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Liebesdienst

Liebesdienst

Titel: Liebesdienst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Jacobson
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des Freundes von Marisa sagte mir zu, lange vor unserem ersten Kuss und ganz unabhängig davon, was daraus werden sollte, denn hatte sich erst mal ihre Zunge gelöst, war sie eine lebhafte Gesprächspartnerin. Ja, hätte Marisa den beiden Männern in ihrem Leben den Kompromiss angeboten, weiter mit dem einen das Bett zu teilen, wenn ihr gestattet wurde, mit dem anderen Gespräche zu führen – ich für meinen Teil hätte eingewilligt. War mir nicht sogar beschieden, künftig ein weitaus schlechteres Geschäft einzugehen, wenn es um Marius ging, einen Mann, mit dem Marisa sowohl das Bett teilte als auch Gespräche?
    Aber Freddy tickte nicht so wie ich. Machte ihn der bloße Gedanke wahnsinnig, allein mit seiner Frau auswärts essen zu gehen, um ihr wenig ausgeprägtes Familienleben zu besprechen (zudem ohne Anwesenheit eines Dritten, der seine geistreiche Rede goutierte), trieb ihn der Gedanke, ein anderer Mann bespreche überhaupt etwas mit ihr, zur Weißglut. Anscheinend kann man manche Männer damit kränken, dass man ihnen etwas nimmt, von dem sie gar nicht wussten, dass sie es haben wollten.
    *
    Als er dahinterkam, dass wir uns häufiger trafen, suchte er mich im Geschäft auf und rief, noch ehe ich aus meinem Büro gekommen war: »Das ist nun der Dank dafür.« Die meisten Männer hätten in ihrer Wut den Satz verkürzt. Das ist nun der Dank, ist der übliche Ausdruck. Doch Freddy war in dieser Hinsicht so peinlich genau wie ich, und so wie auch Marius später, was wiederum etwas über Marisas Vorliebe für korrekte Männer aussagt.
    Â»Ich wüsste nicht«, sagte ich, »wofür ich Ihnen Dank schulde.«
    Â»Zum einen für meine Frau.«
    Â»Sie haben mir Ihre Frau nicht geschenkt.«
    Â»Allerdings.«
    Â»Welchen Dank wollen Sie sich also bei mir abholen?«
    Â»Gar nichts will ich mir bei Ihnen abholen. Ich will Ihnen nur eins auf die Nase geben.«
    Meine Angestellten kamen, nicht gerade eilfertig, aus ihren Kämmerchen hervor, als sie die Unruhe vernahmen. Hätte Freddy es auf einen Kampf mit mir angelegt, hätte er sich auch mit ihnen anlegen müssen. Kein abschreckender Anblick, vier antiquarische Buchhändler in abgenutzter Bücherwürmerkleidung, Andrew mit seinem Pferdeschwanz noch der Männlichste der Truppe, und eine leicht aus der Fassung zu bringende Sekretärin mit Fußkettchen – zu dem Fußkettchen später mehr –, aber auch Freddy bot keinen abschreckenden Anblick. Außerdem wusste ich, dass er seine Drohung, mir eins auf die Nase zu geben, niemals wahr machen würde, dazu waren ihm seine Hände zu kostbar. Nicht weil er um sein Klavierspiel fürchtete, das sogar er als erbärmlich empfand, sondern weil er in seiner Profession als ausdrucksstarker »TV-Experte« auf sie angewiesen war.
    Â»Ist schon gut. Gehen Sie wieder an die Arbeit«, sagte ich zu meinen Angestellten und zu Freddy gewandt: »Wir treffen uns nur manchmal nachmittags in Restaurants.«
    Nicht die ganze Wahrheit, aber die halbe.
    Er atmete durch die Nase, schnaubte mich an wie ein Pferd. Wenn ich ihm gesagt hätte, wir würden uns nur manchmal abends im Savoy treffen und hätten außerehelichen Geschlechtsverkehr, hätte es ihn weniger entsetzt.
    Â»Ich habe Sie nicht gebeten, sich manchmal nachmittags mit meiner Frau zu treffen«, gab er zur Antwort.
    Â»Nein, das nicht«, räumte ich ein.
    Â»Und kein Richter wird Ihnen diese Geschichte glauben.«
    Â»Welcher Richter?«
    Â»Ja – haben Sie etwa gedacht, ich würde Ihren Namen verschweigen? Haben Sie etwa gedacht, ich würde unvereinbare Gegensätze geltend machen – oder wie das heute heißt, wenn der Beweis des Ehebruchs augenfällig ist?«
    Â»Wir unterhalten uns nur, Freddy.«
    Nicht die ganze Wahrheit, aber die halbe.
    Â» Unterhalten? Ich habe gesehen, wie Sie sich unterhalten. Ich habe Fotos von Ihren Unterhaltungen.«
    Â»Ich bezweifle, dass Fotos von Unterhaltungen Eindruck auf einen Richter machen«, erwiderte ich.
    Eine Schnoddrigkeit, die ich sofort bereute. Aber ich sagte ja bereits, die Rolle des Liebhabers passte nicht zu mir. Sie machte mich zu einem Menschen, in dem ich mich nicht erkannte und der mir nicht gefiel. Ein Spötter. Ich fühlte mich fremd in meiner eigenen Haut, als bewegte ich mich leicht in ihr, ich, ein Mann, der immer schwer an sich

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