Liebeserwachen in Virgin River
dass du noch eine zusätzliche Waffe hast?
„Beunruhigt wegen der Bären?“
„Nicht unbedingt. Aber über die Hanfzüchter mache ich mir schon ein wenig Gedanken. Ich habe gehört, dass hier in der Gegend Marihuana angebaut wird.“
„Es ist jetzt lange her, dass wir mit den Besitzern von Marihuanaplantagen Ärger hatten. Von Virgin River halten sie sich eher fern und konzentrieren sich mehr auf Clear River. Allerdings solltest du tatsächlich eine Waffe haben. Die Bären und ihre Jungen wachen jetzt aus dem Winterschlaf auf. Mann, wenn du zwischen eine Bärin und ihr Junges gerätst, ist das wirklich nicht lustig. Ich kann dir ein Gewehr leihen.“
„Hm, eine hochkalibrige Handfeuerwaffe hast du nicht über?“, fragte Colin, wobei er versuchte seinen linken Arm auszustrecken, vor Schmerzen jedoch zusammenzuckte.
„Voll funktionsfähig ist dieser Arm aber noch nicht, hm?“ Luke deutete mit einer Kopfbewegung auf das beeinträchtigte Körperglied.
„Es geht zwar besser, das Problem ist allerdings der Ellbogen, Mann. Gut möglich, dass der nie wieder so ganz in Ordnung kommt. Die Brüche im Oberarmknochen scheinen jetzt geheilt zu sein, aber als Nächstes hatte ich was mit der Schulter, weil … ach, vergiss es. Ich nehme das Gewehr, wenn du nichts anderes hast.“
„Ich habe noch eine Magnum, doch die Sache ist die, wenn du damit auf einen Bären schießt, kann es sein, dass du ihn nur wütend machst.“
„Der Lärm könnte ihn aber vertreiben“, entgegnete Colin.
„Hm, ja schon“, bestätigte Luke leicht nickend. „Ich habe sie längere Zeit nicht benutzt. Du wirst sie reinigen müssen, dann mal einen Probeschuss abgeben müssen und dich vergewissern …“
„Super, danke, uhh …“ Schief lächelnd erklärte Colin: „Mein Freund Brett wirkt sehr entspannt, wie er hier auf meinem Schoß hockt. Ich glaube, er hat einen kleinen Windelwechsel nötig. Mach dich auf was gefasst!“
Die Hütte, die Colin gemietet hatte, war nicht schlecht, wenn auch nicht sonderlich schick. Sie war komplett eingerichtet; es gab Elektrizität und ein Badezimmer im Haus. Ein paar Dinge fehlten jedoch, allem voran Tageslicht. Als Colin die Unterkunft vor einem Monat mit Aiden besichtigt hatte, gefiel ihm nicht, dass es darin so dunkel war, aber damit konnte er leben. Er hatte helle Lampen mitgebracht, mit denen er die Hütte ausleuchten konnte, wenn das Wetter zu schlecht wäre, um draußen zu malen. Er freute sich darauf, seine Staffelei, Leinwand, Farben und Pinsel hoch auf einen Hügel oder zu einer Lichtung zu tragen, wo er das gute natürliche Licht ausnutzen konnte, wann immer die Witterung es zuließ. Was er allerdings wirklich an der Unterkunft gemocht hatte, war die ruhige abgeschiedene Lage mitten im Wald neben einem Wasserlauf oder Bach … oder wie auch immer man einen kleinen Fluss nennen mochte. Das bedeutete nämlich, dass es Tiere dort geben würde, und Wildtiere waren das, was Colin wollte.
Schon immer war Colin ein begnadeter Künstler gewesen, dennoch hatte die Kunst ihn nie so sehr interessiert wie das Fliegen und der Sport. Ständig hatte er irgendwas gezeichnet, und auf der Highschool war er immer für sämtliche Poster, Schilder und Plakate zuständig gewesen. Die Berufsberater und Kunstlehrer hatten ihm nahegelegt, Kunst zu studieren, doch er hatte etwas Aufregenderes gesucht.
Es war schon ein wenig seltsam, dass von dem Moment an, als Colin zum ersten Mal am Himmel ein Flugzeug über sich sah, er den Wunsch hegte, eines Tages selbst zu fliegen, es dann aber Luke war, der es als Erster in der Familie tatsächlich tat. Luke behauptete immer, Colin wäre über ihn an die Black-Hawk-Helikopter gekommen, aber das war nicht richtig. Damals nach seinem Eintritt in die Army wäre Luke jeder Einsatz von der Artillerie bis zur Küche recht gewesen, doch er erhielt das Angebot, die Ausbildung zum Warrant Officer zu absolvieren, und von da aus ging es für ihn weiter zum Flugtraining. Luke war rein zufällig dazu gekommen, eine Fliegerlaufbahn einzuschlagen, während Colin bereits davon geträumt hatte, Jets oder Helikopter zu fliegen, seit er ungefähr sechs Jahre alt gewesen war. Nur mit diesem einen Ziel vor Augen war er Soldat geworden. Er konnte es damals kaum abwarten, endlich vom Boden abzuheben!
Wie an der Highschool war die Kunst auch danach nur eine Nebenbeschäftigung für ihn geblieben. Er konnte gut Karikaturen zeichnen und so seine Kumpel bei der Army mit seinen Bildern unterhalten.
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