Liebesgruesse aus Deutschland
von der Dunkelheit und der Kälte dort oben zu berichten. Die Hoffnung auf ein irdisches Paradies schrumpfte und mit ihr die großen Erfindungen. Sie wurden immer kleiner und unterhaltsamer : Fernsehen, Computer, Mobiltelefone – man versuchte, sich in dieser unvollkommenen Welt gemütlicher einzurichten. Später wurde Altes modernisiert, statt Neues zu erfinden. Die Fernseher wurden immer größer, die Telefone immer kleiner, bis irgendwann die Fernseher nicht mehr ins Schlafzimmer passten und die Telefone so klein wurden, dass man Gefahr lief, sie beim Telefonieren zu verschlucken.
Heute entwickelt sich der Erfindungsgeist der Menschen gemäß ihren besonderen volkstümlichen Sitten und Bräuchen. Nach dem Sortiment des deutschen Erfinderladens in unserer Nebenstraße zu urteilen, streben deutsche Erfinder hauptsächlich danach, Sachen, die einem lieb und teuer sind, gut zu verstecken. Drei Viertel
der Erfindungen drehen sich darum. Man findet hier Verstecke für jeden ausgefallenen Geschmack: hohle Bibeln mit ausgeschnittenem Inhalt, Bierdosen mit doppeltem Boden, Schrauben, die in Wirklichkeit gut getarnte leere Hülsen sind. Auch erfinden Deutsche vieles, um ihre Habe zu schützen. »Eine feuerfeste Hülle für dein iPhone« stand auf einer Erfindung geschrieben. Der glückliche Inhaber dieser Hülle musste keine Angst mehr um sein Telefon haben. Er konnte damit sogar in Flammen stehend telefonieren. Auch ein feuerfestes Portemonnaie habe ich dort entdeckt. Wie schön ist es, die Sicherheit zu haben, dass, selbst, wenn du in Flammen aufgehst und bis auf die Mantelknöpfe ausbrennst, dein Portemonnaie erhalten bleiben wird – zur Freude der Kinder und der anderen Familienangehörigen. Auf gut Deutsch heißt das, glaube ich, Nachhaltigkeit, die Sorge um die nachfolgenden Generationen.
Während deutsche Erfinder an die Zukunft denken und den Menschen solide Verstecke für sich selbst und ihre Habe anbieten, glauben die Russen an das Hier und Heute. Sie wollen keine Gedanken an die Zukunft verschwenden. Der russische Erfindergeist, der einst das Universum erobern und die Menschen auf den Mars schicken wollte, beschäftigt sich nun damit, was man erreichen kann, ohne vom Sofa aufzustehen, ohne Schweiß und Stress. Wie man sich zum Beispiel Spiegeleier auf einem Bügeleisen brät oder aus einer Rasierklinge und einer Schachtel Streichhölzer einen Wasserkocher bastelt, und wie man mit dem bloßen Finger aus Milch Sahne schlagen
kann. Sie erfinden Löffel, die sich in Gabeln verwandeln, und umgekehrt; Kleidungsstücke, die sich je nach Wetterlage verändern; Hosen, die sich in Unterhosen verwandeln ; Hemden, die sich zu T-Shirts umkrempeln lassen, und sich selbst reinigende Socken.
Um zukünftige Generationen sorgen sich die Russen nicht. Neulich ließ der russische Premier bei der feierlichen Eröffnung eines neuen Öl- und Gas-Instituts seine Rede an die Ölarbeiter der Zukunft unter den Mauern dieses Institutes vergraben. Sie soll im Jahr 2080 wieder ausgegraben und vorgelesen werden. Alle rätseln nun, was er in seiner Ansprache gesagt hatte, was für Glückwünsche der Premier den Ölarbeitern der Zukunft zueignen könnte. Angesichts der Tatsache, dass die Ölvorkommen bis dahin längst aufgebraucht sein werden, und dank geheimer Informationen, die aus kremlnahen Kreisen an die Öffentlichkeit durchsickerten, geht die Meinung der meisten Kommentatoren dahin, dass der Premier in seinem Redetext gar nichts zu sagen gewusst und stattdessen nur ein lustiges kleines Bärchen gemalt hatte, das den Ölarbeitern der Zukunft einen großen Stinkefinger zeigt.
Demut
In Deutschland fordern ab und zu einige Millionäre die Regierung auf, sie höher zu besteuern, weil sie zu viel besäßen und deswegen Gewissensbisse hätten. Anstatt sich des überflüssigen Reichtums in aller Stille zu entledigen, schweigend ihr Geld an die Staatskasse zu überweisen, machen sie jedoch eine große Kampagne daraus, trommeln sich auf die Brust und fordern lautstark eine Reichensteuer nicht nur für sich selbst, sondern für alle Reichen, auch für diejenigen, die sich gar nicht reich fühlen. Das ist Demut auf Europäisch.
Im Kaukasus, auf dem Land, sind die Türen in manchen Häusern extrem niedrig gebaut, damit jeder Gast gebückt eintreten muss. Ein Aberglaube dort besagt, nur der Teufel ginge hinein, als hätte er einen Besen geschluckt, ohne sich zu bücken. Wer sich dagegen bückt und kniet, der kann kein schlechter Mensch sein.
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