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Liebesdienste / Roman

Liebesdienste / Roman

Titel: Liebesdienste / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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mich sehr, dass Ihnen die Nina-Riley-Bücher gefallen. Herzliche Grüße, Alex Blake).
Vielleicht fanden die Fremden, die sich vor Lachen bepissten, seine Adresse und brachten ihm den Laptop zurück. Oder vielleicht kamen sie zu seinem Haus und stahlen alles, was er sonst noch besaß. Oder ein Auto fuhr darüber, zerquetschte das geheimnisvolle Motherboard und den Plasmabildschirm.
    Der Peugeot-Fahrer war jetzt bei Bewusstsein und bei Verstand. An einer Schläfe hatte er eine grimmige Beule, als wäre ein Ei unter der Haut vergraben. »Mein guter Samariter«, sagte er zu der Sanitäterin und nickte Martin zu. »Hat mir das Leben gerettet.«
    »Wirklich?« Die Sanitäterin wirkte unsicher, ob sie dieser Übertreibung Glauben schenken sollte.
    Der Peugeot-Fahrer war wie ein Baby in eine große Decke aus weißer Baumwolle gewickelt. Er kämpfte einen Arm frei und streckte ihn Martin entgegen. »Paul Bradley«, sagte er, und Martin schüttelte ihm die Hand und sagte: »Martin Canning.« Er achtete darauf, die Hand des Peugeot-Fahrers nicht zu fest zu drücken, um ihm keine Schmerzen zu verursachen, sorgte sich aber sofort, dass sein Händedruck zu schlapp war. Martins Vater Harry hatte auf einem männlichen Händedruck bestanden
(Du bist keine Mary-Ellen mit einem schlaffen Handgelenk – schüttle einem die Hand wie ein Mann).
Er hätte sich keine Gedanken machen müssen, Paul Bradleys überraschend kleine, glatte Hand griff mit der schraubstockartigen Kraft eines Roboters zu.
    Martin hatte seit Monaten kein anderes menschliches Wesen berührt außer zufällig, als er von der Kassiererin im Supermarkt Wechselgeld entgegennahm, eines Abends Richard Moat über die Toilettenschüssel hielt, während dieser die Alkoholration erbrach, die er den Abend über geschluckt hatte. Vor einer Woche hatte er einer alten Frau in den Bus geholfen und war ergriffen gewesen von der Berührung der gewichtslosen papiernen Hand.
    »Sie sehen aus, als sollten Sie hier liegen, nicht ich«, sagte Paul Bradley. »Sie sind weiß wie ein Leintuch.«
    »Wirklich?« Er fühlte sich ausgesprochen schwach.
    »Es war ein hässlicher Zwischenfall«, sagte die Sanitäterin. »Zwischenfall«, so hatte auch eine der Polizistinnen den Gewaltausbruch auf der Straße genannt.
Wir müssen Ihre Aussage zu dem Zwischenfall aufnehmen, Sir.
Ein nettes, neutrales Wort, fast wie »unschuldig«. Vielleicht könnte er es für das verwenden, was ihm passiert war.
Oh, ja, damals, als ich in Russland war, kam es zu diesem unglücklichen Zwischenfall

    In der Notaufnahme fragte ihn eine Angestellte nach den Daten des Peugeot-Fahrers, aber Martin hatte den Namen bereits wieder vergessen. Der Peugeot-Fahrer war auf einem Rollstuhl ins Hinterland der Station gebracht worden, und die Frau warf Martin einen Lehrerinnenblick zu und sagte: »Nun, können Sie es herausfinden? Und auch die Adresse und die nächsten Angehörigen.«
    Martin machte sich auf die Suche nach dem Peugeot-Fahrer und fand ihn in einer mit Vorhängen abgeteilten Kabine, wo eine Schwester gerade den Blutdruck maß. »Entschuldigung«, flüsterte Martin, »ich brauche seine Daten.« Der Peugeot-Fahrer versuchte, sich aufzusetzen, und wurde von der Schwester sanft zurückgestoßen.
    »Nehmen Sie die Brieftasche aus meiner Jacke, Partner«, sagte der Peugeot-Fahrer im Liegen. Über einem Metallstuhl in der Ecke hing eine schwarze Lederjacke, und Martin griff vorsichtig in die Innentasche und holte eine Briefmappe heraus. Es war ein merkwürdig intimes Gefühl, in den Taschen von jemand anderem nach etwas zu suchen wie ein Dieb wider Willen. Die Jacke war aus teurem, buttrig weichem Leder, Lamm, vermutete Martin, und er musste den Impuls unterdrücken, hineinzuschlüpfen und sich wie eine andere Person zu fühlen. Er hielt die Brieftasche hoch, damit die Schwester sah, dass er sie an sich genommen hatte, dass er sich keiner Betrügereien schuldig machte, und sie bedachte ihn mit einem hübschen Lächeln.
    »Soll ich auf Ihre Tasche aufpassen?«, fragte er den Peugeot-Fahrer. Sie hatten die Reisetasche im Krankenwagen mitgenommen, und der Peugeot-Fahrer sagte »Danke«, was Martin als Zustimmung auffasste. Die Tasche sah aus, als wäre sie fast leer, aber sie war erstaunlich schwer.
    Die Frau an der Aufnahme kramte effizient in der Brieftasche des Peugeot-Fahrers. Paul Bradley war siebenunddreißig Jahre alt und wohnte im Norden Londons, er hatte einen Führerschein, ein Bündel Zwanzig-Pfund-Scheine und

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