Liebeskind
sprechen.
„Hab ich’s doch gewusst, das Leben auf dem Land ist ein wahrer Sündenpfuhl.“
Im Büro zurück, machten sich die Kommissare sofort daran, Hajo Wieland, den Mann, den sie im Haus der Lorenzens angetroffen hatten, zu überprüfen. Wie sein Beruf als Bankangestellter vermuten ließ, war er bisher in keinerlei Straftaten verwickelt gewesen. Hajo Wieland war in Remscheid, im Bergischen Land, geboren worden und lebte und arbeitete derzeit in Maschen als stellvertretender Filialleiter der örtlichen Kreissparkasse. Zu Rainer Herold und Torsten Lorenz schien er in der Vergangenheit keinerlei Verbindungen gehabt zu haben.
Weber schaute auf seine Uhr und grinste Anna an.
„Lassen Sie uns heute einmal pünktlich Feierabend machen, Frau Kollegin, vielleicht können Sie sogar noch auf einen Sprung in die Dorfsauna hereinschauen. Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende, Anna. Ich dagegen werde in den nächsten beiden Tagen meine armen Knochen beim Umzug meiner Schwiegereltern schinden. Was soll’s, es ist ja für einen guten Zweck.“
Frierend rieb Elsa ihre Hände aneinander. Seit Stunden beobachtete sie nun schon das Haus von Doreen, ohne dass sich etwas ereignet hatte. Mittlerweile konnte sie die Welt außerhalb des Autos kaum noch erkennen, denn ihr Atem hatte die Scheiben schon ganz beschlagen. Dennoch traute sie sich nicht, den Motor anzuschalten. Das Geräusch würde die Nachbarn nur unnötig auf sie aufmerksam machen.
Elsa öffnete die Fahrertür und stieg aus. Sie trat fest auf, um ihre von der Kälte tauben Füße wieder zu durchbluten. Nach etwa dreihundert Metern knickte die asphaltierte Straße in einer scharfen Linkskurve ab, dahinter tat sich ein schmaler, unbefestigter Feldweg auf. Hier gab es keine Häuser mehr, nur noch unberührte Natur. Zu ihrer Rechten sah sie eine große, unbebaute Fläche, links begann ein Kiefernwäldchen. Elsa betrat die Wiese und spürte den weichen Schnee unter ihren Füßen nachgeben. Sie zog die Handschuhe aus und bückte sich, um seine Konsistenz zu prüfen. Er war schön pappig, wie geschaffen für einen Schneemann. Eine solche Idee war ihr schon lange nicht mehr in den Kopf gekommen. Voller Eifer machte sich Elsa an die Arbeit, als sie plötzlich Blicke auf sich ruhen fühlte. Kurz hinter der Kurve, am Anfang des unbefestigten Weges, stand ein kleines Mädchen, das sie aufmerksam beobachtete. Es war das Mädchen mit dem Kaninchen, Doreens Tochter.
„Hallo“, rief Elsa und lächelte. „Willst du mitmachen?“
Das Mädchen zögerte. Es zappelte von einem Bein auf das andere und schien mit sich zu kämpfen. Wahrscheinlich hatte es die Anweisung bekommen, nicht weiter von zu Hause fortzugehen als bis zum Ende der ausgebauten Straße. Elsa nahm ihre Beschäftigung wieder auf und tat, als kümmerte sie die Kleine nicht mehr. Langsam kam das Mädchen näher.
„Eigentlich darf ich nicht hierher.“
„Du könntest den Kopf des Schneemanns übernehmen. Hol mir doch bitte ein paar Steine für seine Augen.“
Das Mädchen klaubte zwei Steine vom Weg auf und kam zu Elsa hinüber.
„Wie heißt du denn?“ Elsa gab ihr die Hand, „ich heiße Sabine.“
„Martha.“ Die Kleine drehte schüchtern am Zipfel ihres Schals.
Elsa zeigte auf eine unberührte Feldfläche neben sich.
„Hier müsste es gehen. Da hast du genug frischen Schnee, was meinst du?“
Martha bückte sich und fing an, eine Kugel für einen schönen, großen Schneemannkopf zu bauen.
Nach einer Weile strahlte Martha ihre neue Freundin begeistert an: „Fertig!“
Nun fügte Elsa die Kugeln zusammen, und wenig später betrachteten die beiden ihr Werk.
„So einen großen hab ich noch nie gebaut, nicht mal mit Papa“, freute sich die Kleine.
„Aber es fehlt noch etwas.“
Elsa nahm Martha auf den Arm, damit das Mädchen die Augen selbst anbringen konnte. Als Nase diente ein Tannenzapfen, den Elsa in ihrer Manteltasche gefundenhatte. Nun stand ein imposanter Schneemann mitten auf dem Feld, der dank Martha und der Art und Weise, wie sie die Augen platziert hatte, zudem auch noch richtig fröhlich aussah. Langsam begann es zu dämmern.
„Hier“, Elsa löste eine zierliche Silberkette mit einem grün emaillierten Anhänger in Form eines Kleeblatts von ihrem Hals und legte sie Martha in die Hand.
„Die hängen wir ihm um, damit er über Nacht nicht so allein ist.“
„Hat der Schneemann denn Angst im Dunkeln?“
Elsa brachte die Kette an und schmunzelte.
„Jetzt
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