LIEBES LEBEN
Hollings hielt sich für beliebt. In seinem Größenwahn war er immer mit den Cheerleadern zusammen, während die ihn nur auslachten und ihn Getränke holen schickten. Im Jahrbuch ist ein Bild von ihm, auf dem sie ihn in eine Mülltonne gesteckt haben, und alle Footballfans stehen drum herum. Er hat immer behauptet, das hätten sie extra für den Fotokurs gemacht. Ja, natürlich.
Dan redet immer noch. »Passt es dir am Freitag? Ich habe gehört, dass du in Palo Alto arbeitest; ich auch. Vielleicht können wir uns bei Fresco’s treffen.«
Fresco’s. Na schön, eines haben ihm die Cheerleader beigebracht: Geizig sein ist kein attraktiver Charakterzug. »Klingt großartig. Das ist eines meiner Lieblingsrestaurants.« Ist das frech? Er könnte mich ja auch ins Top of the Mark einladen. Aber er ist immer noch Dan Hollings.
»Schön. Ich reserviere einen Tisch.« Seine Stimme klingt wie eine Bandansage. Ein künstlicher Bariton mit einem Schuss schmeichelndem Tonfall. »Dann bis Freitag, zwölf Uhr.« Schon die Art, wie er das sagt, klingt, als sei er extrem selbstbewusst oder als müssten meine Knie jetzt weich werden. Iiiih. Iiiih. Iiiih. Ich bring dich um, Brea.
Nach ein bisschen mehr leerem Gerede lege ich auf. Drei Verabredungen. Ich wurde in einer Woche drei Mal von Männern eingeladen. Ich weiß, dass ein grausames Schicksal meiner harrt und dass Gott mir eine ganz besondere Lektion erteilen will. Ich hoffe nur, dass es nicht diese Verabredung ist. Ich durchsuche meine Regale nach diesem Buch über persönliche Grenzen stecken.
Mir fehlen ganz eindeutig persönliche Grenzen, denn
ich veranstalte eine Brautparty für die Verlobte meines Bruders, obwohl ich erst vor zwei Tagen nach Hause gekommen bin. (Und sie findet bei niemand Geringerem statt als bei meiner Mutter zu Hause!)
ich habe mich mit einem Mann verabredet, den ich gar nicht sehen möchte, geschweige denn mit ihm ausgehen. (Ich würde doch nicht wirklich in eine Cheerleader-Familie einheiraten wollen!)
ich habe es nicht geschafft, Seth gegenüber hart zu bleiben oder ihm von Kevin zu erzählen, und am schlimmsten ist ...,
dass ich diesen grauenhaften lila BH wieder anhabe! Ich dachte, ich hätte ihn weggeworfen.
Das Buch über persönliche Grenzen ist nirgends zu finden. Ich komme noch zu spät. Wahrscheinlich habe ich das Buch verliehen, weil ich es nicht fertiggebracht habe zu sagen, nein, kauf dir dein eigenes Buch . Sich ein Buch über persönliche Grenzen gleich zweimal zu kaufen ist ganz sicher ein Anzeichen für Geistesgestörtheit. Vielleicht sollte ich mir das Diagnostische und Statistische Handbuch Psychischer Störungen kaufen und mich selbst diagnostizieren. Ich bin mir sicher, dass, was auch immer ich habe, mit meinen Eltern zusammenhängt. Ich wäre wahrscheinlich ganz normal, wenn ich in einer anderen Familie aufgewachsen wäre.
Aber ich schweife ab. Ich bin ja seit Neuestem eine fantastische Frau, schon vergessen? Ich schaue in den Spiegel, fahre mir mit den Fingern durch die Haare und spreche mit meinem Spiegelbild.
»Du bist Ashley Wilkes Stockingdale. Du bist fantastisch. Du musst nicht erst heiraten, um eine fantastische Frau zu sein. Heiraten kann jeder, aber du wirst dich nicht mit irgendjemand zufriedengeben. Nein, du wartest auf deinen persönlichen Mr. Darcy, auf die christliche Ausgabe von Colin Firth.« Ich spitze die Lippen und werfe mir selbst eine Kusshand zu. Jetzt bin ich auf alles vorbereitet, sogar auf meine Verwandten und die Brautparty für die Verlobte meines Bruders. Kommt nur alle!
Noch mal das Telefon. Das Display sagt, es ist Mama. Hmmm. Ich überlege mir ernsthaft, ob ich drangehe, aber dann wird sie mich nur auf dem Handy nerven. »Hallo.«
»Ach, gut, dass ich dich erwische, Ashley. Hör zu, dein Bruder wollte Mei Ling etwas Nettes schenken und hatte keine Zeit, einkaufen zu gehen. Hast du irgendetwas zu Hause, was du für sie einpacken könntest?«
»Was zum Beispiel? Eine Schachtel Verhütungspillen?«
»Ashley! Dein Benehmen ist in letzter Zeit unerträglich. Ich habe dir nicht beigebracht, so freche Antworten zu geben. Ashley Wilkes würde niemals so etwas sagen.«
Ich unterdrücke ein Kichern. Ich bin in letzter Zeit wirklich etwas gemein. »War nur Spaß, Mama. Ich werde schon etwas finden.«
»Aber pass auf, dass es nichts ist, was deine Tante Trudy dir zu Weihnachten geschenkt hat. Sie kommt auch. Ich habe meinen Geschenkeschrank durchsucht, aber nichts Passendes gefunden.«
»Ich habe so
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