LIEBES LEBEN
zu meinem Sitznachbarn, und er lächelt mich herablassend an. Ja, ich bin ein Loser, und wenn schon.
»Auf den Namen reagiert niemand, Miss. Es tut mir leid.«
»Falls er noch kommt und nach Ashley Stockingdale fragt, wären Sie so freundlich und würden ihm ausrichten, dass mein Flug aus Taiwan sich verspätet hat?« Das klingt jetzt wichtig. Ich habe gerade meinen Fall gegen eine große Telekommunikationsfirma in Asien vorgebracht. Die Aktien meines Unternehmens sind gestiegen, nachdem ich die Sache so unglaublich gut vertreten habe. Sagen Sie ihm das auch!
Ich höre, wie sich der Mann meine Nachricht notiert, und er versucht, meinen Schmerz ein wenig zu mildern. »Im Moment ist hier nicht so viel los. Ich denke, ich werde ihn erkennen, wenn er kommt.« Hat mich gerade jemand auf der anderen Seite der Erde versetzt?
Ich bedanke mich und lege auf, weil mir plötzlich klar wird, dass dieses Gespräch wahrscheinlich alle zehn Sekunden einen Dollar kostet. »Sie waren wohl auch für den Flug gestern gebucht, was?«, fragt mein Sitznachbar.
Mister Geschäftsmann trägt keinen Ehering. Ich könnte schwören, dass er vor fünf Minuten noch einen getragen hat. »Ja. Ich habe die Nacht auf dem Flughafen verbracht.« Ich hoffe, dass das meine nachlässige Erscheinung erklärt. Wenigstens sind meine Haare in Ordnung. Heute Morgen ähnelt meine Frisur irgendwie dem Wuschelkopf von Moderator Ryan Seacrest, nur in rotbraun natürlich und ohne die teuren Highlights.
»Ich saß in Japan im Flugzeug, als sie beschlossen, es aus dem Verkehr zu ziehen.« Er streckt mir seine Hand hin. »Rob Nasser.«
»Freut mich. Ashley Stockingdale.« Wir schütteln uns die Hände. Sehr ungewöhnlich für ein Flugzeug, wo sich mein Kontakt zu meinen Nachbarn gewöhnlich darauf beschränkt, Getränke weiterzureichen. Rob sieht nett aus, aber ein bisschen nach Vertreter, was mir nicht sehr zusagt. Zu glatt für meinen Geschmack. Sein Haar ist über den Ohren mit Gel modelliert, so dass es aussieht wie eine Stockcar Rennbahn. Ich bin außerdem auch nicht angetan von Männern, deren Fingernägel besser aussehen als meine oder die mehr Schmuck tragen als ich, was Rob tut.
Auf einmal erkenne ich kristallklar: Ich mag Ingenieure. Das macht mir Angst, zum einen, weil sie mich nicht zu mögen scheinen, und zum anderen, weil ich damit auf ewig dazu verdammt bin, um die Aufmerksamkeit von Männern zu buhlen, die lieber Matrix sehen als mich nackt.
Deshalb bin ich Single. Das muss der Grund sein. Wenn ich woanders als im Silicon Valley leben würde, würden mir die Männer wahrscheinlich die Bude einrennen. Ich bin ein Opfer meiner geografischen Lage.
»Sie verpassen Ihre Verabredung. Das ist sehr schade.« Rob ist zu besorgt. Ich vermute mal, dass er mir gleich anbieten wird, meine Stimmung auf der Toilette etwas zu heben.
Und schon kommt sie, die erste Schwindelei auf diesem Flug.
»Es ist nur mein Verlobter. Er wird verstehen, dass ich nicht kommen kann.«
»Hat er denn kein Handy?« Panik . Ich bin die schlechteste Lügnerin der Welt.
»Er ist Chirurg«, füge ich hastig hinzu. »Ich rufe ihn nicht gerne auf dem Handy an, weil er dann immer denkt, es sei ein Notruf vom Krankenhaus oder so etwas. Wenn er dann gerade im Auto sitzt, fährt er sofort rechts ran und so.«
»Oh, sehr rücksichtsvoll von Ihnen, Ashley . Sehr rücksichtsvoll.«
Die Art, wie er meinen Namen so betont ausspricht ist, unangenehm. Sein Blick geht unruhig hin und her, wie bei einer Eidechse, und ich warte fast schon darauf, dass jeden Augenblick seine Zunge hervorschnellt.
»Ja, ich versuche rücksichtsvoll zu sein. Kevin ist so beschäftigt.« Ich suche in meiner Tasche nach dem People Magazin. Ich will ihm zeigen, wie oberflächlich ich bin, und ihm hoffentlich auch signalisieren, dass ich an einer Unterhaltung nicht interessiert bin. Und auch an nichts anderem. Als ich die Zeitschrift heraushole, schaut er auf das Titelblatt.
»Sie lesen People?«
»Ja.« Das ist so eine Art Ausflucht für mich , aber das sage ich nicht laut. Im Moment möchte ich so wenig begehrenswert erscheinen wie nur möglich. Vielleicht lässt er mich in Ruhe, wenn ich einen auf affektierte Gans mache. »Ich liebe es, zu wissen, was all die Stars so treiben und was sie zu wichtigen Ereignissen tragen. Außerdem steht alles drin über meine liebsten Fernsehsendungen.« Ich kann es kaum erwarten, Brea die Geschichte zu erzählen.
Allmählich muss es mir doch schon auf der Stirn geschrieben
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