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Liebesdienst

Liebesdienst

Titel: Liebesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Jacobson
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jetzt pr äsentierte er sich, unbekümmert, machte aus der Not eine Tugend und beschenkte seine Umgebung mit seiner Zwergenmännlichkeit. Niemand machte sich über ihn lustig, wie Felix auffiel, ja, Felix war der Einzige, der ihn überhaupt beachtete.
    Die Musik versetzte das Publikum in Trance, das Licht war schummrig und bunt. Eine Frau in Marisas Alter mit alabasterweißem Gesicht und überheblicher Miene schmuste mit zwei Männern, einem schwarzen und einem weißen, und küsste beide abwechselnd. Sie trug ein, wie Felix zu erkennen meinte, Politessenk äppi. Warum?, fragte er sich. Nur diese Mütze und einen Stringtanga aus Mull, der die Umrisse ihrer Vagina betonte. Der weiße Mann hielt zwar eine Peitsche in der Hand, schlug aber nicht damit zu. Einmal fasste er sie am Kopf und drehte ihn dem anderen Mann zu und stieß einen Finger in ihren After. Sie krümmte sich vor Schmerz, während der Schwarze zärtlich ihr Gesicht abküsste.
    Die drei beobachteten mit großem Interesse eine Person, deren Geschlecht nicht auf Anhieb zu erkennen war; sie oder er trug ein Liberty-Mieder und dazu passende knielange Damenschlüpfer, über den Kopf ein Strumpf gezogen, wie ein Bankräuber. Warum?, fragte sich Felix.
    Und warum hatte sich ein anderes Paar als Robin Hood und Maid Marian verkleidet? Die Krankenschwester in Gummimontur konnte er noch verstehen. Auch den Zenturio aus der Zeit des Untergangs des Römischen Reiches in seinem Lederwams und dem Brustpanzer. Selbst den Mann mit Wäscheklammern an den Brustwarzen und einem ganzen Strauß aus Klammern, der wie Blumen aus seinem Hodensack spross. Doch dann sah er eine Person, wieder unbestimmten Geschlechts, in einem Dufflecoat, schwarzes Halstuch um Mund und Kinn wie der Westernheld Tom Mix. Warum?, fragte sich Felix. Warum hier? Tausende Orte gab es, wo sich der Sexualtrieb austoben konnte. Warum ausgerechnet hier?
    Zwischendurch hatten immer wieder Frauen, die Felix für professionelle Peitschenschwinger hielt, ihre Auftritte und durchquerten den Raum. Einige sahen in ihren Schnürkorsetts und den High Heels wie die Karikatur einer Domina aus, ähnlich denen, die vor seinem Vater und seinen Onkeln in der »Erziehungsanstalt« aufmarschiert waren; die meisten jedoch, wahrscheinlich weil sie übergewichtig waren, trugen Damenreitkleidung aus der Zeit König Edwards, die ihren K örper von Kopf bis Fuß verhüllte, Gesellschaftskleidung der Belle Epoque mit Federboas, Schleier und ausladende Merry-Widow-Hüte. Wo immer eine Mistress saß, kniete ein Mann auf dem Boden vor ihr, küsste ihre Füße, leckte in einem Fall sogar die Sohlen ihrer Schnürstiefel, ein Akt, der mit solcher Konzentration ausgeführt wurde, dass man meinen konnte, der Mann wolle jeden Schmutz ablecken, in den seine Angebetete je getreten war.
    Manchmal begaben sich diese Frauen auf die Tanzfläche, M änner an Lederhalsbändern hinter sich herziehend wie die rothaarige Freudianerin damals, die vergeblich versucht hatte, aus Felix einen sexuellen statt moralischen Masochisten zu machen. Wie schon damals erregte ihn die Idee mehr als die Ausführung. Eine Frau, die einen Mann wie einen Hund an der Leine führte – es hätte seinen Reiz haben können, hatte es aber nicht. Irgendetwas fehlte. Was nur? Es war die echte Reduzierung des Menschen auf ein Tier, lautete sein Fazit. Wenn die Frau weitergegangen wäre, wenn sie den Mann kastriert, ihm in einem Schlachthaus die Kehle durchgeschnitten hätte – dann ja, das hätte seinen Reiz gehabt, das hätte ihn erregt.
    Er musste laut gedacht haben, denn ein Mann mit einem haarlosen, bemalten K örper und gekrümmten Nadeln in den Wangen fragte Felix, ob er ihn meine.
    Â»Ich versuche gerade herauszufinden, wie ich das mit den Hundeleinen finden soll«, sagte Felix. Er hatte den Eindruck, dass er den Mann kannte, und tatsächlich, er kannte ihn aus Moby Dick, es war Queequeg, der Südseefetischist.
    Â»Und, was ist mit den Hundeleinen?«
    Â»Ich frage mich, ob sie einen anmachen können.«
    Â»Mich jedenfalls nicht. Sie?«
    Â»Weiß nicht.«
    Â»Worauf stehen Sie denn so?« Der Mann hatte eine sehr sanfte Stimme und lispelte leicht; Felíx führte es auf die Nadeln in seinen Wangen zurück.
    Â»Ich kann mich nicht entscheiden«, sagte Felix. »Ich spiele gerne den Cuckold.«
    Â»Was ist das

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