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Liebesdienst

Liebesdienst

Titel: Liebesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Jacobson
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erotisches Bild handelte, dann teils trotz und teils gerade wegen der häuslichen Atmosphäre: ein bürgerliches Wohnzimmer, der Mann in Schlafanzug und Bademantel; und die Frau, nicht mehr in der Blüte ihrer Jugend und von leicht männlicher Erscheinung, gekleidet wie eine Sekretärin (man denke an Dulcie, ohne Fußkettchen, obwohl ein Fußkettchen auch nicht geschadet hätte), die mit der Gekonntheit einer geübten Schreibkraft ihren schwarzen Rock minimal hebt, bis zum Ansatz des Knies, höher nicht, was bei dem richtigen Typ Mann schon ausreicht, um ihn zu betören. Ob seine Aufmerksamkeit dem Knie gilt oder der Geste des Rockhochziehens, ist unmöglich auszumachen, und wahrscheinlich ist die Frage auch sinnlos. Das Foto preist die Leidenschaft, die eine Ehe entfachen kann, selbst eine langjährige Ehe, wenn der Ehemann treu ergeben ist, bis zur Selbstaufgabe, und die Frau ihn verwöhnt.
    Â»So erkennt ein treu Ergebener den anderen, meinen Sie nicht auch?«, sagte ich.
    Als Gast im Haus fügte sich Marius meinem Wissensvorsprung in der Sache. »Ich weiß nicht, was ich hier sehe«, gestand er.
    Â»Ein Foto von Helmut Newton. Die Dargestellten sind Pierre Klossowski und seine Frau Denise. Offensichtlich sind Sie nicht vertraut mit dem Werk von Klossowski, sonst würden sie Mrs Klossowski erkennen. Sie stand ihrem Mann für viele seiner besonders obsessiven Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen Modell, und auch für die Heldin seines philosophischen und pornografischen Romans, Heute Abend, Roberte . Es ist die Geschichte einer Frau, die den ältesten Gesetzen der Gastfreundschaft gehorcht, wie sie von ihrem Mann kurz skizziert werden, und die sich jedem Gast anbietet, der noch den nötigen Pep hat.«
    Â»Ich verstehe jetzt, welche Bedeutung das Foto für Sie hat«, sagte Marius.
    Â»Hat es für Sie keine?«
    Â»Ich war nie verheiratet.«
    Â»Das nicht, aber Sie sind den Reizen der Frauen gegenüber nicht unempfänglich.«
    Â»Das stimmt, aber nur was eine ganz bestimmte Frau und meine Person betrifft.«
    Â»Sie behalten das, was Sie gefunden haben, gerne für sich allein, oder was wollen Sie damit sagen?«
    Â»Ja. Muss ich mich dafür rechtfertigen? So ungewöhnlich ist meine Präferenz nun auch wieder nicht.«
    Â»Das vielleicht nicht, aber man weiß nie, was die Leute wirklich denken. Sich die Frau teilen oder Wifesharing, wie es heute heißt, ist immer noch ein Tabuthema, und das hat mit Ökonomie zu tun, mit Machismo und dem sprunghaften Wesen der Eifersucht. Doch davon mal abgesehen – in einer Hinsicht ist Ihr Fall wirklich ungewöhnlich, und das betrifft das Maß an Kooperation, das Ihnen von den Ehemännern entgegengebracht wird.«
    Er antwortete nicht gleich. Vermutlich überlegte er, wie heftig seine Reaktion ausfallen sollte.
    Â»An einem anderen Ort hätte ich Sie für die Verwendung des Wortes Kooperation angegriffen«, sagte er nach einer ganzen Weile, den Blick dabei auf den abgetretenen, aber immer noch herrlichen, ein Bestiarium darstellenden Teppich fixiert, der einst den Boden einer Kabine auf der Queen Mary geschmückt hatte, und von dem ich vermutete, dass mein Großvater ihn gestohlen und im Gepäck von New York nach London geschmuggelt hatte.
    Â»Wie wäre es mit Beistand?«, schlug ich ihm vor. »Oder Hilfe beziehungsweise Beihilfe. Beihilfe klingt doch irgendwie nett.«
    Â»Nennen Sie es, wie Sie wollen – gesucht habe ich sie nie. Aber Sie sprechen von Ehemännern, als gäbe es mehr als einen. Wer soll mir denn sonst noch seine Frau aufgedrängt haben?«
    Jetzt war ich verärgert. »Aufgedrängt, so wie ich Ihren Gebrauch des Wortes verstehe, hieße unerwünscht. Eins kann ich Ihnen versichern, an Marisa war nie etwas unerwünscht.«
    Â»Das kann man wohl sagen. Und ich bin gerne bereit, mich bei der Wahl des angemessenen Ausdrucks für eine Handlung, die mir bis vor Kurzem noch fremd war, belehren zu lassen. Aber verraten Sie mir doch mal, wer diese großmütigen Ehemänner sein sollen, von denen Sie erfahren haben wollen.«
    Â»Ich hatte als Buchhändler mal mit einem Professor aus Shropshire zu tun«, sagte ich. »Es war Grund genug, später zu seiner Beerdigung zu gehen. Das war vor einigen Jahren, und Sie hat es in der Folge in mein Geschäft geführt. Wie Sie sehen, sind wir durch Bücher

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