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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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ist nicht unsere Aufgabe, uns an das Recht des Staates zu halten, sagte Gabriel.
    Mir reicht das jetzt, sagte ich, kaum bist du da, gibt es schon Verwicklungen. Mann, ich bin nicht bei irgendeinem Halunken
     eingestellt. Du kassierst bei mir Spesen, vergiß das nicht.
    Hast du Angst? sagte Gabriel.
    Das alles lenkt mich ab, sagte ich leise, der Herr über die Rezeption, der Hauptdienstleistender Herr Harbach, war aufgestanden
     und wippte auf den Fußsohlen, im Moment lohnte es für ihn nicht, die ihm untergeordneten Personen aus seinem Geschäftsbereich,
     einem Holztresen, zu verbannen, und als Napp schwer schnaufend ins Foyer stürmte, baute er sich sofort vor ihm auf, ein Unruhestifter
     kam ihm nicht ins Haus, und fast, so glaubte ich, würde er Napp gleich vorschnarren, er solle doch bitteschön sein Grundstück
     verlassen, Herr Harbach war ein Höllenhund und witterte die Halunken, und das hier war kein Hotel, das hier war ein Gelände,
     das Unbefugte nicht zu betreten hatten. Dann aber wies sich Napp als Potenzmittelhändler aus, und Herr Harbach entspannte
     sich und unterbrach Napp mit netten Gegenfragen, und ich gab auf der Stelle auf, die Österreicher verstehen zu wollen, sie
     waren eifrige nette Trolle |309| , sie führten geradezu afrikanische Titel, und wenn sie mich gewähren ließen, weil sie in mir einen Touristen der mittleren
     Klasse sahen, war alles in Ordnung. Also nehme ich einen zweiten Anlauf, dachte ich, es gibt einen Anfang und eine Mitte,
     und nun bin ich in Wien, und meine Geschichte nimmt ihren Lauf. Napp drückte den Oberarm von Herrn Harbach und kam in gehüpften
     Schritten zu uns, Gabriel starrte ihn an, ich starrte ihn an.
    Freundschaft ist möglich, sagte Napp, jeder Mann, wenn er denn Kerls genug ist, versteht, daß er meine Dienste in Anspruch
     nehmen wird, denn das Fleisch wird mürbe.
    Ich erkenne dich nicht wieder, sagte Gabriel.
    Also, der Mann, mit dem ich mich gleich treffen werde, hat einen gewissen Ruf, sagte Napp, er sammelt bizarre Reliquien. Es
     steht auf der Kippe. Könnte sein, daß wir handelseinig werden. Könnte aber auch sein, daß das Geschäft platzt.
    Du willst ihm eine Rübe unterjubeln, stellte ich fest.
    Was Rübe ist und was Alraune, das bestimmt der Kunde, sagte Napp.
    Kommt er allein?
    Das würde mich sehr wundern.
    Folgendes wird geschehen, sagte Gabriel, er mustert die blöde Rübe in seiner Hand, dann läßt er seinen Knochenbrecher von
     der Leine, und am Ende liegen wir drei in unseren Blutlachen.
    Schon damals warst du pessimistisch, sagte Napp, aber gut, wir werden ja sehen. Los jetzt.
    Und da klingelte mein Mobiltelefon, ich las die Zeilen auf dem Display, ein unbekannter Teilnehmer rief an, es war teuer,
     ein Gespräch im Ausland anzunehmen, doch trotzdem drückte ich auf die Annahmetaste und lauschte der Stimme von Jarmila, die
     wissen wollte, was ich in |310| dieser ihr verhaßten Stadt tat, und sie sagte, daß meist das Wetter oder Störungen im Betriebsablauf planvoll vorgehenden
     Männern einen Strich durch die Rechnung machten. War mein Plan aufgegangen, oder hatte ich einen Bogen um die kaputten Sachen
     gemacht, auf die ich immer wieder stieß? Ich gab zu, daß ich mich mitreißen ließ und daß mir noch nicht eingefallen war, hochzusehen
     zu den Wolken am Himmel, aber es regnet, sagte ich, es ist vergeblich, auf gutes Wetter zu hoffen, der Sommer ist längst vorbei,
     sie hörte mir eine Weile zu und sagte, daß der Verdammte tot wäre, sie hätte eine Vermißtenanzeige erstattet, doch die Polizei
     ginge nicht von Mord oder Selbstmord aus, für sie war der Verdammte ein lästiger Gaukler, und solange man nicht auf seine
     Leiche stieß, würde man nicht mehr tun als Nichtstun. Ich fragte sie, wie es ihr ginge, sie aber sprach nur von Männern, die
     in der Versenkung verschwinden, die ihr entglitten, als wäre sie keine Frau, sondern ein mit Übeln beladener Körper, da war
     es wieder, sie benutzte seltsame Worte, ich bin kein Mann, schrie sie plötzlich, man darf mich begehren. Ich lief hinter Gabriel
     und Napp her und hielt das Handy an mein Ohr, obwohl Jarmila längst aufgehört hatte zu reden, ich hätte auflegen sollen, doch
     statt dessen lauschte ich ihren Atemzügen, und ich sagte, weil ich diese Stille nicht ertragen konnte, ich sagte: Ich folge
     zwei Männern, und jetzt biege ich an der Ampel rechts ab, und da sehe ich schon die Kirche, die Mariahilf-Kirche mit den beiden
     Zwiebeltürmen, auf die Kirche gehe

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