Liebeserwachen in Virgin River
es ausfechten, doch Harry war anderer Meinung. Heute kann ich verstehen, dass es sinnvoll war. Nachdem alles vorbei war, habe ich die BSS verlassen, mich ins Auto gesetzt und bin losgefahren. Ich bin hierhergekommen, um etwas Abstand von den Ereignissen zu gewinnen, mich auszuruhen und nachzudenken. An den Garten hatte ich dabei überhaupt nicht gedacht. Es war Zufall, dass ich den für mich entdeckt habe.“
„Und was hat er gekriegt?“ Colin strich ihr mit einem Finger ums Ohr und fuhr die Konturen ihres Kinnes nach.
„Jedenfalls nicht alles, was er wollte. Er hat sein Aktienpaket, das etwas Geld abwirft, doch meinen Job hat Harry ihm nicht gegeben. Allerdings wurde für mich auch keine Abschiedsparty ausgerichtet. Das zeigt mir, dass er nicht so verschwiegen war, wie er hätte sein sollen, und die ganze Sache hat durchsickern lassen. Und das bedeutet auch, dass er noch andere Leute um den Finger gewickelt hat, nicht nur mich.“
„Bastard“, stieß Colin grollend aus.
„Um auf deine erste Frage zurückzukommen – habe ich Freunde dort? Es gibt einige, mit denen ich jederzeit wieder zusammenarbeiten würde, und ein paar, die ich als Freunde bezeichnen würde. Aber um ganz offen zu sein, ich hatte tatsächlich nicht allzu viele enge Freunde in San Jose … wahrscheinlich, weil ich den größten Teil der letzten zehn Jahre mit Arbeit verbracht habe. Glaube mir, den Fehler begehe ich nicht noch einmal.“
Als sie sah, dass Colin fest die Zähne aufeinander biss, strich sie ihm über die Wange. „Nicht, ich will nicht, dass du Mitleid mit mir hast.“
Er lachte kurz auf. „Mitleid mit dir? Himmel, nein! Aber es macht mich wütend, ja!“
„Doch jetzt bin ich hier, und wirklich, Colin, ich habe mich noch nie wohlergefühlt. Heute bin ich die Geschäftsführerin des Gartens hinterm Haus, und das erfüllt mich. Hier wird mich niemand ausboten. Na ja, Frost oder Blattläuse vielleicht. Doch das habe ich alles im Griff!“ Sie lächelte ihn an.
„Jilly, fühlst du dich jetzt wirklich sicher und ruhig? Was den Garten angeht … und mich?“
Sie beugte sich vor und gab ihm einen Kuss. „Ja. Und du musst nicht wütend sein. Das habe ich schon geregelt.“
Jillian hatte nicht einmal erwähnt, dass Colin ihre höchst sensiblen Informationen für sich behalten sollte. Sie wusste, das war nicht nötig. Aber er hatte ihr eine Frage gestellt: „Hast du mal mit Harry gesprochen, seit du von dort weg bist?“ Als sie ihm sagte, dass sie seitdem nur ein paar E-Mails ausgetauscht hatte, meine Colin: „Er war auf deiner Seite, Jilly. Ich verstehe, dass du zu dem Zeitpunkt nicht das Gefühl hattest, alles zu bekommen, was du brauchtest, aber es klingt doch ganz so, als hätte er alles getan, was einem guten Freund möglich ist. Und was das Wichtigste ist, er hat dir geglaubt.“
Plötzlich erkannte sie, dass sie Harry mied, weil sie sich nicht die Blöße geben wollte, sich bei ihm zu erkundigen, wie Kurt sich machte. Ein winziger Teil in ihr befürchtete nämlich, er würde gute Arbeit leisten.
Sie wusste, wie sie sich dem Büroklatsch entziehen konnte. Nur schade, dass sie das nicht für nötig gehalten hatte, während sie sich mit Kurt traf! Auf keinen Fall wollte sie aber jetzt dafür sorgen, dass jemand die Neuigkeit verbreitete, Jillian Matlock habe den Geschäftsführer angerufen! Deshalb meldete sie sich nicht bei ihm in der Firma. Sie stieg auf den Witwen-Ausguck und wählte Harrys Handynummer. Ihr Name würde auf seinem Display erscheinen.
„Dann bist du also doch nicht tot?“, begrüßte er sie barsch.
Sie lachte, bevor sie Hallo sagte. „Ich bin überaus lebendig und sitze mitten im Wald auf dem Witwen-Ausguck eines dreistöckigen viktorianischen Hauses, weil ich hier oben einen guten Empfang habe. Die Aussicht über Wald und Farmen ist atemberaubend schön. Wie geht es dir, Harry?“
„Ich bin schlecht drauf. Mein Arzt hat mir gesagt, dass ich eine Knie-Prothese benötige. Meine Frau hat mich auf eine cholesterinfreie Diät gesetzt und will mich auf eine Kreuzfahrt schleppen, die einen ganzen Monat dauern soll. Ich glaube nicht, dass ich so was überlebe. Ich habe vor, sie mit ihrer Schwester auf diese Reise zu schicken, und will selbst mal für drei Tage nach Pebble Beach fahren. Denkst du, ich komme bei ihr damit durch?“
Sie lachte über ihn; er liebte seine Frau über alles. „Mit deinem schlimmen Knie bist du auf einem Schiff besser aufgehoben. Abgesehen davon könntest du einen Urlaub
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