorknöpften.
Dann fiel sie ein paarmal in Ohnmacht oder hatte Schwächeanfälle, weigerte sich aber, zum Arzt zu gehen, bis Ray mit ihr schimpfte und sie behauptete, es sei sein Jähzorn, der sie krank machte. Sie entschuldigte sich, und beide versöhnten sich, aber ihr Herz ließ so stark nach, dass sie eine Frau einstellen mussten, eine sogenannte Hilfsschwester, die bei ihr blieb, wenn Ray nicht zu Hause sein konnte. Zum Glück war etwas Geld da – ihrerseits aus einer Erbschaft und seinerseits von einer kleinen Gehaltserhöhung –, das zur Verfügung stand, doch er blieb aus eigener Entscheidung bei der Nachtschicht.
Eines Sommermorgens schaute er auf seinem Heimweg
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