Liebeskind
beiden besonders übel mitgespielt haben? Ein Mädchen vielleicht?“
„Wir sind damals mehrfach in die Schule zitiert worden“, murmelte Hilde Herold nach einer Weile. „Die Mutter eines Mitschülers hatte sich beschwert, aber mir fällt dessen Name nicht mehr ein. Erinnerst du dich noch an die Sache, Paul?“
„Wie könnte ich sie jemals vergessen, ich habe mich seinerzeit sehr für meinen Sohn geschämt. Wir hatten ihn jedenfalls nicht im Sinne all dieser Schandtaten, die er begangen hat, erzogen.“
Weber zückte sein Notizbuch.
„Dirk Adomeit hat er geheißen, er war der Sohn der Kassiererin in unserem Lebensmittelgeschäft. Die arme Frau hatte es schon schwer genug, musste als Witwe mit ihrem geringen Gehalt ganz allein für sich und den Jungen sorgen.“
„Was ist denn damals eigentlich genau passiert?“, wollte Anna wissen.
„Die beiden haben Dirk das Leben zur Hölle gemacht. Mehrfach haben sie ihm vor der Schule aufgelauert, um ihn zu verprügeln, obwohl der Junge ihnen niemals etwas getan hatte. Obendrein haben Sie ihn bestohlen und seine Schulbücher zerrissen.“
„Sind Ihnen darüber hinaus auch noch andere Vorfälle zu Ohren gekommen?“
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass es weitere Opfer gegeben hat, doch wer das im Einzelnen gewesen ist, ist mir nicht bekannt.“
„Rainer hatte Eigenschaften, die meinem Mann und mir fremd waren“, fiel Hilde Herold ihrem Mann Paul ins Wort. „Wir haben uns oft gefragt, warum er dazu neigte, sich auf so unangenehme Art und Weise über andere Menschen lustig zu machen. Manchmal konnte er ein richtiges Ekel sein, vielleicht haben wir ihn zu sehr verwöhnt.“
Anna gab ihrem Impuls nach und legte ihre Hand mitfühlend auf die von Hilde Herold. Dann stand sie auf und sagte: „Für heute haben Sie uns wirklich sehr weitergeholfen, Frau Herold. Und ihrem Hinweis zu Dirk Adomeit werden wir auf jeden Fall nachgehen.“
Als Anna und Weber wieder auf dem Parkplatz neben dem „Maschener Hof“ hielten, war es mittlerweile dunkelgeworden. Die Gaststube hatte sich in der Zwischenzeit gefüllt, die Dorfbewohner schienen abends zeitig ins Wirtshaus zu gehen. Wahrscheinlich mussten sie am nächsten Tag wieder mit den Hühnern aus den Federn sein. Einige würden zur Arbeit auf den Feldern antreten, die meisten würden sich jedoch wahrscheinlich in die Staus auf den Autobahnen in Richtung Hamburg einreihen, um zu ihren Arbeitsplätzen zu gelangen. Anna Greve sah sich um, ein älteres Paar an einem der Tische war ihr bereits von ihrem ersten Besuch her bekannt. Ihr Blick blieb am Rücken eines Mannes hängen. War das nicht Dirk Adomeit, der da gerade ein Schwätzchen mit der Kellnerin Elfi hielt? Anna machte, gefolgt von Weber, ein paar Schritte auf den Tisch zu und freute sich. Es schien also doch noch Gründe für ihn zu geben, das Haus zu verlassen.
„Ich werde mich zu Herrn Adomeit setzen, Weber, Sie kommen doch alleine klar.“
„Störe ich?“
Elfi warf den Polizisten einen schrägen Blick zu, dann stand sie auf und fragte die beiden nach ihren Getränkewünschen. Als Dirk Adomeit von Weber gemustert wurde, blieben seine Augen ruhig. Vielleicht zeigte sich seine extreme Schüchternheit nur bei Frauen, die er nicht kannte oder die bedrohlich auf ihn wirkten.
„Mir haben Ihre Fragen nach weiteren Opfern von Rainers und Torstens derben Späßen, vor allem die nach dem Mädchen keine Ruhe mehr gelassen, Frau Greve. Leider fällt mir dazu nach wie vor nichts ein, deshalb bin ich auch zu Elfi gegangen, die vergisst nämlich nie ein Gesicht. Wenn Ihnen also jemand weiterhelfen kann, dann ist es Elfi.“
Anna Greve prostete ihm zu, während Weber derweil eine Runde durch die Gaststube drehte. Vielleicht gab es doch noch jemanden, den sie bei ihrer ersten Befragung übersehen hatten und der genauere Angaben zu der Frau machen konnte, die sich Angela genannt hatte. Wenig später setzte sich Weber neben sie und hob sein Bierglas, auf dem der Schaum mittlerweile fast verschwunden war.
„Nichts Neues.“
Weber trank sein Glas mit großen Schlucken aus. „So, wird Zeit für mich, kommen Sie mit, Anna?“
„Ich bleibe noch ein bisschen hier und nehme mir nachher ein Taxi.“
Weber nickte Dirk Adomeit zu. „Bis bald.“
Der kniff seine Augen jetzt wild zusammen.
„Bis morgen. Frau Markisch hat mich nämlich zu einer Befragung ins Präsidium bestellt“, gab er zur Antwort, bezahlte sein Bier und verließ zusammen mit Weber die Gaststätte.
Elfi kam
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