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Liebesbrand

Liebesbrand

Titel: Liebesbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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Straßenseite, ein Blick hatte genügt, um mich als
     potentiellen Kunden auszuschließen. Das Wenzelsdenkmal mit den Nationalheiligen Ludmilla, Prokop, Adalbert und Agnes zeichnete
     sich ab gegen die graubraune Fassade |258| des Nationalmuseums, wie überall auf der Welt sollte die Architektur die Menschen einschüchtern.
    Dann sah ich sie, die Frauen in dunkelrosa Skistiefeln, die sie trugen, obwohl es immer noch warm war, ihre Haare hatten sie
     mit Gel an den Schläfen straffgestrichen, sie gingen nicht auf die Männer zu, sie schauten nur kurz hin und wieder weg, das
     Schaulaufen der Touristen interessierte sie nicht. Ich hatte Herzklopfen. An der Reiterstatue kehrte ich um, bog in die zweite
     Seitenstraße ein und ging an den Frauen vorbei, ohne hinzusehen, dann hielt ich inne und drehte mich um, eine Frau stand mir
     gegenüber, es gefiel mir, daß sie nicht stark geschminkt war, mir gefiel, daß sie aussah wie eine normale unscheinbare Tschechin,
     sie spreizte die Finger ihrer rechten Hand und formte mit dem Daumen und dem Zeigefinger eine Null, sofort griff ich zu meinem
     Portemonnaie und gab ihr zwei Zwanzigeuroscheine und einen Zehneuroschein, sie nahm sie entgegen und steckte sie in ihren
     Ausschnitt, dann nahm sie mich bei der Hand, und als wir an einer Frau in rosa Skistiefeln vorbeiliefen, pfiff sie uns an,
     ich folgte der unscheinbaren Tschechin in einen dunklen Hinterhof, sie stellte sich neben zwei Mülleimern an die Wand und
     nickte mir zu, es gefiel mir, daß sie nicht an meinem Gürtel nestelte, daß sie es mir überließ, die Hose aufzuknöpfen, sie
     hing mir unterhalb der Knie und rutschte herunter, die normal schöne Tschechin zeigte auf sich und sagte: Marja, ich zeigte
     auf mich und sagte: Vaclav, sie lachte leise darüber, dann schob sie den Rock hoch und zog ihren Slip herunter, ich überließ
     ihr die Führung, sie rollte das Kondom über mein Glied und drückte sich gegen meine Hüften. Ich drang langsam in sie ein,
     sie entzog sich mir, sie stieß sich von der Mauer ab, sie stieß sich ab von mir, sie drückte sich an mich, immer wieder, und
     als sie es spürte, umklammerte sie mich fest, ich |259| durfte zu Atem kommen, sie schenkte mir dieses kleine Glück, ich durfte kurz in der Umarmung bleiben, bis es für sie an der
     Zeit war, sich nach anderen Kunden umzusehen. Wir kleideten uns an, und zum Abschied zwickte sie mich in den Hintern, sie
     sagte: Tschau, und verschwand.
    In diesem Moment klingelte mein Mobiltelefon, und ich drückte auf die Annahmetaste, ohne auf das Display zu sehen.
    Hallo?
    Ich bin’s, sagte Gabriel, was machst du?
    Oh, ich bin auf einem Hinterhof.
    Um diese Zeit?
    Ja, sagte ich, ich konnte nicht schlafen, also bin ich spazierengegangen.
    Weißt du, wieso ich anrufe?
    Nein.
    Ich dachte, mein guter Freund ist tot.
    Bin ich nicht.
    Woher sollte ich das wissen? brüllte Gabriel, Herrgott noch mal, du kannst doch kurz durchklingeln, oder nicht.
    Das hast du auch nicht getan, als du weg warst, sagte ich.
    Ich kann auf mich aufpassen, bei dir bin ich nicht sicher. Was ist mit der Frau?
    Bleibt weiterhin spannend, sagte ich.
    Hör auf, blöd daherzureden …Wieso flüsterst du eigentlich?
    Weiß ich nicht.
    Also, was ist mit deiner großen Liebe?
    Ich habe sie hier ausfindig gemacht. Erst war sie wütend, dann sind wir essen gegangen. Sie hat mir in Aussicht gestellt,
     daß wir uns übermorgen … also mittlerweile morgen treffen. Sie wird mich anrufen. Vielleicht.
    |260| Klingt nach nichts, sagte Gabriel, klingt eher so, als würdest du dich quälen, und es bringt dir nichts anderes ein als Schweiß,
     Blut und Tränen.
    So einfach ist es nicht.
    Klar, es ist alles so furchtbar kompliziert. Hier herrscht Frauenknappheit, deshalb bist du auch nach Prag gefahren. Sehr
     vernünftig.
    Und, sagte ich, wie sieht es bei dir aus?
    Eine Frau hat sich in mich verliebt, sagte er, sie ist umwerfend schön, sie hat viel Geld, sie besteht darauf, daß ich nicht
     arbeite und rund um die Uhr für sie da bin.
    Was, echt? rief ich.
    Stimmt natürlich nicht. Die Frauen machen einen großen Bogen um mich. Was soll also die blöde Frage? Es kann sein, daß ich
     dir einen Besuch abstatte. Dann stellst du mich dieser Frau vor, und wer weiß, vielleicht verliebt sie sich in mich.
    Unwahrscheinlich, sagte ich.
    Wie die Liebe zu einer Frau, die es nicht will. Ich melde mich.
    Gabriel plagte also die Einsamkeit, sonst rief er nie an, er glich einem Elefanten im Dunkeln, der

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