Liebeserwachen in Virgin River
einen Kleiderständer und füllte die Schubladen ihrer Schlafzimmerkommode. Den Kleiderständer stellte sie im dritten Schlafzimmer auf, das fortan als großer Schrank genutzt wurde. Das Problem bei diesen großen, alten viktorianischen Häusern war, dass es keine Wandschränke gab. Wer auf Dauer hier einziehen würde, müsste in Schränke investieren.
Einige Bereiche in diesem viktorianischen Haus verwandelten sich nun in ein Bild häuslichen Friedens. Colin und Jillian trennten sich kaum einmal und verbrachten keine einzige Nacht ohne den anderen. Noch immer streifte Colin auf der Jagd nach Schnappschüssen von Wildtieren gern durch die Gegend, und er genoss es auch, hin und wieder ein paar Stunden auf irgendwelchen Hügeln zu malen, doch die meiste Zeit verbrachte er mit Jillian. Abends saß Jillian im Büro am Computer und surfte durch Gärtner-Blogs, während Colin im selben Zimmer im Ruhesessel lag und las oder auf seinem Laptop das Internet nach Kunstgalerien durchforstete. Jillian lud ihn ein, jederzeit ihren Anschluss mitbenutzen zu können, und es dauerte nicht lange, da schienen sein Laptop und der Farbdrucker ein dauerhaftes Heim in diesem Büro gefunden zu haben.
Auch schliefen sie nachts meist in diesem Haus, weshalb ein Trip zur Hütte ihnen schon wie ein Ortswechsel vorkam. Es war eine völlig andere Umgebung.
„Eine solche Beziehung hatte ich noch nie“, sagte sie. „Ich bin jetzt zweiunddreißig, und es ist das erste Mal, dass ich jede Nacht mit einem Mann verbringe. Irgendwie bin ich überrascht. Das ist so neu für mich, und dennoch empfinde ich es wie etwas ganz Selbstverständliches.“
„Geht mir genauso“, erwiderte Colin. „Und es gefällt mir.“
„Aber in meinem Leben hat es kaum mal einen Mann gegeben. Du warst mit vielen Frauen zusammen. Das sehe ich dir an.“
Er zog sie näher und versicherte ihr absolut aufrichtig: „Nicht so, Jilly. Nicht wie mit dir.“
Anfang Mai standen ums Haus herum Jillians Blumen in voller Blüte. Im Garten grünte es, und auf dem ganzen Gelände brachen unter dem hellen Sonnenlicht die Knospen an den Ziersträuchern auf. Auch die Apfelbäume vor dem Haus verströmten einen wundervollen Duft und lockten die Bienen an, die überall herumschwirrten. Doch Bienen sind die Freunde des Gärtners, denn sie verteilten die Pollen. Was die Blumenzwiebeln anging, hatte sie recht gehabt. Es waren Narzissen, Tulpen, Lilien, die in der warmen Sonne ihre Kelche öffneten. Jillian war überrascht, als sie entlang der Baumgrenze an der hinteren Wiese eine lange Reihe Brombeerbüsche entdeckte. Es waren so viele, dass sie gar nicht wusste, was sie damit machen sollte, wenn die Beeren erst einmal reif wären.
Während sie übers Gelände spazierte, konnte sie den Rasenmäher hören, denn Denny war damit beschäftigt, die große Rasenfläche vor dem Haus mit dem Aufsitzmäher abzufahren, eine Arbeit, die einen halben Tag in Anspruch nehmen konnte. Bei so viel Sonne, warmem Wetter und sehr viel Regen hatte das Gras ein dunkles, lebhaftes, sattes Grün angenommen. Und davon gab es reichlich; Denny musste es jede Woche schneiden. Er hatte eine Rampe konstruiert, die es ihm erlaubte, den Mäher auf Jillians Truck zu laden und zu Jacks Haus zu transportieren, um sich auch dort um den Rasen zu kümmern, denn Jack besaß keinen Mäher, auf dem man sitzen konnte.
Gerade als Jillian an Jack dachte, sah sie seinen Truck auf der Zufahrt herankommen. Sie zog sich die Handschuhe aus, klopfte sich die Knie ab und lächelte ihm aus der Ferne zu.
Doch Jack lächelte nicht. Seine Miene war sehr ernst, während er auf sie zulief. Sie befürchtete schon, er könnte eine schlimme Nachricht für sie haben. Ihre Gedanken überschlugen sich. War es möglich, dass jemand bei Jack angerufen hatte, um von irgendeiner Katastrophe zu berichten, die mit Kelly zu tun hatte? Hatte Colin einen Unfall gehabt? Sie konnte hören, wie Denny mähte, daher wusste sie, dass mit ihm alles in Ordnung war. Sie griff sich an die Kehle und ging ihm entgegen. „Was?“, fragte sie ihn. „Was ist los?“
„Nun, Jillian, es kam völlig überraschend, aus heiterem Himmel. Ich hatte absolut nicht damit gerechnet. Doch es haben sich Interessenten für das Haus gemeldet.“
Erst einmal atmete sie erleichtert auf. Ist das alles? Aber gleich darauf hätte sie fast vernehmbar nach Luft geschnappt. „Interessenten für das Haus? Aber …?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich habe es nicht offiziell zum Verkauf
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